Neviges. TV-Zuschauer kennen sie als Kunsthändlerin aus der Serie „Bares für Rares“. Wahres Glück empfindet Esther Ollick jedoch in ihrer Werkstatt.

An der Wand hängen Spachtel und Zangen in jeder Größe, die Schubladen sind bis oben hin voll mit Beschlägen, Ösen, Griffen. Schleifmaschine und Wasserwaage liegen griffbereit und inmitten dieses Sammelsuriums sitzt Esther Ollick und freut sich ihres Lebens. „Das ist so wunderbar. Ich bin hier in meiner eigenen Werkstatt und mache das, was ich am besten kann, nämlich Möbel aufarbeiten. Ja, ich bin hier glücklich, ohne Werkstatt bin ich kein Mensch.“ Bekannt ist Esther Ollick als eine der Kunsthändlerinnen aus der beliebten ZDF-Serie „Bares für Rares“. Dabei vermittelt Moderator Horst Lichter zwischen Anbietern, die Trödel und Antiquitäten verkaufen möchten, und Händlern. In ihrer Hinterhof-Werkstatt hier im Niederbergischen, genießt die Möbelaktivistin, wie sie sich nennt, fernab jeglichen Fernseh-Rummels ihren Freiraum. Immer an ihrer Seite: Vince, ein großer Mischlingsrüde.

Gelernte Raumausstatterin

Die kommen alle noch dran: Die Möbel, die Esther Ollick mit Sachverstand und Herzblut restauriert, stammen vom Sperrmüll.
Die kommen alle noch dran: Die Möbel, die Esther Ollick mit Sachverstand und Herzblut restauriert, stammen vom Sperrmüll. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Ich freue mich auf jeden davon“, sagt Esther Ollicks und zeigt auf die lange Reihe von Stühlen, die noch aufgepolstert, abgeschliffen, lackiert oder gebeizt werden. Ein simpler Holzstuhl aus den siebziger Jahren, ein edles Teil aus der Bauhaus-Zeit – und alle im Vorbeifahren entdeckt. „Ja ich bin eben die Sperrmüll-Tante. Anhalten, Klappe auf und rein. Aber ich frage natürlich erst immer, ob ich das mitnehmen darf.“ Etwas wieder zu verwerten statt es wegzuwerfen, das liegt Esther Ollick, die seit 2017 in 150 Sendungen bei „Bares für Rares“ dabei ist, besonders am Herzen. Als gelernte Raumausstatterin mit Liebe zum Vintage-Look weiß sie: „Man kann wirklich alles retten.“

Den eigenen Laden verkauft

Und alte Schätzchen seien nach wie vor Trend: „Ich hatte fünf Jahre lang in Köln einen eigenen Laden, meinen Retro Salon. In der Zeit hab ich mit meinen Mitarbeitern etwa 2500 aufgearbeitete Möbelstücke verkauft. Aber dann wurden wir mit der Zeit immer größer, ich kam gar nicht mehr dazu, selbst etwas zu machen. Das gefiel mir nicht mehr richtig.“ In jenem Jahr, indem sie bei „Bares für Rares“ einstieg, verkaufte sie ihren Laden – und fand kurz darauf diese Werkstatt im Hinterhof.

Überzeugte Möbelaktivistin

Mit ihren aufgearbeiteten Möbeln möchte Möbelaktivistin Esther Ollick ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.
Mit ihren aufgearbeiteten Möbeln möchte Möbelaktivistin Esther Ollick ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ein Glücksgriff, hier lässt sie ihrer Kreativität freien Lauf, und wenn sie ein alter Schrank oder Tisch so richtig packt, dann übernachtet die Möbelaktivistin auch schon mal inmitten ihrer Werkzeugkisten. Was heißt eigentlich Möbelaktivistin? Esther Ollick lacht, ihre graublauen Augen blitzen. „Ach, das war so: Ich hab im Radio einen Bericht über Umweltaktivisten gehört und dachte mir dabei: So etwas ähnliches mache ich ja auch. Ich rette Sperrmüll.“ Je länger sie darüber nachgedacht habe, umso besser habe sie sich gefühlt. „Klar, ich bin Aktivistin, ich tue Gutes, habe Freude daran und kann damit sogar ein bisschen Geld verdienen. Perfekt.“ Daher gilt ihr Motto, angelehnt an die Klima-Aktionen: „Friday for furniture“, also Freitag für Möbel.

Respekt vor dem Original

Buch erscheint im Oktober

Ruhe ist Esther Ollick bei ihrer Arbeit sehr wichtig. Daher wird auf ihren Wunsch die Örtlichkeit der Werkstatt nicht genannt.

Das Buch „Aufgemöbelt“, 144 Seiten, erscheint im Oktober im Frech Verlag. Ihre restaurierten Schätze verkauft Esther Ollick online auf www.esther-ollick.de. Mehr zu ihren Aktivitäten auch auf Instagram: esther_moebelaktivistin.

Esther Ollick kauft übrigens nie von Privat an, sondern geht ausschließlich selbst auf die Pirsch. Wie sie dann später an die Aufarbeitung herangeht, sei ganz individuell. „Bei Standard-Sachen mach ich auch mal was richtig Abgefahrenes. Aber einen Thonet-Liegestuhl, den würde ich niemals rosa lackieren, da habe ich Respekt vor dem ursprünglichen Zustand und den arbeite ich auch mit Respekt auf.“ Was man alles mit Omas alter Schrankwand anfangen kann und wie auch ein oller Sessel zu einem echten Blickfang wird, möchte die „Möbel-Aktivistin“ auch gern anderen vermitteln.

Neues Buch im Oktober

In ihrem neuen Buch „Aufgemöbelt“, das im Oktober erscheint, zeigt sie, was man aus 14 Sperrmüll-Schätzchen alles machen kann. „Und zwar wirklich Schritt für Schritt, ich erkläre nämlich total gerne, das macht mir Spaß. Da werden alle Grundlagen erklärt.“ Außerdem gibt sie im Herbst in Frankfurt einen Workshop zu diesem Thema. „Wenn mir etwa Omas rustikale Eichen-Schrankwand zu duster ist, schleife ich die erstmal ab. Schleifen ist ganz wichtig. Und mit dem hellen Holz kann ich dann alles machen.“ Nicht nur farbig lackieren, sich schräge Muster ausdenken, sondern auch so beizen, dass es wie ein edles Tropenholz aussehe. „Teak oder Palisander, alles ist möglich“, sagt Esther Ollick und lacht. „Und nichts muss weg.“