Langenberg. Velbert: Rund 100 Gäste folgten dem Kabarettisten Herr Schröder durch sein Programm „Instagrammatik“ – und wurden selber Teil des Auftritts.
Wer wünscht sich einen Lehrer, der einen Scherz nach dem anderen reißt? Einen Lehrer, über und mit dem gelacht werden kann. Herr Schröder ist so ein Lehrer, allerdings steht er nicht vorne in der Klasse am Pult, sondern vorne im Alldiekunst-Haus auf der Bühne.
Rund einhundert Gäste begrüßt er zu seinem Programm „Instagrammatik“. Zunächst per WhatsApp-Chat, in der ihn seine imaginäre Klasse ankündigt. Dann persönlich. Wirkt Herr Schröder anfangs noch etwas fahrig, kämpft mit seinem Einstieg, läuft er im Laufe des Abends zu Hochform auf.
Das Publikum wird zur Schulklasse
Als Lehrer hat er deutlich mehr Kontakt zu Schülern als zum Publikum. Das lernt er daher sogleich persönlich kennen, zum Beispiel Zahlenmensch und Wirtschaftsprüfer Andreas. Der Englisch- und Deutschlehrer Schröder erklärt sogleich, er habe eine KosiNuss-Allergie.
Der Endvierziger liebt Sprache, Grammatik und ganz besonders die Kausalität. Eine Frage ins Publikum, die inhaltlich nicht einwandfrei beantwortet wurde, findet er besonders spannend und witzelt dazu. Auch die Antwort auf „Kennst du Tinder?“ zieht er grammatikalisch durch den Kakao. Aus „Ich hörte davon!“ machte er kurzerhand: „Ich mache das Fenster auf und sage: Es schneite.“
Perfektes Timing für Beleidigungen
Mit dem „Frikativ“ modifizierte er das Publikum endgültig zur Klasse. Denn, so erklärt der Deutschlehrer, das Frikativ eigne sich besonders für Beleidigungen. „Hurensohn“ sei so ein Wort. Das käme richtig aus der Tiefe des Körpers. Dazu brauche es zusätzlich das perfekte Timing, die Stille um die Beleidigung sei wichtig: „Stille, Stille, …, Stille, Stille, …, Opfer.“ Psycholinguistik der Oberstufe, auch dank des „pf“ im Begriff „Opfer.
Die einhundert „Schülerinnen“ und „Schüler“ erstaunt Schröder auch mit den unterschiedlichen Auswirkungen von Substantiven und Verben: Siebzig Prozent der Begriffe im Duden seien Nomen, jedoch nur sieben Prozent Verben. Daher bewundert er das Unternehmen Google, das aus einer Marke ein Verb machen konnte. Wir googeln. „Verben wirken viel mehr“, sagt er. Beispiel: „Er kam, sah und siegte“ versus „Ankunft, Sehen und Sieg“.
Klassenbuch als App?
Karma-trächtige Anekdoten gibt Schrödi, wie er im Schulalltag bisweilen genannt wird, auch mit: Der „Pädagogische Tag“ mit dem Thema „Lehrergesundheit“ habe stattgefunden. Anschließend waren „13 Lehrer mit Corona angesteckt“. Spannend auch die Frage einer Schülerin zum pädagogischen Tag: „Was ist eigentlich sonst ihr Auftrag?“
Herzerfrischend seine Einstellung zum Klassenbuch und seine Furcht, dies als App nutzen zu müssen. „Was soll ich denn auf’s Pult knallen, wenn ich in die Klasse komme?“ Das Klassenbuch sei der Spiegel der Klasse, dessen Aussehen ein Teil deren Identität. Zudem gesteht er, habe er das Blättern im Buch zur Vorbereitung des Unterrichtes genutzt, andere zum Prestigegewinn. Mit Sätzen wie: „Die Lernbereitschaft der Schüler liegt im homöopathischen Bereich.“ Oder „Kevin hat seine Hausaufgaben gemacht.“
Beide Stunden überzogen
Johannes Schröder bringt die Zuschauer zum Lachen. Aber viel mehr unterhält und lehrt er, verwandelt die alte Verkaufsfläche zum Klassenraum, merkt sich unfassbar schnell zehn Namen und deren Zuordnung im Saal, fordert sie heraus und fördert das Zwerchfell.
Sein Publikum, von 13 bis über 80 Jahre alt, dankt seinerseits mit Anekdoten. So verwundert es nicht, dass Herr Schröder sowohl in der ersten als auch in der zweiten Stunde überzogen hat. Aber bei diesem Lehrer verfliegt die Zeit – ohne Medienwagen und VHS-Kassette.
Nach dem Auftritt
Künstler verkaufen im Nachgang ihrer Show Bücher oder CDs, so auch Herr Schröder. Bei ihm stehen die Zuschauer an, fast wie Schüler, die ihren Obolus für die Reclam-Ausgabe von Effie Briest bezahlen müssen.
Sie bekommen auch sein neues Buch, nur heißt der Autor nicht Theodor Fontane sondern Herr Schröder – Widmung und Selfie inklusive.