Essen. Am Montag wird sich die 5. Strafkammer am Landgericht Wuppertal entscheiden müssen, ob sie den Oberhausener Christian K. (29) als Brandstifter der Langenberger Deilbachmühle sieht. Einen Kompromiss gibt es nicht: Sechs Jahre Haft forderte am Freitag Staatsanwalt Wolfgang Neubauer, Freispruch dagegen die Verteidigung des Immobilienmaklers und Hoteliers.
„Ich habe nichts damit zu tun“, beteuerte der 29-Jährige in seinem letzten Wort. „Es kann sich keiner hier vorstellen, wie es ist, unschuldig im Gefängnis zu sitzen“, erinnerte er an die neun Monate Untersuchungshaft, die er bis zum April verbüßt hatte.
Nicht alle im Saal teilen die Sicht des Angeklagten. Staatsanwalt Neubauer wehrt sich gegen Vorwürfe der Verteidigung, die Polizei habe einseitig ermittelt und er selbst „einen Unschuldigen angeklagt“. Neubauer: „Ich bin heute der Überzeugung, hier sitzt der Richtige. Das Problem ist, dem Richtigen die Tat nachzuweisen.“ Er betonte, dass es sich um einen reinen Indizienprozess handele, der „sehr kompliziert“ sei. Kein Indiz belaste den Angeklagte unwiderlegbar, in der Gesamtschau aller Indizien verschwinde aber jeder Zweifel an dessen Schuld.
In fünf Komplexe unterteilte er seine Beweiswürdigung. Das Feuer, das das traditionsreiche Ausflugslokal im Juli 2009 zerstört hatte, sei eindeutig vorsätzlich gelegt worden, sagte er. Das „zweifelsfrei belegte“ Tatmotiv sieht Neubauer in der finanziellen Situation von Christian K., der das Haus 2007 in der Zwangsversteigerung gekauft hatte und bei Banken und Privatpersonen Kredite bedienen musste: „Ihm stand das Wasser finanziell bis zum Hals.“ K. zündete das Gebäude nach Ansicht Neubauers an, um die Versicherungssumme in Höhe von 1,5 Millionen Euro zu kassieren.
Als dritten Punkt sprach der Staatsanwalt die Belastungszeugen an. Sie hatten erzählt, K. habe ihnen die Tat angekündigt beziehungsweise gestanden. Einer will ihn auch zur Tatzeit zur Deilbachmühle gefahren haben. Ihnen bescheinigte der Ankläger Glaubwürdigkeit. Das Alibi von K., der die Nacht in der Essener Diskothek „essence“ verbracht haben will, überzeugte Neubauer nicht. Er sah, fünftens, auch keinen Alternativtäter. Der Vorbesitzer des Hauses, der mit K. zerstritten war, hätte ein eindeutiges Alibi. Neubauers Schluss: Nur der Angeklagte „hatte die Gelegenheit, die Tat zu begehen.“ Wegen besonders schwerer Brandstiftung und versuchten Versicherungsbetruges müsse Christian K. sechs Jahre in Haft.
Es gehört zu den Besonderheiten dieses Verfahrens, dass Richter Robert Bertling den Ankläger anschließend lobt: „Ein sehr gutes, überzeugendes Plädoyer. Gleichgültig, was nachher rauskommt.“ Als ob die Verteidiger schon wüssten, dass ihr Mandant freigesprochen wird, schmunzelten sie nur. Verteidigerin Andrea Groß-Bölting forderte Freispruch: „Eine Indizienkette gibt es nicht.“ Die Angaben ihres Mandanten seien in keinem Punkt widerlegt worden. Sein Alibi halte der Überprüfung stand, die Belastungszeugen seien nicht glaubwürdig. Von „Mutmaßungen und Hypothesen“ sprach sie. Als möglichen Täter nannte sie den Vorbesitzer der Mühle, der nach ihrer Darstellung „ein starkes Motiv hatte“. Sie kritisierte einseitige Ermittlungen der Polizei und lobte das Gericht: „Wir hatten das Gefühl, echtes rechtliches Gehör gefunden zu haben.“