Velbert. Barrierefreiheit der neuen Applikation lässt zu wünschen übrig. Wie die Technischen Betriebe Velbert (TBV) auf die Kritik reagieren.

„Die frühere ‚My-Müll-App’ hat mit der Voice-Over-Hilfe meines iPhones funktioniert, die neue TBV-App aber nicht“, sagt Tamara Ströter. Sie ist sehbehindert und deshalb auf die Vorlesefunktion ihres Telefons angewiesen. „Ich habe der Stadt schon Feedback gegeben, aber da kam nichts. Ich hatte das Problem bei der Fitbit-App [einer Sport-Anwendung; Anm. d. Red.], aber denen schreibe ich und die beheben das dann sofort mit dem nächsten Update.“ Tamara Ströter ist Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins für den Kreis Mettmann.

So einfach ist das bei der neuen TBV-App nicht. „Die App basiert auf unserem Betriebsmanagementsystem“, sagt Kevin Orlando, Teamleiter des Service-Centers bei den TBV und verantwortlich für die neue App. „Das ist aber nicht barrierefrei, weil es das für den internen Gebrauch jahrzehntelang nicht sein musste.“ Jetzt, wo die App ins Leben gerufen wurde, versuchen die TBV aber im nächsten Schritt, ihr Betriebsmanagementsystem barrierefrei zu gestalten – und somit auch die App. „Wir haben sie zusammen mit einem Softwarehaus entwickelt, sind da aber auch Vorreiter. Die Software-Firma hat noch keine Erfahrungswerte und hat dementsprechend nichts in der Schublade liegen, wie man das alles schnell barrierefrei machen könnte. Wenn das ginge – ich würde es sofort tun.“

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Neue TBV-App explizit für Velbert kreiert

Orlando ist die ernsthafte Sorge um die Barrierefreiheit der App anzumerken. Und er ist ehrlich, wenn er über sie spricht: „Die ‚My-Müll-App’ ist keine spezifische Velbert-App, sondern wird von vielen Kommunen in Deutschland genutzt, weshalb sie viel einfacher barrierefrei gemacht werden kann – die TBV-App hingegen ist eine App, die explizit für Velbert kreiert wurde. Sie ist einfach zu klein, um direkt perfekt barrierefrei zu sein – wir haben da schließlich alles quasi selbst entworfen. Ob die App jemals zu 100 Prozent barrierefrei sein wird, kann ich nicht versprechen.“

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Denn wenn die komplette und allumfängliche Barrierefreiheit etwa – und das ist wohl eine reine Beispiel-Summe – 100 000 Euro kosten würde, sagt Orlando, aber nur 0,1 Prozent der Nutzer beträfe, könne man die „hohen Kosten dem Gebührenzahler wohl kaum vermitteln“.

Trotzdem arbeiten die TBV an dem Problem. „Wir müssen jetzt abstecken, wie viel Geld wir bereitstellen müssen und wie viel Aufwand das ist. Unser Bestreben ist es natürlich, diese App barrierefrei zu machen, aber ob wir das bei allen Modulen hinbekommen, wissen wir nicht.“ Die Arbeit dazu habe Ende Juni begonnen, „aber selbst, wenn ich optimistisch denke, glaube ich nicht, dass wir da früher als in einem Dreivierteljahr erste Ergebnisse sehen“, sagt Orlando.

In allen App-Stores

Seit Ende 2020 ist die TBV-App in allen gängigen App-Stores verfügbar. Hintergrund war laut Orlando der Wunsch, neue Kommunikationswege zu schaffen.

„Wir können es jungen Menschen doch nicht zumuten, eine Sperrmüllkarte kaufen zu müssen, drei Wochen zu warten und dann die Bestätigung postalisch zu bekommen – das muss schneller gehen.“

Ströter: TBV-App ist nicht nutzbar

Tamara Ströter hilft das nicht. Aktiviert sie die Vorlesefunktioniert, liest ihr iPhone nicht die Namen der Module vor (etwa „Standorte“ oder „Aktuelles“), sondern sagt immer nur „Taste“, „Taste“, „Taste“. „Das ist so schlecht, schlechter geht es gar nicht“, sagt Ströter. Und in der Tat: Für sie ist die App quasi nicht nutzbar. „Es ist natürlich auch mein eigenes Bestreben, die bestmögliche Zufriedenheit zu erreichen“, sagt Orlando, „weshalb wir daran arbeiten, die App bestmöglich nutzbar zu machen. Im Zweifel gibt es aber vielleicht ein paar Dienste, die nicht vollumfänglich nutzbar gemacht werden können – das tut mir auch total leid“.

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