Velbert. Nach seinen erfolgreichen „Bilderbüchern“ beschäftigt sich Manfred Bolz nun mit bedeutsamen Häusern in Velbert. Den Anfang macht das Rathaus.
Vor ganz langer Zeit, als noch niemand das Wort Homeoffice kannte, geschweige denn Pandemie-bedingt so etwas arbeitstäglich praktizierte, da hatte der damalige Bürgermeister von Velbert keine Amtsräume, sondern arbeitete tatsächlich zuhause in den eigenen vier Wänden. Und die Gremien, die tagten in Kneipen. Das änderte sich gründlich, als Velbert dank emsigen Bürger-Engagements anno 1839 sein erstes Rathaus in Betrieb nahm. Das stand an der Ecke Kirch-, heute Kolpingstraße, und Friedrich-, zu jenen Zeiten Essen-Solinger-Straße (heute Rexhausen). Manfred Bolz ist ganz tief in die Geschichte der Rathäuser in Velbert-Mitte eingetaucht, und der Scala-Verlag hat daraus sein neues Buch „Das Velberter Rathaus – Planung, Bau und Umbauten im Spiegel der Zeit, 1830 bis heute“ gemacht. Im handlichen, quadratischen Format.
Fassade geglättet und aufgestockt
Der Plural – Rathäuser – ist übrigens absolut gerechtfertigt. Nimmt man nämlich beide Standorte – den eingangs beschriebenen alten und den heutigen zwischen Friedrich-Ebert- und Thomasstraße –, dann sind es Bolz zufolge über die Jahrzehnte nicht nur drei, sondern eigentlich sogar vier Gebäude. So wurde 1930, als das damalige 1888 an der Thomasstraße eröffnete Rathaus einen Anbau bekam, auch der Turm errichtet, später die ursprünglich fein strukturierte Fassade geglättet, wurde dort aufgestockt, wo sich heute der Ratssaal „Saal Velbert“ befindet. 1892 entstand gleich nebenan das Amtsgericht, das mittlerweile längst fest mit dem Rathaus verbunden ist.
Abschnitte sind sichtbar und erlebbar
Die verschiedenen Stufen bzw. Kapitel des Werdegangs sieht man den einzelnen Trakten nicht nur auf Anhieb an, man erlebt sie innen auch als Besucher an diversen auffälligen Übergängen, Höhenunterschieden sowie sich trotz Beschilderung nicht immer auf Anhieb erschließenden Wegebeziehungen. Der Ratssaal ist nicht gerade leicht, und schon gar nicht wirklich barrierefrei zu erreichen. Der ohnehin zu kleine Fahrstuhl reicht nicht bis ganz oben.
Die Stadt aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Das Rathaus-Buch ist der siebte Band der Reihe „Velbert im Quadrat“ aus dem „Scala-Verlag“. Sie begann mit „Langenberger Stimmungen“ von Hans-Dieter Conze und betrachtet jeweils Velbert und seine Stadtteile aus unterschiedlichen Blickwinkeln.Der Band von Manfred Bolz umfasst 80 Seiten und kostet 22 Euro. Er ist wie alle in dem Verlag erschienenen Bücher im örtlichen Buchhandel und im hauseigenen „Scala Shop“ an der Werdener Straße 45 bzw. über den zugehörigen Online-Shop erhältlich
Erstling liegt über zehn Jahre zurück
2010 habe man Bolz erstes Bucht vorgestellt, erinnerte Dr. Jutta Scheidsteger bei der Präsentation des druckfrischen Neuen. Das war „Velbert in alten und neuen Bildern“, zwei weitere sollten folgen, „wir mussten den letzten nachdrucken, weil er schon wieder vergriffen war“, berichtet die (Mit-)Geschäftsführerin des Velberter Scala-Verlags und historisch bewanderte Verlegerin. Im Mai habe der Autor – der bekannte CDU-Kommunalpolitiker ist gut 35 Jahre lang im Rathaus ein- und ausgegangen – mit seinem neuen Manuskript angeklopft.
„Bilderbücher“ sind sehr begehrt
Bolz erinnert sich noch gut an den Vorwurf, „ja bloß Bilderbücher“ zu machen. Jetzt, da er sich stadtbildprägenden Gebäuden bzw. historisch bedeutsamen Häusern zuwendet, gibt’s von ihm deutlich mehr Text – aber dazu auch eine Menge bis dato unveröffentlichter und nicht bekannter Bilder. Scheidsteger: „Wir hatten natürlich einen Riesen-Fundus.“
Nebenbei 100 interessante Dinge gefunden
Dem Verfasser ging es ausdrücklich darum, „nicht nur ein reines Geschichtsbuch“ zu machen, „sondern Zeitgeschichte und -geschehen mitaufzunehmen“. Und so manches, was er dabei an Animositäten, Protesten und Streitereien zwischen verschiedenen Akteuren entdeckt und notiert hat, wirkt mitunter erstaunlich aktuell und irgendwie Velbert-vertraut. Seine Hauptarbeit bei der Recherche sei die Zeitungslektüre gewesen, erzählt er. „Und Du liest daneben noch 100 andere interessante Dinge.“ Da heiße es, sich selbst zu disziplinieren und aufs eigentliche Thema zu konzentrieren. Gar nicht so leicht.
Künftig wohl weniger Arbeitsplätze
Der Wandel des Rathauses, er wird weitergehen. Damit sind nicht nur die Konsequenzen der baulichen Untersuchung und Analyse der vorhandenen Substanz gemeint, deren gesamte Heizungsanlage beispielsweise eigentlich erneuert werden müsste, wie Bolz anführt. Vielmehr will Dirk Lukrafka nicht zuletzt unter dem Homeoffice-Aspekt die Arbeitsplatz-Verhältnisse und -Bedingungen betrachten und daraus Schlüsse ziehen. „Man wird mit weniger auskommen können“, meint der Bürgermeister, erwähnt zudem den schwer zugänglichen Ratssaal. „Man kann es nicht so belassen, wie es jetzt ist.“