Velbert. Vor 70 Jahren gründete sich in Velbert die Schlesische Landsmannschaft. Heute hat sie 265 Mitglieder, einige haben gar keine schlesischen Wurzeln.

Dieser Verein hat keine Nachwuchssorgen: Der Ortsverband Velbert der Landsmannschaft Schlesien freut sich immer wieder über junge Mitglieder. Der Vorstand hat ein Durchschnittsalter von 44 Jahren, betont Damian Spielvogel, der Vorsitzende der Landsmannschaft nicht ohne Stolz. 70 Jahre alt ist der Verein Ende des abgelaufenen Jahr geworden. Richtig gefeiert werden konnte das – natürlich wegen Corona – nicht wirklich. Aber immerhin war der Verein in der Lage eine Festschrift vorlegen, die die vergangenen 70 Jahre Revue passieren lässt.

Waren die Schlesier, die nach dem zweiten Weltkrieg nach Velbert gekommen waren, zunächst ein Teil der Interessengemeinschaft der Ostvertriebenen in der Schlossstadt, rief Oberin Meta Friedmann dann 1951 die „Schlesische Landsmannschaft“ ins Leben. 1954 schloss man sich der Landesgruppe der Schlesier in NRW an.

Landsmannschaft zählt 265 Mitglieder in Velbert

Seit 2002 steht Damian Spielvogel an der Spitze der Landsmannschaft in Velbert, die hier 265 Mitglieder zählt. Er freut sich sehr darüber, dass immer wieder auch neue Mitglieder gewonnen werden können, die keinerlei familiären Bezug zu Schlesien haben, sich aber über die Aktivitäten des Vereins freuen. Viele von ihnen bekleiden mittlerweile sogar Vorstandsposten. Damian Spielvogel drückt es so aus: „Die Landsmannschaft versteht sich als einen junge dynamische Gruppe mit vielen Aktivitäten, bei denen Tradition und Geselligkeit im Vordergrund stehen. Wir sind in Velbert keine ,schlesische Alt-Veteranen-Vereinigung’, sondern eine Gruppe, die zukunftsweisend und bestimmend nach vorne schaut“.

Bei der Mutter Anna Wallfahrt in Neviges treten viele Schlesier in traditionellen Bergmannsuniformen auf.
Bei der Mutter Anna Wallfahrt in Neviges treten viele Schlesier in traditionellen Bergmannsuniformen auf. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Treffen mit einem Programm für die Kinder

„Bei uns gibt es keine regelmäßigen Treffen, wir konzentrieren uns auf Geselliges“, führt Spielvogel im Gespräch mit der WAZ weiter aus. Man habe die geselligen Treffen auf die Wochenenden gelegt, so dass auch jüngere Menschen, die im Berufsleben stehen, daran teilhaben können. Zudem bemühe man sich stets auch ein Kinderprogramm anzubieten, so dass sich auch Familien bei den Veranstaltungen wohlfühlen. Das Konzept scheint anzukommen, wie man am Interesse der jungen Leute erkennt.

Damian Spielvogel steht seit 2002 an der Spitze der Schlesier in Velbert.
Damian Spielvogel steht seit 2002 an der Spitze der Schlesier in Velbert. © Spielvogel

Die Verehrung der Heiligen Barbara

Die Schlesier bemühen sich die Traditionen ihrer alten Heimat und ihrer neuen in Velbert zu verknüpfen. So wurde im Jahr 2006 erstmals ein Gottesdienst zu Ehren der Heiligen Barbara in der Kirche Sankt Don Bosco gefeiert. Der Gottesdienst zu Ehren der Schutzpatronin der Bergleute – jeweils am 1. Adventssonntag – wurde nicht zufällig in der Birther Kirche gelegt, denn das Gotteshaus ist auf der Fläche eines ehemaligen Bergwerks gebaut. So wird der schlesische Steinkohlebergbau mit der fast vergessenen bergmännischen Tradition Velberts verknüpft. Vereinsmitglieder ziehen dann traditionelle Bergmannsuniformen an, die Frauen hüllen sich in schlesische Trachten, die nach alten Vorbildern genäht werden.

Eine Wallfahrt nach Neviges

Ebenfalls eine jüngere Tradition ist die Mutter-Anna-Wallfahrt nach Neviges, die 1995 ins Leben gerufen wurde. Ein älterer Oberschlesier aus Neviges hatte sie angeregt. Eigentlich pilgerten die Schlesier der Umgebung nach Haltern zum westfälischen Annaberg, der sie an den oberschlesischen St. Annaberg erinnerte. Doch gerade für ältere Menschen war diese Wallfahrt beschwerlich. Und aus dem Familiengottesdienst im ersten Jahr entwickelte sich im Lauf der Jahre eine Großwallfahrt zu der extra ein Bäcker, ein Metzger und ein Getränkestand geordert werden mussten, um die große Zahl der Pilger versorgen zu können.

<<<Vertriebene Schlesier

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden rund zwölf Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben.

Mit rund 3,25 Millionen Menschen, stammte die größte Gruppe aus der Region Schlesien, die aufgrund der Nachkriegsordnung an Polen fiel. Rund 2,9 Millionen Deutsche wurden aus der Tschechoslowakei vertrieben.