Langenberg. Ohne die Kleinbusse des Bürgerbusvereins wäre der öffentliche Nahverkehr in Velbert-Langenberg nicht denkbar. Unterwegs mit den Linien 1 und 2.

Es ist kurz vor zehn Uhr morgens am Tag nach den Weihnachtsfeiertagen, die Sonne lässt sich mal wieder blicken, es ist kühl – und in Langenberg ist nicht viel los. Auch an den Haltestellen vor dem S-Bahnhof warten nicht einmal eine Handvoll Menschen auf den nächsten Bus. Dafür aber zwei Kleinbusse auf Passagiere: Die Bürgerbusse sind unterwegs, natürlich.

Jochen Neef ist gut gelaunt, steht vor seinem Fahrzeug und wechselt ein paar Worte mit Gerd Berker. Neef ist Fahrer und Fahrdienstleiter beim Bürgerbusverein, Berker erster Vorsitzender. Die erste Fahrt für die beiden geht heute morgen mit der Linie 2 zum Eickeshagen.

Neue Abfahrtszeit muss sich noch rumsprechen

Der neueste Zugang der Bürgerbusfamilie in Velbert-Langenberg ist dieser Bus. Im nächsten Jahr soll der zweite Wagen durch ein neueres Modell ersetzt werden.
Der neueste Zugang der Bürgerbusfamilie in Velbert-Langenberg ist dieser Bus. Im nächsten Jahr soll der zweite Wagen durch ein neueres Modell ersetzt werden. © Sascha Döring

„Da wird nicht viel los sein“, sagt Jochen Neef. Einmal, weil am Tag nach den Feiertagen viele noch nicht unterwegs sind, „aber auch, weil sich diese Tour bei den Fahrgästen noch nicht so rumgesprochen hat.“ Dabei fährt die Linie 2 schon seit dem Fahrplanwechsel im Mai auch um 10 Uhr schon Richtung Eickeshagen.

Diesmal ist nur eine ältere Dame mit dabei, sitzt hinter Jochen Neef, schnallt sich an, verpackt ihre Einkaufstüten unter dem Sitz. Über ihr flimmern auf einem kleinen Monitor Bilder und Werbung. „Das ist neu“, erläutert Gerd Berker. „In den alten Bussen hatten wir Werbung an der Leiste oberhalb der Fenster angebracht, in dem neuen Bus lassen wir sie über den Bildschirm laufen.“

Alte und neue Fotos aus Langenberg

Im Wechsel dazu gibt es Bilder aus Langenberg – alte Ansichten, aber auch aktuelle. Dazu ein paar Schnappschüsse von der Fahrt zum 25-jährigen Bestehen nach Berlin. „Das kommt bei unseren Fahrgästen gut an, die freuen sich über die Fotos“, sagt der erste Vorsitzende des Bürgerbusvereins.

Langeweile kommt dabei auch nicht auf, denn Irmgard Haker-Müller und Birgit Richter vom Bürgerbusverein kümmern sich darum, dass regelmäßig neue Ansichten und Motive die Gäste unterhalten.

Alle Linien fahren erst Richtung Seidenweberplatz

Pünktlich macht sich die Linie 2 dann um 10 Uhr auf den Weg, zunächst einmal – wie alle fünf Linien – geht es Richtung Frowein- und Seidenweberplatz. „Hier haben wir auch die längsten Standzeiten einkalkuliert“, erläutert Gerd Berker. Schließlich steigen an diesen beiden Haltestellen viele Leute ein und aus – sind doch von hier aus die Geschäfte der Altstadt am besten zu erreichen.

„Manchmal“, ergänzt Jochen Neef vom Fahrersitz aus, „ist es bei Rewe so voll, dass ich Leute stehen lassen muss.“ Unmut darüber gebe es nur selten, habe er festgestellt. „Die Leute gehen dann noch mal einen Kaffee trinken, ich komme ja 30 Minuten später wieder vorbei.“ Nur ab und an, wenn die Schlange recht lang sei, müsse er dafür sorgen, dass die Passagiere der Reihe nach einsteigen und sich niemand vordrängelt.

Fahrerinnen und Fahrer dürfen Passagieren beim Aussteigen helfen

Gerd Berker ist erster Vorsitzender des Bürgerbusvereins Velbert-Langenberg. Hier erläutert er die neue Technik, mit der die Fahrerinnen und Fahrer ihre Passagiere erfassen und auch ihren Fahrplan einsehen können.
Gerd Berker ist erster Vorsitzender des Bürgerbusvereins Velbert-Langenberg. Hier erläutert er die neue Technik, mit der die Fahrerinnen und Fahrer ihre Passagiere erfassen und auch ihren Fahrplan einsehen können. © Sascha Döring

Diesmal will keiner mit, die Fahrt geht weiter. Vor dem Tunnel rechts ab, die Hauptstraße entlang und dann die Feldstraße hinauf. Hier steigt die einzige Passagierin aus. „Soll ich Ihnen mit den Taschen helfen?“ bietet Fahrer Jochen Neef seine Hilfe an. „Nö“, kommt die gut gelaunte Antwort, „ich muss das ja auch sonst selber schaffen.“

Teilweise, berichtet Jochen Neef, „ist das hier körperlich richtig anstrengend, wenn die Fahrgäste ihre Hackenporsches vollgepackt haben. Aber wir machen das ja gerne“. Und im Gegensatz zu den Fahrern der großen Linienbusse dürfen die Fahrerinnen und Fahrer das auch – helfen.

Verein mit den meisten Fahrgästen in NRW

Auch der Rest der Tour kreuz und quer durch das Wohngebiet rund um Kuh- und Hohlstraße steigt niemand zu. „Lassen Sie sich davon aber nicht täuschen“, sagt Gerd Berker, der erste Vorsitzende des Bürgerbusvereins. „Die Linie 2 ist die meist frequentierte Linie, rund 53 Prozent unserer Fahrgäste fahren auf dieser Route.“

Mit der Linie 2 des Bürgerbusses Velbert-Langenberg auf dem Weg vom Seidenweberplatz in Richtung Spange und Tunnel: Jochen Neef, am Steuer, fährt seit elf Jahren selber, außerdem ist er einer vom zwei Fahrdienstleitern des Vereins.
Mit der Linie 2 des Bürgerbusses Velbert-Langenberg auf dem Weg vom Seidenweberplatz in Richtung Spange und Tunnel: Jochen Neef, am Steuer, fährt seit elf Jahren selber, außerdem ist er einer vom zwei Fahrdienstleitern des Vereins. © Sascha Döring | Sascha Döring

In absoluten Zahlen sind das um die 12.500 Menschen, denn insgesamt hat der Bürgerbusverein im Jahr 2022 rund 25.000 Fahrgäste transportiert. „Das ist noch nicht so gut wie vor Corona, da hatten wir mehr als 30.000“, sagt Gerd Berker, „aber wir sind zum Einen auf einem guten Weg und zum Anderen dürften wir NRW-weit immer noch der Verein mit den meisten Fahrgästen sein.“

Erst zum Bahnhof, dann über die Klippe

Durch die Altstadt geht es zurück zum Bahnhof, es folgt direkt die nächste Tour – diesmal aber als Linie 1 über die Klippe. Diesmal sind gleich zwei Passagiere dabei, man kennt sich, grüßt sich, es gibt einen lockeren Spruch. „Wer hier mitfährt freut sich auch über soziale Kontakte“, erzählen die beiden Bürgerbus-Mitglieder. „Die Leute töttern oder geben sich gegenseitig Tipps.“

Rund die Hälfte der Passagiere sind Stammgäste, eine Dame, sagt Gerd Berker, „meldet sich sogar regelmäßig ab, wenn sie nicht mitfahren kann. Nur damit wir uns keine Sorgen machen“. Man sei eben „Bürgerbusfamilie“ – und die umfasse nicht nur die Vereinsmitglieder, sondern eben auch die Passagiere.

Über Klippe, Laakmannsbusch, Looker- und Hüser Straße geht es wieder zurück zum Bahnhof. Für Gerd Berker und den WAZ-Redakteur ist hier nun Endstation, Jochen Neef fährt weiter. Und hat noch eine Bitte zum Abschied: „Der Bürgerbus“, betont er, „ist für alle da. Nicht nur für Ältere. Fahrt mit.“

Unterwegs mit dem Bürgerbus

„Wer Bürgerbus fährt, wird cooler im Straßenverkehr“, sagt Jochen Neef. Denn in den teils sehr engen Straßen der Wohngebiete ist viel Geduld gefragt: Weil Autos falsch parken, weil Baustellen die Straße enger machen oder weil andere Autofahrerinnen bzw. -fahrer keine Rücksicht nehmen.

Im nächste Jahr soll der aus Juni 2016 stammende zweite Bürgerbus gegen ein neueres Modell ausgetauscht werden. „Eigentlich bekommen wir dafür keine Förderung“, sagt der Vereinsvorsitzende Gerd Berker.

Aber es gebe noch einen Briefwechsel mit dem früheren Verkehrsminister, den der Verein an den aktuellen weitergeleitet habe. „Und der jetzige Minister, Oliver Krischer, kommt aus einer Bürgerbusfamilie“, fährt Berker fort. „Der kennt sich aus, vielleicht hilft das und wir bekommen doch noch unsere Förderung.“