Velbert. . Zwei Betroffene sprechen über ihre neue Hoffnung auf ein Spenderorgan. Ein Gesetz soll dafür sorgen, dass jeder Bürger eine klare Aussage für den Todesfall trifft.

Er rettet Leben. Ein Ausweis, nicht viel größer als eine Scheckkarte. Ein Kreuzchen, Name und Unterschrift. Mehr ist nicht nötig. Und doch haben nur wenige einen Organspendeausweis. Ein Gesetz soll zukünftig dafür sorgen, dass jeder Bürger einen Ausweis von der Krankenkasse erhält und bei sich trägt, gleichgültig, ob im Todesfall gespendet werden soll oder nicht.

Silke Bergmann liegt in einem Bett. An einen künstlichen Gefäßzugang (Shunt) unter ihrer Haut ist ein Schlauchsystem an den Dialysator angeschlossen. Dort wird ihr Blut über Filtrationsprozesse gewaschen und in ihren Körper zurückgepumpt. Dreimal pro Woche muss die Betriebsassistentin bei einer Bank für fünf Stunden eine Dialyse über sich ergehen lassen. Die Nierenleistung beträgt nur noch zehn Prozent und kann die Giftstoffe nicht mehr filtern. „Nach zehn Jahren habe ich mich an den Ablauf gewöhnt, auch wenn mir das körperlich zu schaffen macht“, sagt die 42-Jährige. Trotz der langen Wartezeit auf eine Spender-Niere gibt sie die Hoffnung nicht auf, „schließlich kann jeden Tag der rettende Anruf kommen“, sagt sie.

Die Wahrscheinlichkeit könnte durch das neue Gesetz steigen. Dennoch glaubt sie nicht an einen großen Erfolg der Aktion. „Viele Leute denken an Werbung der Krankenkassen oder beschäftigen sich nicht mit dem Thema, weil sie schlicht nicht selbst betroffen sind“, meint Bergmann. „Alles in allem geht es mir aber noch gut. Ich kann wenigstens arbeiten gehen“, vergleicht sie sich mit anderen Betroffenen.

Auch Daniel Ellsiepen ist im Wartestand. Der 27-Jährige braucht dringend ein Herz und wird mit einem Unterstützungssystem am Leben gehalten. Zwei Taschen mit den wichtigen Maschinen trägt er immer bei sich. „Gemerkt habe ich, dass etwas nicht stimmen kann, als ich völlig erschöpft war und keine Luft mehr bekommen habe. Mein Arzt sagte, dass mein Herz kaputt sei. Ab dem Zeitpunkt musste alles ganz schnell gehen“, erinnert sich Daniel Ellsiepen. Das war vor drei Jahren. Jetzt hofft er auf ein Spenderorgan und vor allem, dass der Gesetzesentwurf, einen Spendeausweis bei sich tragen zu müssen, Früchte trägt.

Keine zweite Maschine

Denn: „Das Unterstützungssystem kann nur ein einziges Mal verwendet werden. Eine zweite Maschine verkraftet das Herz nicht“, erklärt Hans Schmolke. Der Verbandsleiter der Selbsthilfe Organtransplantierter NRW besitzt seit über zehn Jahren ein Spenderherz. „Kurz nach der OP habe ich für den Spender gebetet, tief Luft geholt und mein neues Herz begrüßt“, erinnert sich Hans Schmolke an den bewegenden Moment. Weiter sagt er: „Ich weiß, wie schlimm die Zeit des Wartens ist. Ich hoffe sehr, dass Silke und Daniel bald einen geeigneten Spender finden.“

Im Klinikum Niederberg werden keine Organe transplantiert. Dr. Peter Scharmann, leitender Oberarzt der Anästhesie und Intensivmediziner, ist der Transplantationsbeauftragte des Krankenhauses. Er ist zuständig, mögliche Spender zu erkennen. „Es ist schlimm, den Angehörigen den Tod mitzuteilen und gleichzeitig nach einer Organspende zu fragen“, weiß Dr. Peter Scharmann. „Anders kann den Betroffenen aber nicht geholfen werden“, erklärt er. Der Arzt begrüßt den Gesetzesentwurf der Regierung. „Bei dem Ausweis geht es nicht nur um einen selbst. Man sollte bedenken, dass es sonst die Angehörigen sind, die nach dem Tod über die Organe bestimmen müssen. Das ist eine Zumutung“, betont Scharmann. Der kleine Ausweis kann nicht nur Leben retten, sondern auch den eigenen Angehörigen Entscheidungsdruck abnehmen.