Neviges. In seinem Restaurant in Velbert zaubert er exquisite Menüs, das eigene Heiligabend-Essen der „Stemmis“ ist das komplette Gegenteil davon.
Er liebt es, ständig neue Sachen auszuprobieren. Verwöhnt anspruchsvolle Gäste zu Weihnachten mit einem mehrgängigen Überraschungsmenü. Beim Kochen nicht kreativ zu sein, das ist undenkbar für Velberts Sternekoch Sascha Stemberg, kommt einer körperlichen Qual gleich. Liebend gern improvisiert er mit verschiedenen Gewürzen, kombiniert exotische Früchte oder heimisches Obst mit Krustentieren.
Doch Heiligabend, da kommt bei Familie Stemberg etwas auf den Tisch, was an diesem Tag bei sehr vielen Haushalten auf dem Speiseplan steht. Und auch gern von Menschen serviert wird, die mit Kochen so gar nichts am Hut haben: „Raclette, ja, bei uns gibt‘s Heiligabend Raclette. Die Kinder lieben das seit Jahren“, sagt Sascha Stemberg seufzend und lacht. „Ich würde lieber was richtig Schönes machen, aber keine Chance.“ Das Los des Sternekochs beim Fest der Liebe.
Keine „Tranche vom Rauchlachs mit Buttermilchsud“, kein „gereiftes Entercote vom Weiderind“, kein „Carree vom Salzwiesenlamm“, um nur wenige Beispiele zu nennen, sondern schnöde geschmolzener Käse. „Ich mag das nicht so gern, bin da auch zu ungeduldig, bis das mal fertig ist. Man sitzt davor und wartet, das ist gar nichts für mich“, sagt der Sascha Stemberg, der seit 2013 erfolgreich seinen Michelin-Stern verteidigt und einfach ein kreativer Koch aus Leidenschaft ist. „Ach, ich finde das ganz gemütlich“, meint Vater Walter lächelnd, der das Traditionshaus vor acht Jahren offiziell in die Hände seines Sohnes und seiner Schwiegertochter Coren übertragen hat. Dass Sohn Sascha das „Haus Stemberg“ in nunmehr fünfter Generation zu einem der besten Restaurants Deutschlands entwickelt hat, macht den Senior-Chef unglaublich stolz. Er selbst ist zuständig für den Weinkeller, nimmt Tischreservierungen gern persönlich am Telefon entgegen und hat überhaupt ein Auge auf den Service.
Ohne Familie gäbe es kein Sternerestaurant in Velbert
Die Familie, das ist das Mauerwerk, ohne den dieser Erfolg nicht denkbar wäre. Jahrzehnte lang hatte Walter Stemberg mit Ehefrau Petra den Gasthof an der Kuhlendahler Straße gewuppt. Hat gemeinsam gerackert und getan, damit andere feiern können. Zumindest Heiligabend gönnen sich die Stembergs seit Jahren einen freien Abend, und Großvater Walter findet es ganz großartig, dass der Nachwuchs dann das Sagen hat. „Wir sind zu Acht, die Schwiegereltern kommen auch. Heiligabend gehört der Familie.“ Vorher wird ein bisschen mit „unserem wunderbaren, hoch motivierten Team“ zusammengesessen. Bevor dann am ersten und zweiten Weihnachtstag mit Volldampf wieder der Gast König ist.
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Zu Weihnachten 1400 Gerichte
„An beiden Tagen haben wir 220 Gäste, mittags und abends. Macht inklusive Gruß aus der Küche 1400 Gerichte, die serviert werden müssen“, bilanziert der Sternekoch nüchtern, dabei ist ihm die Vorfreude auf diesen Kraftakt anzusehen. Mittags Vier-Gang-Menü, abends Fünf-Gang, und das an beiden Feiertagen, das sei nicht zu stemmen ohne ein „wirklich ausgezeichnetes Team“, das ausnahmslos mitziehe. Und neben einer angemessenen Bezahlung 32 Urlaubstage im Jahr bekomme. „Bei uns ist die Stimmung gut, sonst können Sie so etwas auch nicht machen.“ Bereits seit September ist das Restaurant bis zum Jahresende komplett ausgebucht. Die meisten der 220 Gäste, die sich auf ein Überraschungsmenü freuen, seien „Wiederholungstäter“ und hätten sich bereits im letzten Jahr zu Weihnachten einen Platz gesichert. Und auch im neuen Jahr sei man bis April schon „recht gut gebucht“, so der Sternekoch.
Vor allem Montags kommen auch jüngere Gäste
„Wir pflegen eine Warteliste, das ist auch sehr hilfreich“, ergänzt Vater Walter Stemberg. Allerdings müssen Nachrücker oft spontan sein, denn viele Absagen kämen leider sehr knapp. Aber man sei ja inzwischen froh, wenn überhaupt Bescheid gesagt werde: „Die Kultur des Nichtabsagens hat zugenommen, das muss man leider sagen. Das ist schade, denn so haben andere erst gatr keine Chance“, so der Senior-Chef. Aber das sei nun wirklich das einzige, was zu beklagen sei. „Ansonsten haben wir tolle Gäste, vor allem Montagabend auch viele Jüngere. Eine gute Mischung, es macht rundum einfach Spaß.“
Stemberg in Velbert hat viele Pläne für 2024
Für das neue Jahr hat Sascha Stemberg wieder jede Menge Pläne. „Wenn alles gut läuft, beziehen wir im März 2024 unser gesamtes Fleisch ausnahmslos aus Deutschland.“ Was sich erst einmal so einfach anhöre, sei gar nicht so leicht umzusetzen: „Ein Großteil unseres Fleisches kommt aus der Region, aber im Moment eben noch nicht alles. Gute Züchter zu finden, das ist ein langwieriger Prozess, ich bin da seit zehn Jahren dran.“ Denn es gehe dabei nicht nur um eine artgerechte Haltung der Tiere, sondern auch um „wirklich Top-Qualität, da mache ich keine Kompromisse“, und das alles müsse dann auch verlässlich in größeren Mengen zu liefern sein.
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Außerdem steht 2024 wieder ein rundes Jubiläum an: 160 Jahre Haus Stemberg, da werde man wieder einige Dinner-Events organisieren, freut sich auch Vater Walter, der auch 2024 das ganz alltägliche Geschäft nicht aus den Augen verliert: „Wir haben schon 250 Gänse vorbestellt für das nächste Jahr.“ Denn die Martinsgans, die gehöre für viele Stammgäste einfach dazu. Wie das Raclette-Essen zu Heiligabend im Hause Stemberg.
>>>Öffnungszeiten und mehr
Haus Stemberg, Kuhlendahler Straße 295, Kontakt unter 02053 5649. Geschlossen vom 27. Dezember bis 5. Januar. Ab 6. Januar wieder geöffnet an folgenden Tagen: Montag bis Mittwoch 17.30 bis 23 Uhr, Küche bis 21. 30 Uhr; Samstag und Sonntag: 12 bis 14 Uhr und 18 bis 21.30 Uhr. Donnerstag und Freitag Ruhetag.
Weitere Informationen auf www.haus-stemberg.de. Hier sind auch unter „The Golden Circle“ Online-Kochkurse des Sternekochs buchbar.