Velbert. Als erster hat der Wirtschaftsförderungsausschuss in Velbert über das „Große Feld“ entschieden. Bei der Abstimmung gab es eine Überraschung.
Es ist ein Etappensieg für die Befürworter eines neuen Gewerbegebietes an der Langenberger Straße in Velbert, im Ziel ist das „Große Feld“ jedoch nach der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus noch lange nicht. Das ist auch dem für Bauthemen zuständigen Beigeordneten Jörg Ostermann klar.
Aber – das ist das erste belastbare Ergebnis: Der Ausschuss hat den Bebauungsplan mit sieben Ja-Stimmen (bei fünf Gegenstimmen und vier Enthaltungen) beschlossen, wenn auch knapper als vielleicht erwartet worden war. Grund dafür: Die SPD, die sich 2020 im Rats-Votum noch für den Bebauungsplan ausgesprochen hatte, enthielt sich etwas überraschend der Stimme. „Wir sind nicht gegen die Bebauung“, erläuterte Ute Meulenkamp, „finden es aber problematisch, dass keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet“.
Einwendungen von Anwohnern aus Velbert und Abwägungen auf 400 Seiten
Hierzu muss man wissen: Bei derartigen Planungen findet stets die sogenannte Offenlage statt: Alle Bürgerinnen und Bürger haben dann die Möglichkeit, den Bebauungsplanentwurf einzusehen und dazu Stellung zu nehmen. Aufgabe der Verwaltung ist es, im Anschluss die Einwendungen zu prüfen und die Interessen gegeneinander abzuwägen. Das alles hat im konkreten Fall Ende 2018, Anfang 2019 stattgefunden. Sämtliche Schreiben samt Verwaltungs-Erwiderungen sind auf fast 400 Seiten in der Ausschuss-Vorlage zu finden.
Warum die Stadt Velbert keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung plant
„Weil der Bebauungsplan selbst unverändert ist und nur Begründungen verändert, ergänzt oder redaktionell angepasst wurden, ist eine erneute Offenlage nicht erforderlich“, ist Jörg Ostermann überzeugt davon, einen Bebauungsplan aufgestellt zu haben, der eine weitere – durchaus mögliche – juristische Prüfung übersteht. „2023 haben wir eine Schlappe vor dem Oberverwaltungsgericht erlitten“, redet der Beigeordnete nicht um den heißen Brei herum: „Wir haben aus dem Gerichtssaal aber auch viele positive Dinge mitgenommen.“ So wurde der Stadt richterlich bescheinigt, in fast allen Punkten sauber gearbeitet zu haben. Knackpunkt war, wie berichtet, der aus Sicht des Gerichtes nicht ausreichend betrachtete Verkehrslärm, der durch das Gewerbegebiet auf angrenzenden Straßen entstehen würde.
Neue Rechtsgrundlage löst alle Schallschutz-Probleme
Hier hat die Stadt mittlerweile nachgebessert – „und wir sind aller Sorgen frei“, so Ostermann. Durch die Anwendung einer neuen Rechtsgrundlage („Wir müssen sie anwenden, haben da gar keine Wahl“), die seit 2021 gilt, würden die Werte an allen Stellen unterschritten: „Auch am bisherigen Knackpunkt Langenberger Straße 235, wo die Werte zuvor knapp überschritten waren und wo wir uns dann um eine Einzelfalllösung, beispielsweise einen Austausch der Fenster, hätten Gedanken machen müssen.“
Sogar von den Velberter Grünen gab es Lob für die Stadtverwaltung
„Es handelt es sich um ein sehr gut ausgearbeitetes Werk, Sie konnten alle Bedenken ausräumen, das muss man anerkennen“, gab es dann vonseiten der Grünen in Person von Andreas Kanschat ein fast schon unerwartetes Lob in Richtung Verwaltungsbank. Dennoch blieben die Grünen bei ihrem „Nein“ zum Bebauungsplan. Weitere Gegenstimmen gab es von Piraten und FDP.
August-Friedrich Tonscheid machte für „Velbert anders“ klar, dass man bei dem „Ja“ bleiben werde – und Holger Engel betonte für die CDU, dass man „natürlich zustimmen“ werde. Zuvor hatte Ausschussvorsitzender Stefan Ludwig, ebenfalls CDU, seine an sich moderierende Rolle kurz verlassen und betont, dass der Bedarf in der Wirtschaft da sei und dränge, man das Gewerbegebiet jetzt endlich „ans Rollen“ bringen solle.
Großes Interesse: Stadt führt Liste mit 60 bis 70 Namen
„Wir führen in der Tat seit langer Zeit eine Interessentenliste, auf der 60 bis 70 Namen stehen“, so Ostermann, die ersten 30 seien aktuell auch abtelefoniert worden – mit dem Ergebnis, dass weiter Interesse bestehe. Trotz aller schwierigen Rahmenbedingungen erwartet Ostermann übrigens, dass der „durchaus sportliche“ Gewerbesteuer-Ansatz, der ein gutes Indiz für die aktuelle Lage der Wirtschaft vor Ort ist, erreicht und der Vorjahreswert gar übertroffen wird.
So geht die Entscheidung über den Bebauungsplan weiter
Nun müssen sich drei weitere Ausschüsse –heute Abend tagt der Bezirksausschuss Mitte, am 28. Mai der Stadtplanungs-Ausschuss und am 11. Juni der Haupt- und Finanzausschuss – und final der Stadtrat am 25. Juni mit dem Bebauungsplan befassen. Ob dann gebaut wird? „Es gibt das Risiko eines erneuten Normenkontrollverfahrens“, so Ostermann. Wer klagen möchte, habe dafür ein Jahr nach Beschlussfassung Zeit – bis dann ein Verhandlungstermin feststeht, kann wieder viel Zeit vergehen. „Mit den zweieinhalb Jahren sind wir beim letzten Mal sogar noch ganz gut weggekommen“, sagt Ostermann.