Langenberg. Die Berliner Vocaphoniker sind zu Gast im Alldiekunst-Haus Langenberg und zeigen einen Querschnitt aus dem Schaffen Friedrich Holländers.

Es ist eine kleine Premiere für Inka und Roger Pabst und ihre Berliner Vocaphoniker. Denn zum ersten Mal tritt das Ensemble „im Westen auf“, sagt Inka Pabst lachend. Im Alldiekunst-Haus sind die Vocaphoniker mit mit „20 Jahre Revue Friedrich Holländer“ zu Gast – am kommenden Freitag, 10. Juni, ab 19.30 Uhr.

„Tatsächlich haben wir mit der Revue schon im Oktober 2021 zum 125. Geburtstag von Friedrich Holländer Premiere gefeiert“, blickt die Mit-Initiatorin des Projekts zurück. „Aber über Winter haben wir mit diesem Programm pausiert und waren mit anderen Sachen unterwegs.“

Zurück in die „Goldenen Zwanziger“

Insgesamt 28 verschiedene Kostüme präsentiert das Ensemble der Berliner Vocaphoniker beim Auftritt in Langenberg, alle von der eigenen Kostümbildnerin bearbeitet oder umgeändert.
Insgesamt 28 verschiedene Kostüme präsentiert das Ensemble der Berliner Vocaphoniker beim Auftritt in Langenberg, alle von der eigenen Kostümbildnerin bearbeitet oder umgeändert. © Berliner Vocaphoniker

Seit April aber geht es auf der Bühne wieder zurück in die 1920er Jahre, die „Goldenen Zwanziger“, acht Auftritte haben die Vocaphoniker schon hinter sich. Nun also bei Alldie. In Langenberg. „Ja“, sagt Inka Pabst, „ganz zufällig haben wir diese Wahl nicht getroffen.“ Denn ihr Mann Roger, Sänger der Vocaphoniker, sei auch schon als Frank Sinatra unterwegs gewesen. „Daher kannte er die Veranstalter.“

Wer am Freitag an die Wiemerstraße komme, könne sich über einen Querschnitt aus Friedrich Holländers künstlerischem Schaffen freuen, wirbt Inka Pabst. „Wir starten 1919, als er seine erste Frau kennenlernt.“ Danach geht es auf Reise, zu den Stationen im Leben des deutschen Kabarettisten, Musikdichters und Revue- und Tonfilmkomponisten.

Reise durch Holländers Lebensstationen

„Wir gehen mit ihm nach Paris, flüchten über den Atlantik in die USA und bleiben in Hollywood.“ Die Musik Holländers klinge entsprechend immer anders. „Anschließend kehren wir mit ihm nach Deutschland zurück.“ Was weniger bekannt sei: Holländer schrieb auch Filmmusik, unter anderem für „Das Spukschloss im Spessart.“

„Das ist schon Boogie Woogie“, sagt Inka Pabst, „etwas, was man ihm vielleicht gar nicht zuschreiben würde.“ Damit ende dann aber auch die Reise – und das Konzert, „denn das war seine letzte Arbeit.“

„Mehrfach genialer Künstler“

So viel zum Programm. Doch wieso steht überhaupt der 1896 geborene Holländer so im Fokus ihrer Arbeit? „Ich bin selber Schauspielerin“, sagt Inka Pabst, „und es gibt wohl keine singende Schauspielerin, keine Diseuse, die ihm nicht aus der Hand frisst.“

Die Berliner Vocaphoniker begeben sich in ihrem Programm auf eine musikalische Reise zu den Stationen von Friedrich Holländers Lebensweg.
Die Berliner Vocaphoniker begeben sich in ihrem Programm auf eine musikalische Reise zu den Stationen von Friedrich Holländers Lebensweg. © Berliner Vocaphoniker

Holländers Arbeiten seien in mehrfacher Hinsicht „einfach genial“, fährt sie fort. „Die Musik ist toll, aber auch seine Texte. Er gibt starken und selbstbewussten Frauen eine Bühne.“ Dabei sei sie in ihrer Jugend eher zufällig über ihn gestolpert – „über Tucholsky bin ich auf Holländer gekommen“, erinnert sich Inka Pabst.

Vielseitigkeit eines Komponisten

Als es dann darum ging, Leben und Arbeit des Komponisten umzusetzen habe sie gemerkt, „dass die Musik viel, viel größer ist, als dass wir das mit nur einem Musiker würdigen könnten.“ Und so sei die Idee einer Revue entstanden, „in der Instrumentalisierung mit Tuba und Saxophon, mit Flöte und Klarinette, mit einem kleinen Schlagzeug und Gitarre.“

Das Ensemble wolle so musikalisch zeigen, „wie vielseitig der Mann gewesen ist.“ So entstehen 2019 die Berliner Vocaphoniker „und wie alle, die sich mit Musik beschäftigen, haben wir gedacht, dass es 2020 so richtig abgehen wird“, erinnert sich Inka Pabst.

Corona sorgt für einen Schnitt

Alexandra Broneske (links) singt, Inka Pabst (Mitte) hat das Projekt der Vocaphoniker mitinitiiert und ist „singende Schauspielerin“, Juliane Kissner (r) schließlich ist mit dem Saxofon dabei.
Alexandra Broneske (links) singt, Inka Pabst (Mitte) hat das Projekt der Vocaphoniker mitinitiiert und ist „singende Schauspielerin“, Juliane Kissner (r) schließlich ist mit dem Saxofon dabei. © Sylvia Chybiak

Doch dann kam Corona „und wir konnten doch nicht ein Jahr später mit exakt dem gleichen Programm starten“, sagt sie lachend. Also „haben wir uns zu seinem Geburtstag neu definiert.“ Mit Erfolg, denn, so sagt es Inka Pabst, „eine Holländer-Revue in der Besetzung gibt es nirgendwo.“

Der Altmeister selbst ist ebenfalls dabei. „Wir haben einen O-Ton von ihm: Er liest als schon alter Mann aus seiner Autobiografie vor.“ Ein Experiment, denn das Publikum werde gefordert. „Mehrere Minuten zuhören, das ist relativ lang“, meint Inka Pabst.

Beeindruckendes Zeitzeugnis

Doch die Stelle sei aktueller denn je, denn Holländer liest aus dem Kapitel, in dem es um seine Fluchterfahrung geht, als er Anfang der 1930er vor den Nationalsozialisten zuerst nach Paris, später weiter in die USA flüchtet.

„Das bricht einem das Herz“, beschreibt Inka Pabst das Gefühl, der Stimme, der Geschichte zu lauschen. „Man wird Zeuge, was Flucht für einen Menschen bedeutet.“ Auf der Bühne passiere in den Minuten nichts, „aber bislang hat das Publikum positiv bis beeindruckt auf diese Stelle unseres Programms reagiert.“

Das Ensemble der Vocaphoniker

Die Gründung der Berliner Vocaphoniker geht auf Inka und Roger Pabst zurück, die auch beide Teil des Ensembles sind.

Neben Sänger Roger Pabst und Schauspielerin Inka Pabst sind dabei: Alexandra Broneske (Gesang), Juliane Kissner (Saxofon), Torsten Knoll „Piano/Akkordeon) und Stefan Pahlke (Tuba).

Karten für die Vorstellung im Alldiekunst-Haus am Freitag, 10. Juni, gibt es zum Preis von 25 Euro (ermäßigt 22 Euro) im Vorverkauf über alldiekunst.com oder jeweils drei Euro teurer an der Abendkasse.