Velbert. .
Der Name „Marlies“ ist in das Medaillon eingraviert, das Olivier Desbrières in seiner Hand hält. Immer hat er über alle die Jahre das Schmuckstück dabeigehabt, das ihm Marlies Papke, seine große Liebe, einst geschenkt hat. Und das, obwohl sich die beiden danach fast 40 Jahre lang nicht gesehen haben. Es gibt diese seltenen Geschichten über Freundschaft und Liebe – und über großes Glück. Eine dieser Geschichten ist die von Marlies und Olivier.
Wiedersehen in Paris
Das Wohnzimmer von Marlies Papke in Velbert-Mitte: Die 61-Jährige und der knapp ein Jahr ältere Franzose Desbrières sitzen auf dem Sofa, auf dem Tisch sind alte Schwarz-Weiß-Fotos ausgebreitet. Mit von der Partie sind der Brite Bob Bullock und seine Frau Françoise, verloren geglaubte Freunde aus alten Tagen. Im November 2011 haben sie sich alle wieder gefunden, jetzt schwelgen sie in Erinnerungen.
Rückblende: Es ist Juli 1968, als sich Marlies Papke – damals heißt sie noch Wiedemeyer – und Olivier Desbrières das erste Mal sehen. Sie ist 17 und mit einer Reisegruppe auf Studienfahrt in Velberts Partnerstadt Châtellerault im Westen Frankreichs. „Olivier ist mir direkt aufgefallen, als er an dem Café vorbeikam, in dem wir gerade saßen“, erzählt Papke. Auch er habe sofort ein Auge auf sie geworfen, erzählt Desbrières auf französisch – Marlies Papke dolmetscht.
Die beiden kamen ins Gespräch, sahen sich bald jeden Tag. Dann der Abschied, als es für sie nach Hause ging. Aber die beiden blieben in Kontakt, schrieben sich und trafen sich einmal im Jahr. „Auf Dauer war das nicht genug“, so Papke. 1972 beschloss sie, ihren Job bei der Bank aufzugeben und nach Paris zu ziehen, wo Olivier als Grafiker arbeitete und in einer WG mit seinem britischen Kumpel Bob Bullock lebte. Ein Jahr lang teilten sich die drei die Wohnung. „Meine Eltern hatten zwar Bedenken, wussten aber, dass Olivier vertrauenswürdig ist“, erinnert sich Papke. Schließlich verlobte sich das Paar. Sie wollte Kinder, aber in ihrer Heimatstadt. Also zogen sie nach Deutschland; Bob blieb in Paris, lernte Françoise kennen und heiratete. Olivier kam nicht zurecht im fremden Land, der Sprache wegen und weil er beruflich nicht Fuß fassen konnte. 1975 trennten sich die Lebenswege, „das war wahnsinnig traurig“, erzählt Papke.
Er ging nach Afrika, „aus Frust“, wie er sagt, führte ein Abenteurerleben. Auf dem Motorrad durchfuhr er den Senegal und die Elfenbeinküste, arbeitete für ein Journal. Sie machte Karriere in Deutschland, lernte einen Mann kennen, heiratete, bekam zwei Kinder. Doch so ganz sei ihr Olivier nie aus dem Kopf gegangen. Und Marlies ihm auch nicht, „aussi dans le cœur“ – auch im Herzen – habe er sie behalten, sagt er. Nachdem Papkes Ehe geschieden worden war, versuchte sie ihn ausfindig zu machen – zunächst erfolglos. Doch auch Olivier suchte und machte per Facebook Marlies’ Bruder ausfindig, nahm über ihn wieder Kontakt zu seiner Jugendliebe auf.
Dann, im November 2011, das große Wiedersehen in Paris. „Am Flughafen habe ich ihn schon durch die Milchglasscheibe erkannt“, erzählt sie, ihm sei es genauso gegangen. Zusammen fuhren sie dann an den Ort, an dem vor 44 Jahren alles begonnen hatte: Châtellerault. Hier trafen sie sich auch mit Bob und Françoise, die in diesen Tagen zu Besuch in Velbert sind.
Dass alle inzwischen ein paar Jahre älter geworden sind, mache sich kaum bemerkbar, sagt Bob: „It’s a time warp“ – eine Zeitreise. Und Marlies und Olivier? „Wir wollen unsere Geschichte weiterführen“, sagt sie, die ihm inzwischen eine silberne Kette für das Medaillon geschenkt hat, das er seit fast 40 Jahren bei sich trägt.