Velbert. Bis Dienstag plante die Europäische Kommission ein Arbeitsgesetz, das ehranamtliche Tätigkeiten in die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden mit eingerechnet hätte. Doch aus der Welt ist dieses Vorhaben nicht.

Satte 24 Stunden hat der Einsatz von Feuerwehr und Rotem Kreuz beim Großbrand des Recyclinghofs im Industriegebiet Röbbeck Ende März gedauert. Unvorstellbar, wenn es nach den Plänen der EU-Kommission für ein neues Arbeitszeitgesetz gegangen wäre, die am Dienstag auf Eis gelegt wurden, aber noch nicht aus der Welt sind: In einer neuen Richtlinie sollen ehrenamtliche Tätigkeiten in die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden mit eingerechnet werden. „Wenn das kommt, sind wir genauso gekniffen wie die Freiwillige Feuerwehr auch“, sagt Stefan Vieth, stellvertretender Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands.

Vieth fragt: „Wie soll das – gerade bei einem Wochenendeinsatz – aussehen?“ Die meisten Ehrenamtlichen beim Roten Kreuz hätten bereits in ihren regulären Jobs Wochenarbeitszeiten von 39 Stunden. „Wenn dann nur noch neun Stunden Ehrenamtseinsatz inklusive Ausbildung und Übungen erlaubt sind, ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht“, betont Vieth.


Gerade am Wochenende hätten die Ehrenamtlichen einen Großteil ihrer Stunden bereits gearbeitet. „Wenn dann vielleicht am Freitag noch ein Sanitätsdienst geleistet wurde, bleiben vielleicht noch zwei Stunden“, rechnet Vieth vor und fragt: „Sollen wir dann mitten im Einsatz abbrechen und nach Hause gehen? Oder im Extremfall einen Krankenwagen mitten auf der Kreuzung stehen lassen, weil gerade die Zeit um ist?“

Unter den kreisweit 1200 Ehrenamtlichen selbst, erzählt Stefan Vieth, herrsche Betroffenheit und Ratlosigkeit. „Wir sind hier relativ gut aufgestellt, was das Ehrenamt im Katastrophenschutz betrifft – aber das wäre in Gefahr, wenn die EU-Richtlinie kommt.“ Deshalb habe der DRK-Landesverband auch bereits einen Appell an die Landes- und Bundesregierung gerichtet. Dessen Tenor: „Tut uns das nicht an.“

Wie viele Stunden pro Woche die Ehrenamtlichen durchschnittlich im Einsatz sind, kann Stefan Vieth nicht genau sagen: „Die Stunden werden beim Kreisverband nicht durchgängig erfasst.“ Auf jeden Fall seien es aber mehr als die knapp 48 Stunden pro Kopf und Jahr, die sich rein rechnerisch aus den Zahlen des DRK-Bundesverbands ergeben: Der rechne vor, dass seine 170 000 Ehrenamtler jährlich acht Millionen Einsatzstunden ableisten. „Das wäre weniger als eine Stunde pro Woche, das ist völliger Unsinn. Wir haben jede Woche einen Dienstabend, für den schon ein bis zwei Stunden draufgehen. Dazu kommen jedes Jahr Fortbildungen, allein 30 Stunden im Rettungsdienst, und diverse Unterweisungen – und das ist alles nur Einsatzvorbereitung.“

Und vor allem ließen sich die Einsatzstunden beim Roten Kreuz nicht vorab planen, betont Stefan Vieth. „Wenn gerade am Wochenende das Wochensoll schon erreicht, kann man keinen Arbeitgeber mehr fragen, ob er seinen Mitarbeiter einen Tag freistellen kann, damit die vorgeschriebene Zeit nicht überschritten wird.“ Und Katastrophen könne man nun mal gar nicht planen: „Die können wir schließlich nicht mit dreimaliger Durchschrift beantragen.“