Velbert. .
Laut einer aktuellen UN-Studie landen ein Drittel aller weltweit produzierten 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Müll. Gleichzeitig hungern etwa eine Milliarde Menschen. Zahlen, die Menschen, die beide Seiten der Medaille kennen, oft nachdenklich stimmen.
So wie Renate Zanjani, Fachbereichsleiterin im Diakoniewerk, die gleichzeitig für die Gesamtkoordination der Velberter Tafel für Niederberg zuständig ist. „Manchmal denk’ ich, das ist schon merkwürdig, was wir hier tun“, sagt sie, „auf der einen Seite erstaunt uns die Menge an Lebensmitteln, die irgendwo rausgeflogen sind, auf der anderen Seite freuen wir uns natürlich, dass wir das abholen dürfen.“
„Wir kriegen Produkte von allen großen Discountern“
Im letzten Jahr hat die Tafel an ihren Standorten Velbert-Mitte, Birth, Neviges und Langenberg 27 237 Tüten an den Ausgabestellen verteilt. Insgesamt wurden so 288 Tonnen Lebensmittel unter die Leute gebracht, die andere zuvor weggegeben haben. „Wir kriegen Produkte von allen größeren Discountern wie Rewe, Netto, Lidl oder Aldi Süd“, sagt Zanjani und gibt zu: „Am Anfang habe ich mir schon Gedanken darüber gemacht und mich gefragt, warum manche dieser Sachen in der Tonne landen.“ Mittlerweile ist sie seit zehn Jahren dabei und weiß, dass die Lebensmittelanbieter an ein strenges Retoure-System gebunden sind. „Wenn ein Fahrer zum Beispiel 30 Zehner-Packungen Eier ausliefert und darunter auch nur ein Ei kaputt ist, geht die gesamte Ladung zurück“, hat sie gelernt.
Auch strenge Auflagen sorgen für Lebensmittel-Müll
Auch in Institutionen wie beispielsweise Krankenhäusern sind strenge Auflagen daran schuld, dass so viel Essen weggegeben wird. So werden laut Pressesprecherin Ulrike Müller beispielsweise in der Kantine des Klinikum Niederbergs täglich 560 kg Lebensmittel verarbeitet. „Etwa 110 kg davon sind Rückläufer.“ So lautet ihre freundliche Umschreibung dafür, dass diese Produkte schlichtweg im Müll landen. Allerdings gibt es dafür, dass selbst auch noch ungeöffnete Produkte wie Butter oder Joghurt weggeworfen werden müssen, eine plausible Begründung. „Wir müssen dieses Essen laut Lebensmittelhygieneverordnung vernichten, schließlich können wir ja bei den Mahlzeiten, die von Patienten zurückgegeben werden nicht wissen, ob darunter nicht Kranke sind, die infektiöse Krankheiten übertragen könnten.“
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In den meisten Fällen einwandfrei ist dagegen die Ware, die Renate Zanjani gespendet bekommt. „Die Discounter haben ja das Problem, dass sie permanente Frische mit einer maximalen Haltbarkeit liefern müssen. Ein System, was die meisten Verbraucher mittlerweile verinnerlicht haben.“ So sei es gängige Praxis, dass Lebensmittel aus den Regalen genommen würden, selbst wenn sie noch zwei Tage bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums hätten. „Wenn man sich in den Supermärkten mal umsieht, bemerkt man, dass die meisten Verbraucher extra nach Produkten fahnden, die noch eine möglichst lange Haltbarkeit aufweisen.“ Des einen Leid, ist des anderen Freud. So fahren insgesamt drei Tafel-Transporter täglich bis zu zwanzig Sponsoren an, um überzählige gespendete Lebensmittel einzusammeln und sie an den Standorten der Velberter Tafel zu verteilen. Mit einer so genannten Tafel-Card können Bedürftige dort zweimal in der Woche ihre Tüte füllen und habe darüber hinaus die Möglichkeit täglich für einen Centbetrag einen warmen Mittagstisch zu erwerben. „Hier erhalten sie Dinge wie zum Beispiel Milchprodukte, oder Fleisch,die sie sich normalerweise nicht leisten können.“