Neviges. Peter Langer wollte ursprünglich nur sein hübsches Fachwerkhaus in Neviges als Modell nachbauen. Doch spannend war das Nachbargebäude.
Die einzelnen Balken seines Fachwerkhauses hat er alle gezählt und minutiös skizziert. Hat genau geschaut, wie die Vorgärten der Nachbarn aussehen. Nicht, dass nachher Steinchen zu sehen sind, wo doch eigentlich Rasen sprießt. Peter Langer hat einen Großteil der Weinbergstraße in Velbert-Neviges als Modell nachgebaut. Und damit auch ein bisschen Stadtgeschichte zum Anfassen für seine Enkel geschaffen.
Denn auch das Haus Weinbergstraße 18 mit dem Durchgang, der „Löv“, ist darauf noch zu sehen: Das 1778 erbaute und einst unter Denkmalschutz stehende Haus musste zum Leidwesen vieler Nevigeser im Januar 2024 abgerissen werden. Das Jahrhundert-Hochwasser vom Juli 2022 hatte dem Fachwerkhaus dermaßen zugesetzt, dass es einsturzgefährdet war.
Nachbarin in Velbert-Neviges gab den Anstoß
„Eigentlich wollte ich nur unser Fachwerkhaus nachbauen, es sollte für meine Modelleisenbahn sein, die ich oben stehen hab. Aber das wäre so furchtbar klein geworden, da wäre ich verrückt geworden. Das ist schon so genug Fummelarbeit“, erzählt Peter Langer, der mit Ehefrau Maria im Haus Weinbergstraße 21 wohnt. Also entschied er sich, sein Haus ein bisschen größer zu bauen und nicht für die Eisenbahn. Nachbarin Antje Grotegut hatte da noch eine andere Idee: „Sie meinte, ach, dann mach doch gleich unsere ganze Straße, wäre doch schön.“ Gesagt, getan. Als der 71-Jährige im Herbst 2023 loslegte, sei ihm schnell klar geworden: „Ich wollte auf jeden Fall auch das Haus Nummer 18 mitnehmen. Damals war ja schon im Gespräch, dass es vielleicht abgerissen wird.“
Gelernter Raumausstatter tüftelt gern
Basteln, tüfteln, das ist seit jeher Peter Langers großes Hobby. Seitdem er Rentner ist, gibt er richtig Gas. „Ich bin gelernter Raumausstatter, hab mit 63 Jahren aufgehört. Na ja, das Handwerkliche liegt halt. Zu meiner alten Firma in Essen Rüttenscheid hab ich auch noch guten Kontakt, da fahre ich oft mit meinem Bären-Ticket mal vorbei“, erzählt der gebürtige Düsseldorfer, der Wert darauf legt, dass sein Modell zwar – so gut es geht – originalgetreu ist, aber nicht maßstabgerecht: „Ich guck mir alles an, lege dann los.“
Und wenn etwas nicht hinhaut, etwa ein Fenstergiebel des Mini-Fachwerkhauses zu groß geraten ist, dann baut Peter Langer alles ab und fängt nochmal an. Kein Problem, hat er doch in seiner Hobby-Werkstatt unterm Dach alles griffbereit: An der Wand hängen übersichtlich Zangen, Schraubenzieher, Spachtel, das Regal daneben ist voll mit Maler-Utensilien, Klebeband, Lackrollen. Alles da.
Auch die ehemalige Knopffabrik gehört zum Ensemble
Zur Mini-Weinbergstraße gehört auch die frühere Knopffabrik, originalgetreu in Ziegelstein-Optik: „Die Sperrholzplatten, zwei Millimeter dick, werden mit der Laubsäge ausgeschnitten, geschliffen und verspachtelt. Und dann natürlich angemalt“, erzählt Langer, der sich auch bei den Vorgärten größte Mühe gab. Ein bisschen Filzrasen, aber auch nur da, wo er wirklich hingehört, hier ein Blümchen, dort ein kleiner Weg aus Sand. „Alles Zubehör für die Modelleisenbahn. Da fahre ich zu Spezialgeschäften nach Wuppertal und Düsseldorf. Man muss auch auf die Preise achten, ist ja alles so teuer geworden.“ Die Sperrholzplatten bekommt er dann und wann von Schwiegersohn Markus. „Der ist Schreiner und hat manchmal Reste.“
Und jetzt, wo die Weinbergstraße fertig ist? Da wird jetzt erstmal weiter an dem ferngesteuerten Segelboot gearbeitet, das schon länger in der Werkstatt steht. „Ich muss mal gucken, wo ich das dann zu Wasser lasse, am Abtskücher Stauteich in Heiligenhaus wird es ja schwierig“, spricht Peter Langer die geplante Absenkung des Wasserpegels an. Und dann ist da noch ein besonderes Motorboot, das er gern nachbauen möchte. „Aber erst ist der Leuchtturm dran, sonst sind die Kinder enttäuscht.“
Das „Leuchtturm-Nachbau-Set“ hat er nämlich von der Familie zu Weihnachten geschenkt bekommen, wie auch die vielen Einzelteile für die Holzlokomotive und die Schiffe, die jetzt zusammengebaut im Wohnzimmer stehen. Ja, er bastel einfach gern, „aber nur bei schlechtem Wetter, sonst muss ich raus, dann bleibe ich hier nicht hocken“, sagt Rentner Langer.
Rund ums Haus gibt es immer genug zu tun
Denn rund um das denkmalgeschützte Haus gibt es immer genug zu tun, im Frühling etwa Fensterläden streichen, nicht zu vergessen hinten der Garten. Im November wird die Weihnachtsbeleuchtung rausgekramt, für die die Weinbergstraße berühmt ist. „Sechs Kisten, muss ja alles in Schuss sein“. Wenn er zwischendurch Lust hat, verzieht sich Peter Langer nach oben in seine Werkstatt. „Kann aber auch sein, dass ich mal wochenlang nichts mache. Und dann überfällt es mich plötzlich.“
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Auch Ehefrau Maria hat ein Hobby, wozu sie Ruhe und Geduld braucht: Zwei Puzzles mit je 2000 Teilen sind schon fertig, das dritte wird bald in Angriff genommen, die Motive sind Familienfotos. „Viel Arbeit.“ So stolz er auf die Werke seiner Frau ist, so froh ist er, unterm Dach sein eigenes Ding zu machen. „Das ist nichts für mich“, sagt der Hobbybastler vergnügt: „Ich sag dann immer: Geh mir weg, mach bloß die Tür zu.“