Velbert. Wenn es nach Benjamin Sailer geht, hat er den besten Beruf der Welt. Mit 17 Jahren entschied sich der heute 42-Jährige, Erzieher zu werden.

Benjamin Sailer prüft die Karten auf seiner Hand, dann legt er beim Kartenspiel Uno eine „Vier-Ziehen“ auf den Stapel. Begeistert nimmt das Mädchen neben ihm die vier Karten und legt schnell eine weitere ab. Es scheint, als wenn die Kids sich freuen, nicht zu gewinnen und stattdessen immer mehr Karten auf die Hand zu bekommen. Vielleicht, weil sie gerne möglichst lange Zeit mit „ihrem“ Kita-Leiter der Kita „Rundumbunt“ verbringen möchten.

Velberter ist Erzieher aus Leidenschaft

Der 42-jährige Velberter ist Erzieher aus Leidenschaft und hat sich nach dem Realschulabschluss ganz bewusst für diesen Weg entschieden. „Eigentlich sollte ich ja Heizungs- und Sanitärinstallateur werden“, erinnert er sich. „Aber das war so gar nichts für mich“. Noch bevor er die Ausbildung beginnt, besucht er die Berufsberatung. „Ich habe drei Geschwister“, erzählt er. Sie sind bis zu zehn Jahre jünger und da seine Mutter alleinerziehend ist, kannte er es schon von daheim, „auch Verantwortung für die Geschwister zu übernehmen“.

Ein Job mit Gute-Laune Garantie, findet Benjamin Sailer - der sich schon als Jugendlicher für den Beruf als Erzieher entschieden hat.
Ein Job mit Gute-Laune Garantie, findet Benjamin Sailer - der sich schon als Jugendlicher für den Beruf als Erzieher entschieden hat. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Mit 17 Jahren die Ausbildung begonnen

Und so folgt er dem Vorschlag der Berufsberatung, Erzieher zu werden. Benjamin Sailer absolviert zunächst ein Vor-Praktikum in einem Velberter Kindergarten und beginnt schließlich mit 17 Jahren die Ausbildung. „Damals gab es noch keinen Erziehermangel“, erinnert er sich. Doch obwohl die Klasse mit 47 Azubis startet, bleiben am Ende nur noch 17 übrig. „Sieben davon waren Männer“, so der Kita-Leiter. „So selten waren die also nicht“. Aber er ist mit Abstand der jüngste Mann. „Die anderen waren 44 Jahre aufwärts und waren Berufsumsteiger“.

Entscheidung nie bereut

Seine Entscheidung, Erzieher werden, hat Benjamin Sailer nie bereut. „Es ist eine sehr sinnstiftende Arbeit, die auch einen gesellschaftlichen Nutzen hat“, sagt er. Und nicht nur das. „Es ist ein sehr abwechslungsreicher und zukunftssicherer Beruf. Wir vermitteln Werte und haben täglich Kontakt mit Menschen“. Dazu kommt „dass man nie weiß, was einen erwartet und man jeden Tag etwas Neues dazu lernt.“

Job macht ihn zufrieden

Sein Job macht Benjamin Sailer zufrieden und „es ist schön, dass man messbare Erfolge hat.“ Doch er weiß auch, dass die tägliche Arbeit mit Kindern anspruchsvoll ist. „Man muss schon wissen, worauf man sich da einlässt. Das ist kein Beruf, bei dem man um 16 Uhr einfach nach Hause geht und abschaltet.“ Da gibt es Geschichten, Erlebnisse und Schicksale von Kindern und Familien, die die Erzieher auch daheim noch beschäftigen.

Wer gewinnt die Runde? Benjamin Sailer (Leiter Kita Rundumbunt) könnte sich keinen besseren Beruf vorstellen.
Wer gewinnt die Runde? Benjamin Sailer (Leiter Kita Rundumbunt) könnte sich keinen besseren Beruf vorstellen. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Den Jungs ein Vorbld sein

Dass er als Mann in dem Beruf eher eine Seltenheit ist, findet Benjamin Sailer schade. „Es gibt viele familiäre Situationen, bei denen Eltern getrennt leben und einfach die männliche Bezugsperson fehlt“. Als Erzieher kann er für Jungs ein Vorbild sein und auch an der Gewaltreduktion arbeiten.

„Manchmal habe ich auch einfach eine andere Sichtweise als meine Kolleginnen“, sagt er. „Und andere Stärken. Wir toben beispielsweise einfach mehr.“ Ein weiterer Kollege, der ebenfalls in der Kita „Rundumbunt“ arbeitet, „werkelt immer total viel mit Holz“. Erfahrungen, die für Jungs und Mädchen gleichermaßen wertvoll sind.

Frau bei der Arbeit kennengelernt

Seine beiden Kinder, die mittlerweile 13 und 17 Jahre sind, finden nichts daran Besonderes, dass ihr Papa als Erzieher arbeitet. Immerhin hat die Mama den gleichen Job. Die Beiden haben sich einst bei der Arbeit kennengelernt. „Komisch war dann aber, dass auch zehn andere Kinder auf mich zugelaufen sind, wenn ich meinen Sohn mal aus der Schule abholen wollte“, erinnert sich Benjamin Sailer.

Serie: Besonders berufen

Haben Sie auch ein Alleinstellungsmerkmal in Ihrem Beruf? Sind Sie vielleicht Quer- oder Späteinsteiger oder aber eine Frau in einem Männerberuf oder umgekehrt? Sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz aus anderen Gründen etwas ganz Besonderes oder kennen Sie jemanden, der in seinem Beruf eine Seltenheit ist ?

Dann melden Sie sich gerne unter redaktion.velbert@waz.de oder rufen Sie uns an unter der Rufnummer 0205149531 und wir stellen Ihre Geschichte auch gerne vor.

Viele Freunde des Erziehers sagen noch heute „das könnte ich nicht“ und auch seine Mutter scherzt manches Mal „wärst Du Installateur geworden, dann würdest Du jetzt Porsche fahren“. Doch Benjamin Sailer lächelt dann nur. „Allein der Verdienst macht ja nicht glücklich“, findet er.

„Ich fühle mich wohl“

Dennoch ist er froh, dass der Beruf des Erziehers mittlerweile anerkannter ist und auch „das Gehalt besser geworden ist.“ Denn mit Beginn der Ausbildung war für ihn damals von vorneherein klar, dass Themen wie Familienplanung oder Hausbau eben nicht ganz so leicht umzusetzen sind. Doch „da wo ich bin, fühle ich mich wohl“, sagt Benjamin Sailer zufrieden. „Ich möchte beruflich nichts anderes machen.“

Benjamin Sailer leitet die Kita Rundumbunt an der Brangenberger Straße
Benjamin Sailer leitet die Kita Rundumbunt an der Brangenberger Straße © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Seit letzem Jahr Kita-Leiter

Benjamin Sailers Wunsch, später mal eine Kita zu leiten, ist 2020, mit der Fertigstellung der Kita am Brangenberg, in Erfüllung gegangen, zunächst als Stellvertreter und seit 2023 als Leiter. Hier leitet er ein Team von derzeit 18 Mitarbeitenden, die sich um 91 Kinder in fünf Gruppen kümmern. Dennoch kann er nicht „den ganzen Tag im Büro verbringen.“ Ihm ist wichtig, dass er sieht, wie es den Kindern geht, wo Bedarf ist, anzupacken und natürlich darf auch ein Ausflug in den nahegelegenen Wald oder eine Sporteinheit nicht fehlen. „Ich bin eben ein Bewegungsmensch“.

Der 42-jährige Velberter findet: „Wenn man Spaß haben und Freude bei der Arbeit spüren möchte, begleitet von Kinderlachen, dann sollte man unbedingt mal in den Beruf reinschnuppern“. Ganz egal ob Mann oder Frau.