Langenberg. Bartholomäus Grill reist seit 40 Jahren durch Afrika. Seine Erlebnisse hat er in einem Buch verarbeitet, das er nun in Velbert vorgestellt hat.
Das Alldiekunst-Haus ist voll, kein Platz ist leer geblieben. Am Eingang werden afrikanische Accessoires verkauft, deren Erlös einem gemeinnützigen Verein zugutekommt. Auf der Bühne hat – bereits um kurz nach 19 Uhr, obwohl die Lesung erst um halb acht anfangen wird – Bartholomäus Grill Platz genommen.
Der Journalist ist in Langenberg, um aus seinem letzten Buch „Afrika! Rückblicke in die Zukunft eines Kontinents“ vorzulesen. Insgesamt vier Jahrzehnte hat er als Reporter auf dem Sehnsuchtskontinent verbracht. Organisiert hat die Lesung in Langenberg übrigens Andreas Hack, der als Safari-Anbieter Gäste durch Afrika führt und, wie er selbst sagt, „schätzungsweise fünf bis sechs Jahre“ auf dem Kontinent im Süden verbracht hat.
Mitglied im Stab des Bundespräsidenten
Es stehen also zwei auf der Bühne, die wissen, wovon sie reden. Zuerst aber verhandelt Hack andere Dinge: „Sowohl Herr Grill als auch ich haben eine Jugend-Fußballmannschaft trainiert. Der Fußball spielt in unserer beider Leben eine große Rolle – deswegen haben wir uns eben erst einmal über Erling Haaland und Borussia Dortmund unterhalten.“ Lachen.
Doch dann geht es fix zu den wichtigen Themen: Grill beginnt, aus seinem Buch zu lesen. Rasend schnell fliegt der Mann, der einst im Stab des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler als Afrika-Experte vertreten war, über die Themen, die den Kontinent in den letzten vier Jahrzehnten bewegt haben.
Zwei Millionen Kilometer durch den Kontinent
„1980 war ich das erste Mal in Afrika, in Tansania“, berichtet Grill. „Mittlerweile bin ich zwei Millionen Kilometer über den Kontinent gereist und war in mehr als fünfzig Ländern.“ In seiner afrikanischen Bestandsaufnahme verweist er in der Folge etwa auf die immer größer werdende chinesische Einflussnahme.
„,West is best’ gilt heute nicht mehr – heute heißt es ‚look east’.“ Über die Gefahren des chinesischen Expansionsdrangs in Afrika hatte Grill auch immer wieder im Spiegel-Magazin geschrieben, zuletzt noch in diesem Februar.
Aus der Vita des Autors
Ab 1984 volontierte Bartholomäus Grill beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt in Hamburg, 1987 wechselte er ins Politik-Ressort der Wochenzeitung Die Zeit.
1993 wurde Grill als Afrika-Korrespondent der Zeit nach Johannesburg in Südafrika entsandt. Er schrieb Berichte und Reportagen über den Kontinent für Die Weltwoche (Zürich), Profil (Wien) sowie für das Magazin GEO. Ab 2000 leitete er das Afrika-Büro der Zeit in Kapstadt.
Von 2008 bis 2011 war er Herausgeber der Monatszeitung The African Times, der ersten deutschen Zeitung für Afrika in englischer Sprache. Ende 2012 verließ er nach 25 Jahren die Zeit und arbeitet seit dem 1. Februar 2013 als Afrika-Korrespondent für das Nachrichtenmagazin Der Spiegel.
Die Probleme eines Kontinents
Doch auch bei diesem Thema bleibt er nicht lange. Nach einem Augenblick schon wendet er sich den ganz praktischen Problemen der Menschen auf dem Kontinent zu. Er beklagt Angriffe auf Menschenrechte und Demokratie zugunsten einer diktatorischen Stabilität in vielen Ländern. Wie die vor Ort begründet wird, erläutert er den Zuhörerinnen und Zuhörern mit dem Zitat eines Politikers aus Burundi: „Brauchen wir drei Parteien oder drei Mahlzeiten?“
Grill ist ein Experte, ein Weiser vielleicht sogar, der subjektive Erfahrungen mit objektiven Informationen vermischt und daraus die Porträts der afrikanischen Länder kreiert. Er blickt hinter die Fassaden des romantischen Bildes von roten Sonnenuntergängen über der Steppe, lässt sich aber auch nicht von der negativen Nachrichtenspirale rund um Militär-Coups und Hungersnöte vereinnahmen.
Viele Fragen aus dem Publikum
Grill ist ein Mann, dem die Menschen zuhören. Weil sie wissen, dass sie lernen werden. Und so dauert die Veranstaltung beinahe bis 22.30 Uhr, fast drei Stunden – so viele Fragen haben die Menschen nach der Lesung noch an den Afrika-Experten. „Da kamen wirklich Fragen von Corona über Wirtschaft bis zu Kriminalität“, resümiert Andreas Hack. „Es war für alle Beteiligten ein rundherum gelungener Abend.“
Eine besonders erwartete Lesung wird Ende November stattfinden. Am 29. liest Christine Westermann aus ihrem neuen Buch. Los geht es um 19.30 Uhr, ebenfalls im Alldiekunst-Haus. Organisiert wird auch diese Lesung von der Buchhandlung Kape.