Tönisheide. Sein Hobby hat Reinhard Vohwinkel zum Beruf gemacht. Für die Beringungszentrale Helgoland sammelt der Tönisheider Daten. Die Dokumentation hilft zu belegen, wie sich der Klimawandel auf die Vogelwelt auswirkt.

Wehrlos hängen Dompfaff, Meisen, Rotkehlchen und andere Singvögel im Netz in Reinhard Vohwinkels Garten. Das sieht nicht schön aus, aber als ehrenamtlicher Beringer der Vogelwarte Helgoland weiß der Tönisheider, wie er die Tiere schonend befreit. Seine Dokumentation hilft, zu belegen, wie sich der Klimawandel auf die Vogelwelt auswirkt.

Fast täglich fängt der 55-Jährige Vögel, um sie zu beringen oder zu kontrollieren. Rund 12 700 Stück hat er im vergangenen Jahr einen Ring ums Bein gelegt. Mit dieser Kennzeichnung lassen sich Entwicklung eines Vogels, sein Alter, seine Aufenthaltsorte und andere Informationen erheben. „Wir haben knapp 250 ehrenamtliche Beringer. Die machen das letztendlich für uns”, erklärt Olaf Geiter, Leiter des Beringungszentrums Helgoland. „Wir sammeln die Daten und führen sie zusammen. Die Informationen werden dann europaweit zusammengeführt. Zum Beispiel der Klimawandel: Die Vögel ziehen nicht mehr so weit. Das können wir so untersuchen.”

Vögel werden genau unter die Lupe genommen

Bei jedem gefangenen Vogel wird die Flügellänge dokumentiert. Dafür befreit Vohwinkel die Tiere einzeln aus dem Netz. Haben sie bereits einen Ring, notiert er die Daten bei der entsprechenden Nummer in seinem Computerprogramm. Sind sie noch nicht registriert, nimmt er sie neu auf. Dann trägt er Art, Geschlecht Fundort, Alter, Gewicht und Flügellänge ein.

Das Rotkehlchen, das Vohwinkel in der Hand hält, kennt er schon aus dem vergangenen Jahr. „Dieses Tier ist 2009 geboren. Jetzt wiegt es 25,4 Gramm. Als ich es im Herbst kontrolliert habe, wog es 18 Gramm”, berichtet Vohwinkel. Wenn sich beispielsweise über Generationen die Flügellängen einer Art verkürzen, kann das darauf hindeuten, dass die Tiere im Laufe der Zeit andere Winterquartiere anfliegen, die nicht mehr so weit entfernt liegen. Wird ein Vogel, den Vohwinkel beringt hat, in Spanien von einem Kollegen gefunden, meldet der dem Deutschen die aktuellen Daten. So werden Aussagen zur Entwicklung einzelner Tiere, aber auch ganzer Arten möglich.

Weiterbildungskurse sind Pflicht

Um verwertbare Daten liefern zu können, müssen die ehrenamtlichen Beringer die Tiere sicher bestimmen können. Deshalb, aber nicht nur aus diesem Grund, müssen sie ausgebildet sein. „Damit sichergestellt ist, dass den Tieren beim Fangen, Beringen und Datenerfassen nichts passiert, brauchen die Beringer einen Sachkundenachweis”, betont Geiter. Außerdem müssen sie regelmäßig Weiterbildungskurse besuchen.

Jeder Anwärter muss eine Zeit lang mit einem erfahrenen Beringer mitlaufen. Auch Vohwinkel lernt angehende Beringer und Biologiestudenten an. Mittlerweile hat der ehemalige Informatiker sein Hobby zum Beruf gemacht und ist selbstständig. „Hauptsächlich bin ich als Gutachter tätig. Ich untersuche zum Beispiel, welche Vogelarten in einem Biotop vorkommen oder wie man sie dorthin locken kann”, erklärt Vohwinkel. Er hält Vorträge und schreibt Beiträge für wissenschaftliche Bücher. Die Fangnetze fertigt er selbst an.

„Wenn man raus geht, muss man alles mitnehmen können”, verdeutlicht er. „Da ist Einfallsreichtum gefragt”. Kleine Singvögel wiegt er beispielsweise in einer Filmdose. „Wichtig ist, dass den Tieren nichts passiert”, betont er.