Velbert. Dabei helfen, Probleme von Schülern kleiner zu machen – darum geht’s bei Schulsozialarbeit. Die Stadt Velbert sortiert und organisiert sie neu.
Bisher wusste die rechte Hand mitunter gar nicht so recht, was die linke gerade tat. Das Thema Schulsozialarbeit war in der Verwaltung nirgends richtig angedockt, übrigens auch gesetzlich nicht. Es gab einen „Flickenteppich der Zufälligkeiten“, sagt Gerno Böll, nennt hierzu beispielhaft Finanzierung und Anstellungsverhältnisse. „Keiner weiß so richtig, was wo passiert.“ Deshalb, so der zuständige Dezernent, habe es den Impuls aus der Fachverwaltung gegeben, das Ganze in der Stadt Velbert „jetzt endlich mal zu systematisieren“. Die Schulsozialarbeit werde nunmehr im Jugendhilfedienst angedockt. Zudem würden drei Stellen eingerichtet.
Koordinieren und Rahmenkonzept für Velbert entwickeln
Zwei Stellen seien schon besetzt; eine halbe Stelle sei dafür vorgesehen, die Koordinierung zu übernehmen und ein Rahmenkonzept zu entwickeln, erläuterte der Erste Beigeordnete auf WAZ-Anfrage weiter. Man werde u. a. einen Überblick darüber schaffen, wer eigentlich was mache und wie man das verbinden könne. „Wir erfinden uns quasi neu.“ Anfang kommenden Jahres will die Verwaltung das Thema im Jugendhilfeausschuss des Stadtrates auf den Tisch bringen.
Stadt profitiert vom Landesprogramm
„Wir wollen die Politik, die Eltern und die Schulen mitnehmen“, kündigt Gerno Böll an und erläutert, dass es zu den Schritten, die jetzt vor Ort in Angriff genommen werden, eine entsprechende Empfehlung der Landesjugendämter gebe. Bei ihrem Vorhaben macht sich Velbert die Zuweisung von Stellenanteilen dank des Landesprogramms namens „Vast vasteste – Hand in Hand in NRW – Schulmeditation für neu zugewanderte Kinder aus Südosteuropa und Kinder in vergleichbaren Lebenslagen“ zunutze. „Wir nehmen als eine der wenigen Städte im Land daran teil“, erzählt Astrid Keßler, im Rathaus Abteilungsleiterin Soziale Dienste.
Mehr als ein dutzend Stellen
Schulsozialarbeit ist etwa in den Grundschulen Kastanienallee, Bergische Straße und Tönisheide Tag für Tag gängige Praxis; über die drei erwähnten Stellen hinaus existieren schon rund zehn weitere. Da wären die vier vom BuT-Team („Bildung und Teilhabe“), da sind andere Schulsozialarbeiter im Rahmen multiprofessioneller Teams im Einsatz, da gibt es Landesbedienstete und einen über das Kreis-Schulamt.
Nicht in die Lehrerrolle verfallen
Doch was ist eigentlich Schulsozialarbeit? „Der Versuch, soziale Arbeit in die Schule zu bringen ohne in die Lehrerrolle zu verfallen“, lautet die Definition von Kurt Groll. Der Dipl.-Sozialwissenschaftler arbeitet in der Martin-Luther-King-Hauptschule und ist dort fest in den Stundenplan eingebaut. Nach 14 Tagen habe er jede Klasse gesehen, sagt er und erzählt, dass es um die Begegnung mit den Schülern gehe, den Aufbau von Beziehungen: „Sie müssen mich erst kennen und mir vertrauen.“ Er unterliege der Schweigepflicht.
Probleme kleiner machen
Hauptthema sei das soziale Lernen. Dafür schaffe er Situationen und Erlebnisse, damit die Jungen und Mädchen schauen könnten, wie sie sich eigentlich verhielten und ob das überhaupt so okay sei. „Das ist ein schöner Beruf“, betont Kurt Groll, „mit ihnen arbeiten und dabei helfen, ihre Probleme kleiner zu machen.“ Man kriege aber nicht einfach Respekt, bloß weil man Erwachsener sei. „Den muss man sich verdienen und auch den Kindern entgegenbringen.“
Freiwillig, aber fachlich notwendig
Markus Hackethal betont, dass es sich um eine freiwillige Leistung handele. In einem Atemzug unterstreicht der Fachbereichsleiter für Jugend/Familie/Soziales allerdings die „eindeutige fachliche Notwendigkeit“. Die Schulsozialarbeiter könnten jetzt auf andere Mitarbeiter zurückgreifen und hätten endlich kurze Wege. Schließlich gehören zu der breiten Palette des Jugendhilfedienstes Dinge wie Hilfen zur Erziehung, Kinderschutz, Jugendgerichtshilfe, Trennung- und Scheidungsberatung, Schulpsychologen oder auch die Erziehungsberatungsstelle.
Nicht länger Einzelkämpfer
Eine Frage des Vertrauens
In früheren Jahren haben im Grunde Vertrauenslehrer sowie besondere Lehrkräfte so etwas wie Schulsozialarbeit geleistet.
„Die Vielfalt der Problematiken hat aber zugenommen, das lässt sich nicht einfach so nebenher abhandeln und erledigen“, erklärt Fachbereichsleiter Markus Hackethal die Entwicklung hin zur Spezialisierung und Professionalisierung.
Kurt Groll gefällt die fachliche Anbindung. „Künftig vereinzelt niemand mehr“, man könne die vorhandenen Ressourcen nutzen und sich leichter Projektmittel erschließen, etwa für Trainings. So laufe an der Hauptschule das mit 24.000 Euro unterstützte Projekt „Werte erleben“. „Das hätte ein Einzelner nie an Land gezogen.“ Böll zusammenfassend: „Ich finde, das Ganze ist schon ein großer Wurf.“
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