Langenberg. Zum Welttag des Buches hat sich die WAZ-Redaktion umgehört: Welches Buch lesen die Langenbergerinnen und Langenberger aktuell?

Im Sessel am Kamin, auf der Gartenliege im Sonnenschein oder auf dem Weg zur Arbeit im Zug: Wer Bücher mag findet immer eine Gelegenheit zum Schmökern. Abtauchen in ferne Welten, eine spannende Mördersuche oder vielleicht ein Klassiker der Philosophie – für jeden ist etwas dabei.

Zum heutigen Welttag des Buches haben wir uns in Langenberg umgehört: Was ist aktuell Ihr Lieblingsbuch – und warum?

Peter Kape, Buchhändler: Ich habe gerade von Benedict Wells „Hard Land“ gelesen. Der Roman spielt in Missouri, im Jahr 1985. Wells erzählt sehr einfühlsam die Geschichte des 15-jährigen Sam und was er in den Sommermonaten erlebt. Viele Episoden rufen Erinnerungen an die eigene Geschichte wach, auch von der emotionalen Seite her ein gut geschriebenes Buch, sehr empfehlenswert. Aber ich freue mich auch auf das neue Sachbuch von Frank Schätzing, „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“.

Den Lieblingsautor getroffen

Isolde Marx empfiehlt den Schriftsteller Sten Nadolny – hier steht sie vor dem Haus am Chiemsee, in dem der Autor lange gelebt hat.
Isolde Marx empfiehlt den Schriftsteller Sten Nadolny – hier steht sie vor dem Haus am Chiemsee, in dem der Autor lange gelebt hat. © Isolde Marx

Isolde Marx, Bücherstadt Langenberg: Wir machen gerade Urlaub am Chiemsee und hier hat auch einer meiner Lieblingsschriftsteller gelebt: Sten Nadolny. Vor einigen Jahren hatte ich sogar das Glück, ihn persönlich zu treffen. Preisgekrönt ist sein Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“. Aber auch seine Mutter Isabella war Schriftstellerin, von ihr mag ich sehr das Buch „Ein Baum wächst übers Dach“. Dieser Baum steht an dem Haus, in dem die Nadolnys gelebt haben und hat sie zu dem Werk inspiriert. Der Isabella-Nadolny Weg in Chieming hat nur dieses eine Haus, die Nr. 1, der Schriftstellerin gewidmet. In solch exponierter Lage, direkt am See einmalig! – Wenn man hier am Chiemsee ist und dann diese Bücher liest, dann ist das schon etwas Besonderes.

Frank Dellenbusch, DARC Langenberg: Aktuell habe ich angefangen mit der „Geschichte des Amateurfunks von 1909 bis 1963“, geschrieben von W. F. Körner. Mich als leidenschaftlichen Amateurfunker interessiert natürlich, wie alles begann. Zumal ich auch grundsätzlich geschichtlich interessiert bin. Dieses Buch deckt zudem die Spanne des Amateurfunks ab, die ich nicht „live“ miterlebt habe. Interessant sind zum Beispiel die Fotos von 1914, als in den USA die American Radio Relay League gegründet wurde. Zu sehen, mit welchen Apparaturen die Funkerei mal begann, ist schon faszinierend.

Komplexer Roman und Gedichte

Markus Ueberholz, Leiter Gymnasium Langenberg: Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich ein Riesenfan von Tolkiens Silmarillion bin. Aktuell lese ich aber von Heinrich Steinfest „Der Chauffeur“. Darin geht es um besagten Chauffeur, der einen recht bekannten Politiker fährt. Nach einem Unfall rettet er seinen Chef, schafft es aber nicht, auch noch dem verletzten Kind aus dem anderen Auto zu helfen. Daraufhin kündigt er und verwirklicht seinen Lebenstraum: Er eröffnet eine kleine Pension. Später lernt er eine Malerin und ihre Kinder kennen, die beiden werden ein Paar. Dann aber stürzt etwas vom Himmel und alles verändert sich. Steinfest schreibt relativ nüchtern und neutral, das Buch selbst ist aber sehr komplex, denn es gibt mehrere Handlungsstränge. Interessant finde ich, dass man mitten im Buch feststellt, aus welch großer zeitlicher Distanz der Roman geschrieben worden sein muss.

Nina Reddig, Geigerin/Langenberg Festival: Auf meinem Küchentisch liegt im Moment Rilke: Sonette an Orpheus. Ich lese eins nach dem anderen, mit großem Abstand. Die sind so reichhaltig und dicht, dass man ihnen viel Platz im Kopf und Ruhe gönnen muss, damit sie ihre Wirkung entfalten. Ähnlich wie Delikatessen, die man nicht so schnell hinunterschlucken soll, sondern das Aroma zuerst, dann den Geschmack und das Gefühl für die einzelnen Konsistenzen genießen kann. Dann zergeht jedes Wort auf der Zunge. Zum Beispiel Nr. 15: „Wartet..., das schmeckt... Schon ist’s auf der Flucht.“

Märchen, Sagen und ein bisschen Fantasy

Thomas Hoeveler, kleinewelttheater: Die „Gesammelten Sagen aus Berg und Mark“ von Gottfried Henßen liegen mir nicht nur am Herzen, sondern auch auf dem Bearbeitungstisch des kleinewelttheaters. Während der Transkription und Überarbeitung der antiquarischen Ausgabe von 1927 aus der sperrigen Frakturschrift in eine moderne und angenehm lesbare Typographie für die kommende Veröffentlichung unseres ersten E-Books, lese ich zwangsläufig und mit immer größerem Vergnügen diese oft unglaublich mysteriösen Geschichten und hintersinnig witzigen Anekdoten wieder und wieder und entdecke jedes Mal was Neues. Besonders amüsant empfinde ich die Arbeit an den in bergischem Platt erzählten Begebenheiten. Märchen, Mythen, Sagen und Legenden sowie die darin zu findenden Charaktere und deren Sprache sind beim kleinewelttheater sowieso unser Ding. Deswegen wird das garantiert noch lange Zeit mein Lieblingsbuch bleiben.

Sascha Döring, WAZ-Redakteur: Zum Lesen komme ich derzeit weniger, dafür laufen bei mir im Auto Hörbücher rauf und runter. Momentan ist das von Patrick Rothfuss Teil 2 der Kingkiller Chronicles (Die Königsmörder Chronik). Eine Fantasy-Trilogie, deren dritter Teil aber noch in Arbeit ist. Die Bücher dürften auch für diejenigen interessant sein, die sich sonst nicht so für Fantastisches interessieren, denn die klassischen Fantasy-Elemente spielen zwar eine Rolle, aber keine vordergründige. In dieser Reihe erzählt ein gealterter Held einem Chronisten seine Lebensgeschichte jenseits aller Gerüchte und Mythen – und wie er wurde, was er ist. Sprachlich wunderbar erzählt, die Charaktere liebevoll herausgearbeitet, einfach eine im wahrsten Sinne des Wortes fantastische Buchreihe.

Grundschule Kuhstraße feiert virtuell

Das Buch feiert am „Welttag des Buches“ Geburtstag und „es hätte so eine tolle Party an der ,Lesenden Grundschule Kuhstraße’ werden können“, sagt deren Leiter Wolfgang Köhler. „Die Gäste waren eingeladen, Geburtstagslieder einstudiert und Beiträge vorbereitet, Bücher ausgesucht, Aktivitäten geplant.“ Doch Corona machte den ganzen Plänen wieder einmal einen Strich durch die Planung. Aber: „So schnell gibt eine ,Lesende Grundschule’ nicht auf und so wurden und werden alle Geburtstagsaktivitäten ins Netz verlegt, denn ,Buchgeburtstag’ ist nur einmal im Jahr“, sagt Köhler.

Aktivitäten in virtuellen Klassenräumen

So werde es auch in diesem Jahr wieder Aktivitäten der Klassen in den virtuellen Klassenräumen geben und dabei stehe besonders das Buch „Am Samstag nach Corona“ mit der Frage im Mittelpunkt, was man eigentlich als erstes „Nach dem ganzen Mist“ macht. „Ein echter Buchtipp“, empfiehlt Wolfgang Köhler. Eine digitale Vorlesestunde gebe es auch, mittlerweile schon die 32., „wie immer professionell abgedreht vom Kameramann Jochen Kraus und diesmal sogar von einem ganz besonderen Ort, hier bei uns im Dorf“, macht Köhler Appetit auf die Aktion. „Wo das sein wird, wird noch nicht verraten“, sagt er, aber das Ergebnis könne man sich ab Freitag (23. April) auf der Seite der Grundschule Kuhstraße, www.grundschule-kuhstrasse.de, anschauen. „Und vielleicht gibt es sogar eine ganz kleine Feier in der Notbetreuung unserer Schule“, sagt Köhler und fügt an: „Happy Birthday liebes Buch, du bist es uns wert!“