Velbert. . Die wertvolle Theaterarbeit an der Grundschule Birth scheint nach der Insolvenz einer Stiftung gefährdet.

Dienstag – 25. Januar 2011 – 11:38:58 Uhr – das Posteingangsfach hat sich bei vielen Lehrern und Künstlern um mindestens eine E-Mail gefüllt. Auch Sabine Klose, Schulleiterin der Gemeinschaftsgrundschule Birth, und Theaterpädagogin Andrea Nolte erhalten elektronische Post. Der Inhalt: Die Muse-Projekte der Yehudi-Menuhin-Stiftung müssen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden. Die Stiftung hat einen Tag zuvor Insolvenz abgemeldet.

„Schrecklich, ganz schrecklich“, findet Andrea Nolte die Nachricht. „Es hat mich wie ein Blitz getroffen.“ Seit drei Jahren kommt sie wöchentlich in die Grundschule, um mit den Kindern auf besondere Art und Weise zu arbeiten. Es ist nämlich nicht die klassische Form des Lernens in der Schule. „Muse ist eine andere Form von Schule – nicht kopflastig“, erklärt Sabine Klose.

Zu Beginn des Muse-Unterrichts soll bewusst das Chaos herrschen: Völlig durcheinander, selten aufmerksam, gerne giggelnd nehmen die Viertklässler ihren Arbeitsauftrag entgegen. Am Ende der Doppelstunde wird dann eine Aufführung stattfinden – imposant, total konzentriert und mit Inbrunst stellen sie ihre erarbeiten Szenen vor. Alles weitere wird mit viel Freiraum und Platz selbst kreiert. „Chaos am Anfang ist wichtig“, erklärt Nolte. Fließend verläuft dann der Übergang in den kreativen Prozess.

Und nun endet diese Förderung. Die Folge: Bereits engagierte Künstler springen ab, weil sie nicht bezahlt werden. Sabine Klose ist verzweifelt, auch Andrea Nolte sieht ihren Einsatz vor dem Aus.

Die Grundschule Birth versucht nun, die entstandene Lücke zu schließen. Sabine Klose macht sich Sorgen um die Kinder und Künstler. Möchte, dass weiter geht. Deshalb sucht sie händeringend Förderer für die verbliebene Klasse. Eine zweite und dritte Klasse muss bereits auf den besonderen Unterricht verzichten. Nolte nimmt mit den verblieben Klasse vier an Wettbewerben teil. Ein Sieg davon würde 600 Euro in die Kasse spülen. Geld, das dringend benötigt wird.

„Ein Kind kramt 50 Cent aus seiner Hosentasche und will mir sein Taschengeld geben, damit ich weiter mache“, berichtet Nolte. Die 44-Jährige hat geweint und mit ihr die Kinder, als sie von dem Aus berichtet. Als sie über den Schulhof läuft, strahlt sie ein Zweitklässler an und fragt „Machen wir jetzt wieder Theater?“ Sie muss es schweren Herzens verneinen. Im Gebäude kommt ihr ein Mädchen entgegen, deren Muse-Unterricht ebenfalls gestrichen werden musste. Sie will ihre Andrea in den Arm nehmen. Die Theaterpädagogin stellt ihre Taschen ab und nimmt das Kind in den Arm. Keine Worte sind notwendig. Sicherheit wird vermittelt.

Andrea Nolte macht weiter – zurzeit unentgeltlich. Einzig die Fahrtkosten sollen ihr demnächst erstattet werden. „Ich habe Vertrauen in die Schule.“