Neviges/Langenberg. Die S 9 zwischen Essen und Wuppertal bleibt nach dem Hochwasser noch Monate lang gesperrt. Die Schäden seien immens, so ein Bahnsprecher.

Schlechte Nachrichten für alle Bahnfahrer: Die S 9 von Wuppertal nach Essen, die unter anderem in Neviges-Mitte, Rosenhügel, in Langenberg und Nierenhof hält, wird voraussichtlich lange ausfallen, wie ein Bahnsprecher erklärt: „Im Falle der S 9 müssen wir von Monaten sprechen.“ Zu massiv seien die Schäden nach dem Hochwasser. So hätten die Wassermassen auf dieser Strecke die Schalthäuser an fast allen Bahnübergängen zerstört. Für die ausfallenden Züge sind ersatzweise Busse im Einsatz. In der ganzen Hochwasser-Region wurde das Bahnnetz bis ins Mark getroffen.

Flut zerstörte die Infrastruktur

„In dieser Dimension wurde unsere Infrastruktur noch nie auf einen Schlag zerstört. Wir stehen vor einem gewaltigen Kraftakt.“ Dr. Volker Hentschel, Vorstand Anlagen- und Instandhaltungsmanagement der DB Netz AG, hat eine erste Bilanz des Unwetters von Mitte Juli gezogen: Dämme sind abgerutscht, Gleise unterspült, 50 Brücken sind schwer beschädigt, 180 Bahnübergänge, knapp 40 Stellwerke, mehr als 1.000 Oberleitungs- und Signalmasten, Energieanlagen sowie Aufzüge und Beleuchtungsanlagen in den Bahnhöfen sind betroffen. Im Ahrtal ist fast die gesamte Strecke verschwunden. So schlimm ist die Bahn zwischen Wuppertal-Vohwinkel und Essen-Steele zwar nicht betroffen, aber seit dem Starkregen am 15. Juli ruht der Bahnverkehr hier komplett.

Bache spülten Schotter fort

Über diese Gleise kann keine Bahn fahren: Unweit der Nierenhofer Straße an der so genannten „Hundebrücke“ haben reißende Bäche den Schotter weggespült. Die Betonschwellen hängen in der Luft, teilweise sind sie mit Holzbalken unterfüttert worden.
Über diese Gleise kann keine Bahn fahren: Unweit der Nierenhofer Straße an der so genannten „Hundebrücke“ haben reißende Bäche den Schotter weggespült. Die Betonschwellen hängen in der Luft, teilweise sind sie mit Holzbalken unterfüttert worden. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Im Langenberger Bahnhof schwappten die Wassermassen über die Gleise und hinterließen allerhand Treibgut. Nach Auskunft eines DB-Pressesprechers hat der Deilbach an zahlreichen Stellen das Schotterbett unter den Gleisen fortgespült. So zum Beispiel an der Nierenhofer Straße in Essen-Kupferdreh neben dem Aldi-Markt unweit der so genannten „Hundebrücke“: Dort wurde auf mehreren Metern der Schotter einfach weggeschwemmt, die Betonschwellen hängen in der Luft. Die Gleise wurden inzwischen notdürftig mit Holzbalken unterfüttert, damit Zweiwegebagger drüber fahren können. Verlässliche Aussagen zur Dauer der Sperrung möchte der Bahnsprecher nicht machen und deutet einen längeren Zeitraum an: „Im Falle der S 9 müssen wir von Monaten sprechen. Neben den genannten Schäden sind die Schalthäuser fast aller Bahnübergangsanlagen zerstört und müssen erneuert werden.“

Busse fahren als Ersatz

Der Schienenersatzverkehr startet unweit der S-Bahnhöfe, wie hier am Busbahnhof in Neviges-Mitte.
Der Schienenersatzverkehr startet unweit der S-Bahnhöfe, wie hier am Busbahnhof in Neviges-Mitte. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Im Auftrag des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) betreibt Abellio auf der Strecke die S 9 der S-Bahn Rhein-Ruhr und den „Wupper-Lippe-Express“ RE 49 von Wesel über Oberhausen – Essen – Langenberg – Neviges nach Wuppertal. Das Tochterunternehmen der Niederländischen Staatsbahn hat einen Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet, die ohne Halt zwischen Essen Hauptbahnhof und Wuppertal Hauptbahnhof unterwegs sind. „Für die S 9 fahren ebenfalls ersatzweise Busse“, so Abellio-Pressesprecherin Franka Spiekermann. „Die halten unmittelbar an den Bahnhöfen oder nahe gelegenen Haltestellen, in Nierenhof etwas entfernt vom Bahnhof an der Haltestelle „Nierenhof Schule“. An den Bahnhöfen gibt es Hinweise auf den Schienenersatzverkehr. Fahrgäste können sich auch im Internet über die aktuellen Fahrzeiten informieren („abellio.de“ und „vvr.de“).

Museumsbahn blieb unbeschadet

Eine der ersten Bahnstrecken

Zwischen Kupferdreh und Nierenhof fuhr eine der ersten Eisenbahnen Deutschlands: Vor 190 Jahren wurde die „Deilthaler-Eisenbahn“ durch Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen eingeweiht, die sich anschließend „Prinz Wilhelm-Bahn“ nannte.

Sie beförderte hauptsächlich Kohle von der Ruhr zu den Schmieden ins Bergische. Da die anfangs mit Eisen beschlagenen, hölzernen Schienen nicht die seinerzeit neuartigen Dampflokomotiven tragen konnten, wurden die Wagen bis 1847 durch Pferde gezogen.

Zwischen Wuppertal und Essen existiert inzwischen nur ein einziger Anschluss, das ist die Hespertalbahn, die an die Bedeutung der Eisenbahn für die Frühindustrialisierung erinnert. Die Museumsbahn ist nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel für Velberter, viele Niederberger sorgen ehrenamtlich dafür, dass die historischen Fahrzeuge rollen. „Wir haben durch das Unwetter keine Schäden erlitten“, sagt Pressesprecher Hans Hampel erleichtert. „Allerdings sind wir indirekt betroffen: Wir möchten die Museumstage im Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen im September unterstützen, jetzt ist unsicher, ob wir mit unserem Zug die Strecke nach Steele befahren können. Dafür haben wir uns entschlossen, in den Sommerferien einen zusätzlichen Betriebstag einzulegen, der ist am 15. August.“