Velbert. . Damit sich Asylanten in der Talstraße sowohl untereinander als auch mit den Ämtern verständigen können, haben sie die Chance beim „Projekt Asyl, Sprache als Weg aus der Isolation“ von Shahin Wagner teilzunehmen.

Shahin Wagner erinnert sich noch gut an ihre erste Begegnung mit einer Asylsuchenden. „Vor zwei Jahren informierte mich eine Mitarbeiterin der Caritas Hilden darüber, dass eine Asylsuchende nach Velbert kommt“, erzählt sie, „die Frau kam hier an, war sichtbar geschockt von den Verhältnissen im Heim und konnte sich, weil sie die deutsche Sprache nicht beherrschte, nicht mit den Mitbewohnern verständigen.“ Auch die Kommunikation mit Shahin Wagner gelang nur, weil die gebürtige Iranerin ein bisschen die afghanische Sprache beherrscht.

Damals erkannte die stellvertretende Geschäftsführerin des Elternverbandes für Chancengleichheit, wie wichtig das Sprechen einer gemeinsamen Sprache ist, wenn viele verschiedenen Nationalitäten aufeinandertreffen. Das ist auch der Grund, warum sie seit zwei Wochen einen Deutschkurs für die Bewohner des Asylbewerberheims an der Talstraße anbietet. Um die Menschen zu erreichen, ist sie mit Flyern von Tür zu Tür gegangen und hat für ihr „Projekt Asyl, Sprache als Weg aus der Isolation“ geworben.

Gemeinsame Sprache ist wichtig

Vierzehn Menschen aus Afghanistan, dem Irak, Somalia und Äthiopien besuchen so auch diese Woche den Deutschkurs im Jugendzentrum an der Höferstraße. Auf dem Stundenplan stehen heute die Wochentage, adverbiale Bestimmungen der Zeit und das Datum. „Wie ist das Wetter heute?“, fragt ihre Lehrerin Dörte Frisch, die normalerweise als Juristin ihre Brötchen verdient. „Das Wetter ist schön“, kommt strahlend die Antwort einer Frau aus Ghana. Auch viel Humor gehört zum Ton der bunt durcheinandergewürfelten Gruppe, so antwortet eine Afghanin lachend auf die Frage: „Wie wird das Wetter morgen?“ „Das kann ich doch noch nicht wissen.“ Wenn man ihre Lehrerin fragt, warum sie ihre kostbare Freizeit ehrenamtlich für den Unterricht nutzt, kommt die schlichte Antwort: „Weil ich es für sinnvoll halte.“

Eine Einschätzung, die auch Shahin Wagner teilt: „Oft teilen sich im Asylbewerberheim verschiedene Nationalitäten eine Wohneinheit, die brauchen Deutsch, damit sie sich überhaupt austauschen können“, weiß sie. Noch wichtiger wird die Sprache, wenn es um alltägliche Dinge wie Arztbesuche oder das Einkaufen geht. „Viele verlassen aus Angst, sich nicht ausdrücken zu können, grundsätzlich nicht die Isolation ihres Heims.“

Ehrenamtliche Lehrer

Das hat zum Beispiel Benedikta, die 27 Jahre alt ist, lange getan. Seit fünf Jahren ist die Ghanaerin in Deutschland. „Ich möchte mit den Menschen in den Ämtern sprechen können“, ist ihr Wunsch. „Wenn dein Sohn 18 Monate alt ist, kann er in meine Kurse mitkommen“, bietet ihr Shahin Wagner an, der die Ausdrucksfähigkeit von jüngeren Kindern schon seit langem am Herzen liegt. Nachdem sie vor zehn Jahren mit Zahlen konfrontiert wurde, nach denen nur drei Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund ein Gymnasium besuchen und dieser Zahl damals 76 Prozent Hauptschüler und 48 Prozent Sonderschüler sowie 13 Prozent Realschüler gegenüberstanden, war für die gebürtige Iranerin klar, dass sie was tun musste. „Ich gründete mit meinem Mann den bisher einzigen Verein in Deutschland, der Kindern mit Migrationshintergrund vor dem Kindergarten Deutsch beibringt.“ Dreizehn Mitarbeiter, bestehend aus Sozialpädagoginnen, Germanistinnen und Sozialpädagoginnen, geben mittlerweile in acht Städten Deutschunterricht nach einem von ihr ausgearbeitetem Konzept und tragen so dazu bei, dass der Nachwuchs sich auch im Kindergarten mit seinen neuen Freunden unterhalten kann. Auch diesen Menschen ebnet sie somit den Weg vom Rande in die Mitte unserer Gesellschaft (Kontakt: 02053/4 85 41).