Langenhorst. . Die freie Tankstelle im Langenhorst bietet relativ günstige Preise, allerlei Lebensmittel und ein Idol.
Aus Richtung Innenstadt kommt ein blauer Suzuki, biegt ein, hält kurz an, fährt wieder weg. Aus der Gegenrichtung kommt ein beiger Astra Caravan, biegt ein, hält kurz an, fährt wieder weg. Das Spielchen wiederholt sich in den Vormittagsstunden an der Tankstelle in der Senke der Langenhorster Straße beliebig. „Ich habe aufgehört, zu zählen“, sagt Beate Marpe, als das sechste Auto binnen einer halben Stunde ohne zu tanken vom Hof fährt.
Beim Tankshop von Karl-Heinz Schuckel ist vorübergehend der Super-Kraftstoff ausverkauft, so dass viele kleine, beinahe leere Tanks auf einen großen, leeren Tank treffen. Die Folge: Der Kunde fährt wieder, ohne das Verkaufshäuschen betreten zu haben – was in Zeiten fast täglich neuer Spitzenpreise an den Zapfsäulen doppelt unglücklich ist.
Denn erstens: Die freie Tankstelle ist meistens ein paar Cent günstiger, lockte am Samstag beispielsweise mit Super zu 1,58 Euro. Und zweitens: Nach dem Tankvorgang gibt es noch etwas geschenkt – einen Apfel oder etwas Süßes, je nach Geschmack.
Der Besuch lohnt sich
Wer die Tankstelle nur im Vorbeifahren wahrnimmt, behält neben dem Spritpreis ein Bild vor Augen, das den Charme des ewig gestrigen zeigt. Hingen nicht moderne Kameras unter dem Dach, man könnte meinen, an der letzten Kreuzung ins falsche Jahrzehnt abgebogen zu sein.
Doch der Besuch lohnt sich, nicht bloß wegen der Preise, die Chef Karl-Heinz trotz seiner 77 Jahre noch immer selbst per Hand aktualisiert: mit wackliger Holzleiter und Schraubtafeln.
Bei Schuckels Lebensgefährtin Marika Marpe und deren Tochter Beate bekommt der Kunde zwar nur zwei Sorten Sprit – dafür aber vieles mehr. Süßes, Zwieback, Schnaps, Primeln, Kartoffeln und jede Menge leckere Dinge: In der Küche werden täglich frische Gerichte zubereitet, Wirsingauflauf, Chili con carne oder Kartoffelsalat beispielsweise. Das schätzt der Langenhorster, der hier fußläufig auch Zeitungen und Brötchen bekommt.
Etwa vier Cent Marge beim Kraftstoff
Die Marge beim Kraftstoffverkauf betrage etwa vier Cent, sagt Schuckel. „Das heißt, ich verkaufe 4000 Liter und habe davon 160 Euro“, was nicht reiche, um ein Geschäft zu machen. Schuckel, der das Grundstück vor etwa zwölf Jahren gekauft hat, sagt heute: „Das war leichtsinnig, ich muss Kapital zuschießen.“ Doch Besitz und Vermögen verpflichte eben auch, weshalb der lebensfrohe, laute Schuckel täglich außer sonntags um fünf Uhr aufsteht, um seinen 15-Stunden-Tag anzutreten. „Mit Freude, aber auch mit Bereitwilligkeit!“
Mittlerweile ist der Tanklaster gekommen, hat den Tank aufgefüllt. Der Preis ist vorerst bei im Vergleich zur Konkurrenz günstigen 1,63 Euro geblieben. Karl-Heinz Schuckel möchte ja auch nicht jeden Tag auf die Leiter steigen, nur weil woanders die Digitalanzeige per Knopfdruck einen Preissprung gemacht hat.
Die ersten Kunden haben getankt. Und einen Apfel mit auf den Weg bekommen. „Das ist doch menschlich, das ist nett“, so der Chef.