Velbert. . WAZ-Mitarbeiter begleitet Polizei bei der Alkoholkontrolle in Velbert.

An der Kopernikusstraße stehen Hauptkommissar Stefan Wienecke, die beiden Kommissare Matthäus Mazur und Mario Radeck und ich in der windigen Kälte und beobachten den Verkehr.

Die Zahl der Verkehrstoten sei bundesweit gestiegen und NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland trage seinen Teil dazu bei, sagt Wienecke. Also stechen die Drei heute im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung den Velberter Verkehr an, um ihn auf alkoholisierte Fahrer zu testen. Das machen sie je nach Personalsituation drei- bis viermal die Woche, sagt Radeck. Sie haben das „Venenstauband“ an einer Stelle angelegt, „wo wir den Verkehr nicht großartig behindern, wo man uns aber auch nicht sofort sieht und noch wenden oder abbiegen könnte“, erklärt Mazur: An der Kopernikusstraße kurz nach der Feuerwehrausfahrt haben sie eine der zwei Spuren auf zwanzig Metern Länge mit Pylonen abgesperrt. „Eine vorbildliche Kontrollstelle“, lobt Dienstgruppenleiter Wienecke.

Mit der Kelle winken

Mazur hat eben mit der Kelle die ersten Drei raus gewunken. Er grüßt den Fahrer, stellt sich vor. Motor aus, Innenbeleuchtung an, Führerschein, Fahrzeugschein. „Haben Sie im Laufe des Tages Alkohol getrunken oder irgendwelche Drogen genommen? Nein? Sind Sie mit einem Alkoholtest einverstanden?“ Wienecke sagt, 99 % der Fahrer erklärten sich einverstanden.

Wienecke leuchtet derweil in Innenraum und Handschuhfach. „Alles OK. Was wir tun und wie wir uns stellen, ist in der Regel nicht zufällig“, erklärt er, „Ich stehe auf der anderen Seite des Fahrzeugs, um den Kollegen abzusichern. Ich kann ihnen aber aus meiner 21-jährigen Berufserfahrung sagen, dass aus diesen drei Autos“, er leuchtet sie ab, „keine Gefahr für uns ausgehen wird.“

Unbescholtene Velberter sitzen und warten, bis ihr Fahrer vom Pusten wiederkommt.

Führerschein und Fahrzeugschein

Die Stimmung ist trotz kleiner Bekundungen der Staatsmacht (den Alkoholtester gibt ein Polizist nicht aus der Hand) allgemein entspannt. Die jungen Beamten grüßen freundlich und stellen sich mit Namen vor, sie sind geistesgegenwärtig und haben neben ihrer Pflichterfüllung noch Zeit für einen lockeren Spruch. Alkoholkontrollen-Idyll. Angenehm, einmal auf dieser Seite der Kontrolle zu stehen. Meine seltenen Begegnungen mit der großstädtischen Polizei verlaufen stets weniger freundlich.

„Wenn einer nicht lieb ist, sind wir auch nicht lieb“, stellt Wienecke klar. Sicher ist es ihm lieber, freundlich bleiben zu können. Dass Polizisten als schlechtes Omen gelten, dafür kann er nichts. „Wir kommen ja oft als Aufräumer, wenn es Probleme gibt.“ Verursacht habe er das aber nicht, dass sich etwa in Ratingen-West seit den 70ern Parallelgesellschaften entwickelt hätten, wo keine Integration stattgefunden habe, und die nun Probleme machten. Man brauche sich da nichts vorzumachen: „Natürlich haben wir Schubladen im Kopf, die nehme ich aber nicht mit nach Hause. Aus Eigenschutz werde ich an einen Fahrer einer Bevölkerungsgruppe, die häufiger straffällig wird, mit gelöster Schnalle am Halfter herangehen. Aber er wird trotzdem genauso freundlich behandelt.“

Haben Sie getrunken?

Sonntagabende seien allgemein ruhig, sagt Wienecke, „die einzige Chance, an solchen Tagen jemanden zu erwischen, sind Heimfahrer von Weihnachtsfeiern, auf denen getrunken wird.“ Mario Radeck ergänzt: „Wenn wir eine gezielte Alkoholkontrolle machen, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass ein Alkoholisierter dabei ist.“

Nach einer halben Stunde ist es soweit: Der erste Atemalkohol wird gemessen, 0,4 Promille. Ab 0,5 darf niemand mehr fahren. Wer mit 0,3 Promille fährt und auffällig wird, muss auch mit Konsequenzen rechnen. „Ihm wird jetzt gesagt, dass er eigentlich nicht mehr fahren sollte, weil der Wert theoretisch noch steigen könnte“, sagt Wienecke. Sein Kollege Mazur sagt: „Die Beifahrerin hatte auch getrunken, das riecht man sofort.“ Schwierig sei das nicht zu erkennen: Man schaue auf Reaktionsvermögen und Sicherheit in Aussprache und Fahrverhalten. Man werde ja heutzutage nur angelogen, erzählt der Hauptkommissar weiter, „Die Standardantwort ist: nur ein Bier.“ Radeck frage manchmal, wie groß denn das Bier gewesen sei.

Das Windrauschen übertönt die Aufzeichnung meines Diktiergeräts. Nach einer Stunde windiger Kälte bin ich restlos durchgefroren. Auch Wienecke hält die Stichprobe für ausreichend. Wir fahren auf die Wache, wo mir Wienecke Blutprobenraum und Ausnüchterungszellen zeigt. Auf diesen abwaschbaren Matratzen hinter Stahltüren wird man bestimmt nüchtern.

Standardantwort: Nur ein Bier

Bilanz der Kontrolle: Einen mit 0,4 und Mahnung zur Vorsicht laufen gelassen. Ein Gurtverstoß. Einen nicht weiter fahren lassen, weil er laut Führerschein nicht ohne Brille fahren darf. Einmal Führerschein nicht dabei gehabt: „Nächstes Mal kostet’s zehn Euro.“ Dafür gebe es doch das Opportunitätsprinzip, sagt Wienecke: „Wir müssen nicht jede kleine Ordnungswidrigkeit bestrafen, wenn jemand freundlich und vernünftig ist.“

Bei „Trunkenheit am Steuer“ hingegen habe er kein Mitleid. „Lieber 1000 Euro fürs Taxi als einmal besoffen Auto fahren“, sage man unter Polizisten. „Ich habe mal gesehen, wie ein alkoholisierter Fahrer ein Kind anfuhr. Das Kind flog durch die Luft. Dafür habe ich kein Verständnis übrig. Ich würde meinem eigenen Vater Blut abnehmen, wenn es sein müsste.“