Velbert. Beim Sanieren der Alten Kirche wurden weitere Schäden entdeckt. Die Kosten steigen. Aber die ev. Kirchengemeinde Velbert erfährt viel Solidarität

Wer die Sanierung eines richtig alten Gebäudes in Angriff nimmt, der öffnet dabei häufig auch eine Art Wundertüte, in der mitunter böse Überraschungen stecken. Genau das erlebt und erleidet seit Monaten die ev. Kirchengemeinde Velbert, die sich Anfang des Jahres daran gemacht hat, ihrer denkmalgeschützten Alten Kirche im Herzen der Stadt die vor geraumer Zeit entdeckten Feuchtigkeitsschäden auszutreiben. Nach dem Öffnen der Wand hinter der Orgel wurden dort nämlich von Schimmel und Schwamm befallene, tragende Holzbalken sichtbar. Und oben auf dem Dach trat eine gravierende Zerstörung zutage, die wann auch immer vermutlich ein Blitzschlag verursacht hat. Aber die Gemeinde erfährt ganz aktuell auch eine tolle Solidarität: über alles sonst eher Trennende hinweg bei ihren „Orgel-Pfeifen-Patenschaften“.

Velberter Schwestergemeinde war der Anstifter

Nach der Übergabe der Urkunden war natürlich ein Gruppenbild fällig: (v. li.) Hans Osthoff, Wolfgang Schneider, Maret Schmerkotte, Gisbert Punsmann, Marie-Luise Voswinkel, Michael Oberländer, Petra Uphoff und Frank Uphoff.
Nach der Übergabe der Urkunden war natürlich ein Gruppenbild fällig: (v. li.) Hans Osthoff, Wolfgang Schneider, Maret Schmerkotte, Gisbert Punsmann, Marie-Luise Voswinkel, Michael Oberländer, Petra Uphoff und Frank Uphoff. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Angezettelt“ haben dieses außergewöhnliche Solidaritäts- und Freundschaftszeichen die bekannt rührige kath. Schwestergemeinde St. Michael und Paulus und ihr Pastoralreferent Gisbert Punsmann. Ausgehend von dieser Initiative haben sich sechs Velberter Kirchengemeinden entschlossen, jeweils eine „Orgel-Pfeifen-Patenschaft“ für die Alte Kirche zu übernehmen. Und so stellte Wolfgang Schneider jetzt bei einem kleinen feierlichen Akt in der „Baustelle Alte Kirche“ entsprechend viele Dank- bzw. Ehrenurkunden aus. Dazu gab’s ein Gläschen Sekt. „Orgel macht Freude. – Wir ziehen alle Register. Ziehen Sie mit!“ stand auf den Etiketten der Flaschen.

Erst die Balken erneuern

„Wir lassen uns was richtig Schönes einfallen, wenn die Orgel wieder bespielbar ist“, versprach der Vorsitzende des Presbyteriums und erläuterte, dass die Patenschaften virtuelle seien: „Die Pfeifen sind nicht Personen zugeordnet.“ Die Gemeinde habe ihr Ziel, mittels der Paten-Spenden 50.000 Euro zusammen zu bekommen, noch nicht erreicht, bilanzierte Baukirchmeister Frank Wünsche am Rande der Veranstaltung. Beim Spenden-Aufkommen handele es sich zumeist um Gaben von bis zu 100 Euro; ab 400 Euro werde eine Urkunde ausgestellt. Die Orgel-Rückkehr hänge vor allem von der Erneuerung der erwähnten Balken ab. „Aber Buchenholz ist kaum zu kriegen.“

Orgel abgebaut und in Bonner Werkstatt gebracht

Das alte Orgel-Gehäuse ist zurzeit leer; die von Schimmel befallene, 1869 eingeweihte Ibach-Orgel, deren in die Jahre gekommenen Mechanik, Blasebälge etc. „arg leiden“ (Schneider), ist abgebaut und zur Sanierung in der Bonner Werkstatt des renommierten Orgelbauers Klais. Die bei dem Instrument notwendigen Arbeiten seien ein großes Teilprojekt der gesamten Kirchen-Sanierung, sagt der Presbyteriumsvorsitzende und beziffert es auf ca. 220.000 Euro.

Mittlerweile bei 600.000 Euro angekommen

Das große Außengerüst ist mittlerweile schon zum Großteil abgebaut. Aber an eine Wiedereröffnung ist derzeit vor dem Frühjahr 2023 nicht zu denken.
Das große Außengerüst ist mittlerweile schon zum Großteil abgebaut. Aber an eine Wiedereröffnung ist derzeit vor dem Frühjahr 2023 nicht zu denken. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Schimmelschäden an der Orgel waren übrigens bloß die Spitze eines Eisbergs und ursprünglich nur der Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen, bei denen man auf ein sehr problematisches Innenklima stieß, man Schäden an Mauern, Dach und Fenstern feststellte. Anfangs wurde der Aufwand für die Restaurierung und Sanierung auf insgesamt 340.000 Euro taxiert und später auf 450.000 Euro erhöht. Nach jetzigem Stand werden allerdings 600.000 Euro veranschlagt. Der Förderantrag ans Land sei abschlägig beschieden worden, teilt die Kirchengemeinde mit. Hingegen habe der Bund 170.000 Euro zugesagt und bewilligt.

Einst war sie die Neue

Das Gotteshaus am Offersplatz ist im November 1769 fertiggestellt worden – verfügt aber eigentlich über eine gut und gerne 1000 Jahre zurückreichende (Vor-)Geschichte – und war so lange die neue Velberter Kirche, bis sie mit Vollendung der dann noch viel neueren Christuskirche ab 1910 die Alte Kirche wurde.

Wiedereröffnung nicht vor dem Frühjahr

Die Alte Kirche ist nunmehr schon seit langer Zeit eine Baustelle und kann für das Gemeindeleben nicht genutzt werden. Mit einer Wiedereröffnung der Alten Kirche sei nicht vor dem Frühjahr 2023 zu rechnen, heißt es offiziell. Sie sei sinnstiftend für die christliche Gemeinschaft in Velbert, findet Gisbert Punsmann und wundert sich darüber, dass die Alte Kirche bei der Auflistung lokaler Sehenswürdigkeiten viel zu selten genannt werde. Das Solidaritäts- und Freundschaftszeichen der Schwester- und Brudergemeinden sei ein Beitrag dazu, damit die Kirche noch einmal 1100 Jahre „in Pracht und Schönheit“ bestehen könne.

Spenden sind noch bitter nötig

Die Beteiligten an der Freundschaftsaktion sind die kath. Kirchengemeinde St. Michael und Paulus, die ev.-freikirchliche Gemeinde Velbert-Mitte (EFG Hofstraße), die Neuapostolische Kirche Velbert-West und Velbert, die Christus Gemeinde Velbert (CGV/Bahnhofstraße), die ev.-methodistische Kirche Velbert und die ev. Kirchengemeinde Velbert-Dalbecksbaum.

Wer ebenfalls noch „mitziehen“ und spenden möchte, wendet sich an Pfarrer Martin Schmerkotte, 02051 3126165, E-Mail an martin.schmerkotte@kirche-velbert.de, oder schaut auf der Homepage der ev. Kirchengemeinde Velbert nach.