Velbert. Das Personal der Feuerwehr Velbert soll aufgestockt, das Ehrenamt gestärkt und ein Standort für eine Dependance der Hauptwache gefunden werden.

Die Hauptfeuer- und Rettungswache an der Kopernikusstraße soll – und muss – in Velbert-Mitte eine Dependance bekommen. So lautet eine zentrale Empfehlung der „Kommunal Agentur NRW“, deren Fachleute untersucht haben, wie die Feuerwehr vor Ort – Velbert hat eine ehrenamtliche mit hauptamtlichen Kräften – aufgestellt ist und mit welchen Maßnahmen ihre Arbeit verbessert und effektiver gemacht werden kann. Der neue, zusätzliche Standort soll die Erreichbarkeit im Bereich des Hauptamtes erhöhen und den so genannten Erreichungsgrad im Schutzziel 1 verbessern. Die Schutzziel-Erreichung ist denn auch der Dreh- und Angelpunkt beim künftigen Brandschutzbedarfsplan für die Schlossstadt, wie Gerno Böll erläutert.

Zehn Funktionen binnen acht Minuten

Beim Schutzziel 1 müssten zehn Funktionen binnen acht Minuten in 90 Prozent aller Fälle am Einsatzort sein, erläutert der Fachdezernent. Dem liege als Einsatzfall ein Wohnungsbrand mit Gefährdung von Menschenleben zugrunde. Und zwar nicht parterre, sondern mindestens im ersten Obergeschoss. Das sollte nach dem alten Bedarfsplan tagsüber mit einer Mischung aus acht hauptamtlichen Kräften und zwei freiwilligen Wehrleuten geschafft werden. Da jedoch nicht genug Ehrenamtler verfügbar gewesen seien, so Böll, habe man das mit Tagesdienstlern umgesetzt. Nach dem künftigen Plan sollen alle Funktionen über 24 Stunden durch Hauptamtliche abgedeckt werden. Beim Schutzziel 2 – also beim Nachrücken – müssen dann in 13 Minuten 16 Funktionen vor Ort sein.

Zu wenig Brandschauen mangels Personals

Die gerade einmal 20 Jahre alte Hauptwache soll nach jetzigem Stand künftig für die Ehrenamtler und Teile des Rettungsdienstes weiter genutzt werden.
Die gerade einmal 20 Jahre alte Hauptwache soll nach jetzigem Stand künftig für die Ehrenamtler und Teile des Rettungsdienstes weiter genutzt werden. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

„Ein Schutzziel ist Theorie, da müssen Sie immer nachsteuern“, wirft Jürgen Wosimski ein. Wenn man Urlaube, Krankheitsfälle etc. berücksichtige, brauche man eigentlich fünf Köpfe für eine Funktion, gibt der Fachbereichsleiter zu bedenken. „Wir haben zwar eine Dauer-Ausschreibung, aber der Markt ist leergefegt.“ Nach Feststellung der Agentur – sie ist ein Dienstleistungsunternehmen des Städte- und Gemeindebundes – wirkt sich der Personal- und Fachkräftemangel auch messbar bei den Brand(verhütungs)schauen aus. Bei 840 Objekten wären per anno eigentlich 180 Brandschauen fällig, tatsächlich seien es aber nur 80. „Sehr sehr gut“ sei hingegen die Nachwuchsarbeit. Das gelte für die Kinderfeuerwehr, und die Jugendfeuerwehr habe „einen ausgesprochen guten Ruf weit über die Stadt hinaus“.

80 Prozent Erfolg sollten es schon sein

„Sie werden nie 100 Prozent erreichen, das wäre utopisch“, hatte Julia Gaarz kürzlich im Fachausschuss gesagt. „Aber 80 sollten Sie schon anstreben“, so die Empfehlung der Projektleiterin von der Agentur zur Schutzziel-Erreichung. Damit sehe es aber in Velbert-Mitte „sehr schlecht“ aus. Tagsüber fehle es einfach an Manpower; zudem sei die Topographie ja auch noch „sehr anspruchsvoll“. Ihre Zielvorgabe: Velbert müsse in den Bereich einer rechtssicheren Aufgabenwahrnehmung kommen. „Wir müssen eine leistungsfähige Feuerwehr vorhalten“, bekräftigte Gerno Böll in der öffentlichen Sitzung. „Wenn man in dem Bereich von unter 50 Prozent landet, hat man ein großes Problem.“ Das zeigt ein Blick auf das Jahr 2019: Da lagen die Quoten im stadtweiten Schnitt nämlich nur bei 27 (Schutzziel 1) bzw. 55 Prozent (Ziel 2). Dem soll nunmehr vor allem mit den beiden Hebeln – Personal und Standort – beigekommen werden.

Zwei Jahre für die Standortsuche

Frank Kapuczinski ist der Leiter der Feuerwehr Velbert.
Frank Kapuczinski ist der Leiter der Feuerwehr Velbert. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Die Personal-Aufstockung und Stärkung des Ehrenamtes sind kurzfristig zu erledigen. Die Standort-Suche soll binnen ein bis zwei Jahren abgeschlossen sein. „Es geht nicht um schöner, schicker oder Wellness“, betont Fachbereichschef Wosimski, „Die Kopernikusstraße ist mittlerweile einfach zu klein für das, was wir alles vorhalten müssen.“ Sie bleibe aber erhalten für die Ehrenamtler und Teile des Rettungsdienstes. Böll dazu: „Wir haben keinen konkreten Standort im Kopf.“

Feuerwehr ohne Ehrenamtler undenkbar

Das Ehrenamt werde weiter eine ganz entscheidende Rolle spielen, versichert Böll. Und das nicht nur, weil die Freiwilligen in Langenberg und Neviges stets als erste am Ball und in Mitte entscheidend für die Erreichung des Ziels 2 seien, wie Manuel Schoch erklärt. Vielmehr organisieren sie nach Auskunft des Abteilungsleiters Feuerwehr und Rettungsdienst z. B. auch wichtige Sondereinheiten wie den ABC-Zug und kümmern sie sich um die Löschwasserversorgung.

Neuer Brandschutzbedarfsplan wird beraten

Die vorhandenen Feuerwehr-Standorte sind allesamt in den Jahren von 1997 bis 2001 errichtet worden. Das gilt ebenso für die Hauptwache in Mitte wie für die beiden Gerätehäuser in Langenberg und Neviges. Aktuell steht die Inbetriebnahme des neu gebauten Gerätehauses in Tönisheide kurz bevor.

Der Brandschutzbedarfsplan muss alle fünf Jahre fortgeschrieben werden. Er wäre eigentlich 2020 dran gewesen, und man habe damit auch termingerecht angefangen, versichert der Leiter der Feuerwehr, Frank Kapuczinski, aber dann hätten Corona und die Lockdowns das Vorhaben durchkreuzt.

Die Wehr hat 300 aktive Ehrenamtler und 84 Hauptamtliche, zu denen noch vier Neue dazu kommen. Kapuczinski zufolge hat Velbert zudem sieben Azubis bei verschiedenen Feuerwehren; ab April würden neun weitere an der neuen Feuerwehrschule des Kreises Mettmann ausgebildet.

Der neue Brandschutzbedarfsplan ist ein wichtiges Thema für die übernächste Sitzungsrunde. Er steht am 16. März auf der Tagesordnung des Stadtrates, der wegen der Pandemie erneut im Historischen Bürgerhaus Langenberg tagt.

Zu den weiteren Empfehlungen der Kommunalagentur gehören u. a. die Aspekte, die Löschwasser-Versorgung zu verbessern, an allen Standorten die Schwarz-Weiß-Trennung zu optimieren und die Kinderfeuerwehr auf Langenberg und Neviges zu erweitern. An den Standorten seien nur wenige bauliche Maßnahmen erforderlich. Hier gibt es noch mehr Berichte und Bilder aus Velbert.