Langenberg. .

In der Langenberger Altstadt sitzt bei frostigen Temperaturen ein Mann gemütlich im Café Plus und signiert einen Stapel Bücher.

Jeder vorbeigehende Spaziergänger hat klare Sicht auf Norbert Bauer: den Künstler und Kurator und nicht zuletzt Initiator des „Folkwang-Atoll-Projekts“, eines der Leitprojekte der Aktionen zur „Kulturhauptstadt 2010“.

25 Modelle wurden ihm von zahlreichen auch internationalen Künstlern eingereicht, jedoch nur vier von diesen konnten letztendlich realisiert werden, die Kosten spielten eine enorme Rolle und natürlich die angedachte Größe des Projekts. Im Katalog sind alle Entwürfe abgebildet – „weil ich es als Gesamtprojekt und alle Modelle als gleichberechtigt ansehe.“ Dieses gigantische Projekt endete am 10. Oktober. Der Gesamtkatalog „Ruhr-Atoll“ wird voraussichtlich ab nächster Woche im Buchhandel erhältlich sein.

Schon das Titelfoto des Fotografen Frank Vinken lädt dazu ein, weiterzublättern und die Aktion „Ruhr-Atoll“ nun auch in zahlreichen Panoramabildern zu visualisieren. Auf 158 Seiten wird das Projekt in seine Einzelbestandteile zerlegt – von der Idee bis hin zur Umsetzung. Was sagen die beteiligten Künstler? Wer ist Norbert Bauer? Wie entstanden aus kleinen Modellen, scheinbar echte Inseln? Über all die Hintergründe und die Anstrengungen zur Realisierung einer solch mehrdimensionalen Kunst informiert der Katalog. Attraktiv wird es auch durch die Anreicherung mit Konstruktionszeichnungen von Klaus Eimer, man geht dem Projekt gewissermaßen unter die Haut. 3000 Exemplare liegen vor. In Langenberg kommt die Signierstunde am Samstag richtig gut an.

Viele Menschen hätten eine Hemmschwelle, ins Museum zu gehen, „ich stelle die Kunst ins unmittelbare Umfeld des Betrachters“, sagt Bauer. So erzählt er von einem besonderen Ereignis während einer Führung über die Inseln, als ein blindes Mädchen auf der Kabakov-Insel zu ihm sagte: „Herr Künstler, ich kann Ihre Insel mit den Füßen und der Nase sehen.“ Dieser Eindruck entstand durch das Vibrieren des Dieselmotors und den Geruch auf der Kabakov-Insel. Bauer selbst bezeichnet die Kabakov-Insel als eine Nonsens-Insel, weil alle dort installierten Maschinen unproduktive Arbeit leisteten. „Es ist meine Lieblingsinsel“, sagt Bauer, hervorgegangen ist sie allerdings aus der Phantasie von Ilya und Emilia Kabakov. Die Materialien hat Norbert Bauer eigenhändig auf Schrottplätzen beschafft. „Die Hütte für das Laboratorium musste ich sogar einem alten Mann abschwatzen“, sagt er.

„Die Kabakov-Insel hat mir auf jeden Fall die Energie gegeben, das siebenjährige Projekt nicht aufzugeben.“ Denn für gewöhnlich arbeitet er lieber im Drei-Jahreszyklus – „die sieben Jahre waren für mich schwer durchzuhalten.“ Seine Kunst soll man begreifen und über das Anfassen verstehen. Deshalb findet man seine Kunstwerke stets im öffentlichen Raum.

Inseln werden verkauft

Die Inseln sollen nun zum Verkauf angeboten werden; er ist mit mehreren Museen im Gespräch. „Damit wir sie im Sinne der Nachhaltigkeit erhalten können“, meint er. Bei dem Projekt „Tuchfühlung 1“ ging es ihm darum, Menschen mit seiner Kunst zu berühren und ihnen den Zugang zur Kunst zu erleichtern. Dass in jedem ein künstlerisches Potenzial schlummert, bestätigt nach Ansicht von Norbert Bauer der Langenberger Bademeister Bernd Gutschmid. Der hatte beim Projekt Tuchfühlung 1, bei der es um die Textilgeschichte Langenbergs ging, eine Spinne gefangen. Deren Spinngewebe assoziiere die Nähe zur Tuchfühlung, meinte Bauer. Deshalb fing er das Tier ein und ließ es im Zentrum Langenbergs ein weiteres Netz schaffen. Der Titel lautete: „Spinne auf Tuchfühlung“. In Gedanken ist Bauer schon beim nächsten Projekt: In Görlitz soll er vier Brücken als historische Reflexion anfertigen.