Langenberg. Seit das 49-Euro-Ticket gilt, fahren mehr Menschen mit dem Bürgerbus Langenberg. Das sorgt für Probleme und – teils unsachliche – Kritik.

Acht Plätze hat ein Bürgerbus, der zugehörige Verein hat zwei solcher Fahrzeuge. Und damit sind die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer tagein tagaus im Stadtbezirk unterwegs: Vom Tal rauf auf die Hügel und wieder zurück.

Meist nutzen ältere Menschen den Service, um nach dem Einkauf oder einem Arztbesuch wieder nach Hause zu kommen. Man kennt sich auf den Touren, quatscht gerne und wenn mal jemand fehlt, wird direkt nachgefragt.

Seit Juni steigen die Fahrgastzahlen bei Bürgerbus in Velbert-Langenberg

Dank moderner Technik können die Fahrerinnen und Fahrer viel einfacher auswerten, wie viele Fahrgäste den Service nutzen.
Dank moderner Technik können die Fahrerinnen und Fahrer viel einfacher auswerten, wie viele Fahrgäste den Service nutzen. © Sascha Döring

Allerdings: seit Juni gilt das 49-Euro-Ticket (Deutschland-Ticket). Und wer so eins besitzt, darf auch den Bürgerbus ohne weitere Kosten nutzen. Das hat Konsequenzen, berichten der erste Vorsitzende, Gerd Berker, und Geschäftsführer Ralph Güther.

„Wir haben einen enormen Zuwachs bei den Fahrgastzahlen“, erläutern die beiden, die „selbstverständlich“ auch selbst als Fahrer unterwegs sind. „Wir sind mittlerweile schon wieder auf Vor-Corona-Niveau.“ Konkret bedeutet das: Bis einschließlich September sind rund 20.000 Fahrgäste im Bürgerbus unterwegs gewesen, allein seit Juni hat der Verein 6000 gezählt.

Schülerinnen und Schüler dürfen kostenlos mitfahren – mit Deutschlandticket

Gerd Berker ist Vorsitzender des Bürgerbusvereins Velbert-Langenberg.
Gerd Berker ist Vorsitzender des Bürgerbusvereins Velbert-Langenberg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Neu ist, dass nun auch viele Schülerinnen und Schüler die Kleinbusse in Anspruch nehmen. Warum? „Als die Kinder und Jugendlichen noch das Schokoticket hatten, mussten sie für den Bürgerbus extra bezahlen“, erläutert Ralph Güther.

Eine Fahrt kostete damals 1,50 Euro. „Doch mit dem Deutschland-Ticket dürfen die nun umsonst mitfahren.“ Das führe dazu, dass die Busse regelmäßig voll sind. So voll, „dass wir tatsächlich immer wieder Fahrgäste stehen lassen müssen“, bedauert Gerd Berker.

Es gibt viel Kritik – vor allem von älteren Fahrgästen

Das wiederum führt zu teils massiver, und manches Mal unsachlicher Kritik. „Wir hören ganz oft: ,Was haben die jungen Leute im Bus zu suchen? Der Bürgerbus ist doch nur für Ältere’“, sagt Ralph Güther. Nur: Das stimmt nicht. „Wir fahren nach den Beförderungsbedingungen für den öffentlichen Nahverkehr“, fügt Gerd Berker an. Das bedeutet: „Wir müssen jeden mitnehmen und dürfen nicht auswählen. Der Bürgerbus ist für alle da.“

Nun arbeitet der Vorstand des Vereins an einer Lösung. „Wir können keinen größeren Bus einsetzen“, erteilen Ralph Güther und Gerd Berker solchen Vorschlägen eine Absage. „Denn mit unserem Führerschein dürfen wir nur Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen fahren.“

Unsicherheit über Zukunft des 49-Euro-Tickets erschwert Planung

Stattdessen sei die Überlegung, auch den zweiten Bus voll einzusetzen – und nicht nur halbtags. Allerdings habe die Sache einen Haken: „Wir können gar nicht richtig planen, weil ja noch gar nicht feststeht, wie es mit dem Deutschlandticket nächstes Jahr weiter geht“, klagen die beiden Vorstände.

Denn eigentlich müsste so langsam der Fahrplan erstellt werden. „Der geht dann an die Bezirksregierung. Auch unser Partner, die Wuppertaler Stadtwerke, hängen da mit drin. Und dann müssen die Pläne gedruckt werden.“ Das alles dauert. „Daher müssen wir zweigleisig planen: Mit 49-Euro-Ticket und ohne.“

Bis dahin hoffen Gerd Berker und Ralph Güther auf das Verständnis der Fahrgäste. „Sie können uns glauben: Uns tut es in der Seele weh, wenn wir jemanden stehen lassen müssen.“ Lob gibt es aber auch – für einige der jungen Fahrgäste: „Manche steigen aus und überlassen ihren Platz einem Senior oder einer Seniorin. Das finden wir ganz toll.“

Im neuen Jahr gibt es einen neuen Bus

Die Ehrenamtlichen Gerd Berker (Vorsitzender), Ralph Güther (Geschäftsführer), Jochen Neef und Jose Almansa (beide Fahrdienstleiter) – hier bei der Präsentation des neuen Busses im Juni 2020.
Die Ehrenamtlichen Gerd Berker (Vorsitzender), Ralph Güther (Geschäftsführer), Jochen Neef und Jose Almansa (beide Fahrdienstleiter) – hier bei der Präsentation des neuen Busses im Juni 2020. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ganz toll finden die beiden auch, was im nächsten Jahr passiert: dann nämlich bekommt der Bürgerbusverein ein neues Fahrzeug. Das besondere daran ist, dass auch dieser Bus vom Land gefördert wird. „Normalerweise gibt es nur Geld für einen, den zweiten müssten wir aus eigenen Mitteln finanzieren“, sagt Gerd Berker.

Allerdings hatte der Vorsitzende einmal Ex-Verkehrsminister Michael Groschek im Bürgerbus durch Langenberg gefahren – und daraufhin eine schriftliche Förderzusage erhalten. Die löst der aktuelle Minister Oliver Krischer nun ein. Der Vorteil: „Sein Vater hat einst in der Eifel einen Bürgerbusverein gegründet, er hat also eine ganz persönliche Verbindung zu dem Thema“, sagt Gerd Berker.

Weitere finanzielle Unterstützung gibt es von der Verkehrsgesellschaft der Stadt Velbert (VGV). Der neue Wagen, ein Niederflurbus, soll im ersten Quartal 2024 zur Verfügung stehen. „Dass wir auch den Bus gefördert bekommen, freut uns wirklich“, sagt Gerd Berker. „Das ist ein Zeichen der Anerkennung für unsere Arbeit.“

>>>Fahrsicherheit und regelmäßige Kontrollen<<<

Alle Fahrerinnen und Fahrer des Bürgervereins haben einen Personenbeförderungsschein, der jeweils fünf Jahre gültig ist. Außerdem liegt je ein polizeiliches Führungszeugnis vor und ein Mal im Jahr steht eine Untersuchung beim Betriebsarzt der Wuppertaler Stadtwerke an.

Zusätzlich bietet der Verein intern erste-Hilfe-Schulungen und Fahrsicherheitstraining an. Das ist möglich, weil neben Fahrdienstleiter Jose Almansa noch ein weiteres Vorstandsmitglied früher bei der Berufsfeuerwehr gewesen ist und beide entsprechende Qualifikationen vorweisen.