„Viva Voce“ schmeißt sich auf die eingenebelte Bühne und sofort ist im Forum Niederberg Party. Grün-gelb angeleuchtet, vor Energie strotzend, tanzen sie um fünf Sitzmöbel herum, fordern zum Klatschen auf und zwingen die Hände zum Himmel.

Ach ja, singen tun sie auch, von ihrer Autofahrt zum Konzert: „Das Leben ist bunt und der Weg ist das Ziel“, feiern sie sich und das Publikum feiert mit.

Die instrumentale Begleitung tragen die fünf Mittelfranken in ihrer Brust: A-cappella-Pop machen sie wie Basta, die Prinzen und die Wise Guys. Gesang und zwei Mittelstimmen (David, Basti und Mateusz), Bass Heiko und Beatbox Jörg – der Mann, der irgendwann einmal ein komplettes Schlagzeug verschluckt hat. Sie alle sind durch eine harte Schule gegangen im Windsbacher Knabenchor, der von der Presse bejubelt wird für sein „maximales, ja ultimatives Niveau“. Dem Knabenalter entwachsen touren sie als Band durch Deutschland.

Robbie Williams – „Let me entertain you“ und dergleichen, Pop singen sie, mit einer solch stimmlichen Wucht, da fragt man sich: Wofür brauchten die Produzenten der Originale eigentlich die Orchesteruntermalung?

Vorband war der Jugendchor St. Marien, mit geistlichen Liedern, darunter ein irisches und ein französisches mit spannenden Dissonanzen in schicksalhaftem Moll. Aber alles vergleichsweise brav. „Viva Voce“ vermischt Songs miteinander, mash-up heißt das. Einmal wird es auch zum Gegeneinander: Die Band ist sich uneinig, welchen Madonna-Song sie singen. Vier palavern noch, einer fängt an zu singen, „Like a Virgin“. Ein anderer singt dagegen, „Like a Prayer“. Die übrigen drei rennen hierhin und dorthin und unterfüttern bald das eine, bald das andere Lied.

Für Modern Talking mischte „Viva voce“ spontan fünf Musikstile durcheinander. „Your’re my ’eart, eh! You’re my Soul“, Reggae-Gequäke, Hardrock-Gegröle, Scratchen, Techno-Uffta-Uffta, dann wird das Lied zu „Oh happy Day”. So etwas funktioniert natürlich nur, weil so viele Songs dieselben Akkordfolgen benutzen. Kritik beabsichtigt. Dazwischen platzieren die Fünf Eigenes: „Tag Herr Chef. Ich bin Ihrem Laden schon länger behilflich, aber ich will Ihnen was sagen: Ich mag sie nich.“ Oder Heiko springt, sich verrenkend, über die Bühne und singt auf Sächsisch „Wer hat dem Affen den Popo rasiert?“.

Die Leute gehen mit. Bei „Volare, o-o-o-oh!“ tanzen die ersten Reihen mit. Für die Zugabe „Blame it on the Boogie“ noch mehr, die Choreografie reicht weit hinein in Reihe sechs und bis ins Weißhaarigen-Alter. Für das alles setzte es stehende Ovationen bis in die letzte Reihe. Nach zwei Zugaben verschwinden sie. Das Publikum klatscht sie noch mal raus. Diesmal kommt der Chor mit. Gemeinsam singen sie ein neugeistiges Lied. Bemerkenswert, was die Ex-Chorknaben aus den Jugendlichen herausholen.

Martin Gehr (31) ist den Lobeshymnen hierher gefolgt und findet sie bestätigt: „Sie haben klasse Stimmen und sie sind präsent, gehen sehr aufs Publikum ein.“ Mutig findet er, dass der hiesige Kulturbetrieb „diesen noch relativ unbekannten Künstlern eine Plattform bietet. Schade nur, dass der Saal nur halbvoll ist.“ Rund dreihundert Leute haben an diesem Abend Nein zu „Wetten, dass...“ gesagt.