Velbert. Kaum war Velberts Hertie-Filiale dicht, ist sie schon wieder neu eröffnet: Ehemalige Mitarbeiter schmeißen den Laden auf 1 000 Quadratmetern jetzt selbst — mit eigenem Konzept: Günstig sein, aber kein Ramsch-Laden.
Hertie ist weg. Hertie ist wieder da. Paradoxerweise bergen beide Aussagen einen Kern Wahrheit in sich: Die große Warenhauskette hat Velbert zwar den Rücken gekehrt. Doch da, wo früher Schuhe, Parfum und Schreibwaren lockten, ist wieder Leben eingekehrt. Ausgerechnet ehemalige Hertie-Mitarbeiter stellen im Erdgeschoss etwas Neues auf die Beine.
Etwas kahl und provisorisch sieht es noch aus. Die Gänge sind breiter als das Warenangebot, ein roter Vorhang trennt das Büro der Geschäftsführerin von der Verkaufsfläche, hinter ihrem Schreibtisch stapeln sich Warenkartons. „Es kommt ja noch viel mehr“, kündigt Stephanie Gremm an. Vor 15 Jahren arbeitete sie als Abteilungsleiterin bei Karstadt schonmal in Velbert; jetzt ist sie als Geschäftsführerin zurückgekommen.
Ob Osterdekoration, Bücher oder Handtaschen: Was schon da ist, haben die Mitarbeiter liebevoll drapiert, von Wühltischatmosphäre keine Spur. „Wir legen schon Wert darauf, dass das kein Ein-Euro-Shoppen wird, keine Resteverwertung“, betont Sven Moosdorf, Leiter Ein- und Verkauf bei X-Friends. Günstig soll es sein, aber auch gut. „X-Friends hat sich zum Ziel gesetzt, reduzierte Markenware günstig anzubieten“, beschreibt Gremm das Konzept. Derzeit liegt ein Angebot von WMF zur Prüfung auf ihrem Schreibtisch; Jeans von Rosner können die Kundinnen schon anprobieren.
Doch die X-Friends setzen nicht nur auf große Namen, sondern auch auf Kleinigkeiten. So soll es auch Kurzwaren wie Knöpfe, Garne und Wolle geben für die vorwiegend ältere Kundschaft geben. „Die führt kaum noch jemand. Wir versuchen, das mit abzudecken, damit die Leute das hier vor Ort kaufen können“, erklärt Gremm.
Abgerundet wird das Angebot durch Aktionsprogramme. Jeden Monat gibt es eine neue Welt: Aktuell lachen Osterhasen von den Verkaufstischen, im April wird’s alles rund um Garten und Balkon geben, und im Mai werden Fußballfähnchen wehen, zur Einstimmung auf die Weltmeisterschaft in Südafrika.
1 000 Quadratmeter hat X-Friends erstmal angemietet — Vergrößerung nicht ausgeschlossen. Gremm blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Wenn das so super läuft wie in Herne, würden wir auch noch Flächen dazumieten.“ Das würde sicherlich die Menschen freuen, die mit Hertie nicht nur eine Einkaufsmöglichkeit verloren haben, sondern auch ihren Job. Denn Moosdorf stellt fest: „Wir schauen, dass wir ehemalige Hertie-Mitarbeiter aus der Arbeitslosigkeit holen.“ Tatsächlich sind drei von den vier Mitarbeitern auf der Friedrichstraße ehemalige Hertianer.
Eine von ihnen ist Charlotte Rehmann. „Ich war fast 21 Jahre dabei“, erzählt die 56-Jährige. „Ich war hier bis zum Schluss am letzten Tag.“ Nach viereinhalb Monaten Arbeitslosigkeit ist sie froh, wieder an der Kasse stehen zu können. Und die Kunden? „Endlich ist mal wieder was drin“, findet Manfred Kotzwander. Nicht ganz zufrieden ist Marion Dommenz. „Von der Aufmachung her nicht so toll“, kritisiert sie. Da gefällt ihr der Limbecker Platz in Essen besser. Aber das Angebot überzeugt sie. „Die Preise hier sind natürlich gut, da sind sehr viele Markenartikel dabei.“ Ihr Fazit wird den X-Friends gefallen: „Ich würde wiederkommen.