Velbert. Babys, die während des ersten Lockdowns gezeugt wurden, kommen jetzt zur Welt. Doch es sind auch in Velbert nicht mehr als sonst.
Deborah Cosmades ist geschafft: Neun Hausbesuche hat die Hebamme an diesem Tag gemacht, Vorsorgen, Nachsorgen: Sie hat Herztöne der Ungeborenen abgehört, Säuglinge gewogen, Stilltipps gegeben.
Traumberuf mit Vorschriften
Es ist ein Traumberuf, auch noch nach fast 30 Jahren, schwärmt die Velberterin, deren Arbeit ebenfalls durch die Corona-Pandemie nur stark eingeschränkt möglich ist. "Ich achte wirklich penibel auf die Einhaltung der Hygienevorschriften, weil ich eben soviel mit unterschiedlichen Menschen zu tun habe ", erläutert Deborah "Debbie" Cosmades, "das heißt, ich lasse mir bei jedem neuen Kontakt einen Fragenkatalog beantworten und unterschreiben - etwa ob jemand im Haushalt eine Corona-Infektion hat oder in Quarantäne ist. Mit der Unterschrift bestätigt man mir dann auch, dass man mich sofort über Veränderungen unaufgefordert informiert."
Corona-Leugner unter jungen Eltern
Es komme aber auch vor, dass die Hebamme auf Familien trifft, die es mit den Maßnahmen nicht so ernst sehen oder den Virus leugnen. "Da wird mir dann gesagt, ich soll die Maske abnehmen oder mich nicht so anstellen, oder man sagt mir, in den eigenen vier Wänden ließe man sich doch nichts vorschreiben. Fehlt da die komplette Einsicht, breche ich die Betreuung ab." Gott sei dank aber, betont die Geburtshelferin, seien 95 Prozent aller zu betreuender Familien dankbar für ihre coronakonforme Arbeit. "Der Bund der Hebammen empfiehlt, dass bei Hausbesuchen nur die Mutter und nach der Geburt das Baby anwesend sind." Debbie Cosmades wägt da aber ab. "Ich finde es wichtig, dass die Väter mit eingebunden werden, schließlich soll hier eine Familie zusammenwachsen."
Väter bei der Geburt erlaubt
Im Klinikum Niederberg dürfen Väter (oder eine andere Bezugsperson) ebenfalls an der Seite ihrer Frau bleiben, sowohl bei Spontan- als auch Kaiserschnittgeburten. Zudem gibt es das "Daddy-in"-Angebot, bei dem der Vater während des gesamten Klinikaufenthaltes an der Seite seiner kleinen Familie bleiben kann.
Kein weiterer Besuch erlaubt
Ansonsten aber ist der Besuch auf der Wöchnerinnenstation nicht gestattet, Oma, Opa, Tante, Nichte, Freund und Freundinnen können nicht zum Staunen und Gratulieren vorbeikommen. Dies aber belaste die frischgebackenen Mütter gar nicht so sehr, zumindest sei die Stimmung auf der Station nach wie vor unverändert gut, betont das Klinikum. Ein Eindruck, den eine weitere freiberufliche Hebamme eigentlich nur bestätigen kann. "Die jungen Eltern sind natürlich traurig, wenn sie in den Tagen nach der Geburt ihr Baby nicht allen stolz präsentieren können, auf der anderen Seite aber erlebe ich vermehrt, dass es ihnen auch ein Stück weit Last von den Schultern nimmt, weil sie häufig unter Besuchsdruck stehen und sich eigentlich, gerade in dieser ersten frühen Phase, nach Ruhe und Innigkeit sehnen."
Kein Babyboom erkennbar
Debbie Cosmades weiß: In den kommenden Monaten geht es weiter hoch her, gerade in den nächsten Wochen stehen viele Geburten an. Trotzdem: Von einem Corona-Babyboom mag sie nicht sprechen. "Wir haben immer mal Phasen, wo es mehr oder weniger ist. Der Januar ist extrem, im Februar und März geht es etwas ruhiger zu." Auch das Klinikum verzeichnet bislang keine erhöhte Geburtenrate: "Seit Jahresbeginn sind dort 70 Kinder zur Welt gekommen, bis Ende des Monats werden es 100 bis 110 sein, genauso viel wie im Vorjahr. Besonders ist vielleicht, dass in 2020 mehr Jungen als Mädchen geboren worden sind", heißt es aus der Geburtshilfe.
Leichter Geburtenanstieg zu den Vorjahren
Fakt aber ist trotzdem: Im Jahr 2020 wurden in Velbert 1243 Geburten gemeldet, im Jahr 2019 waren es mehr als 100 weniger (1131) und 2018 sogar nur 1080. Auch die Geburtshäuser in Wuppertal und in Essen haben festgestellt: Die Anzahl der Anfragen steigt, Wuppertal ist komplett ausgebucht, Essen kann noch vereinzelt Anmeldungen für die kommenden Wochen entgegennehmen. "Es ist wirklich spannend zu sehen, dass sich zunehmend Paare an uns wenden, die nicht unserem klassischen Klientel angehören", freut sich Katja Stöhr, Hebamme im Geburtshaus Essen, "es liegt daran, dass sie sicher sein wollen, dass der Partner von Beginn der Geburt an dabei sein kann und nicht erst ab dann, wenn der Muttermund 4 cm weit geöffnet ist. Wir können, weil wir eben nur 15 bis 18 Geburten pro Monat betreuen, die Corona-Schutzmaßnahmen anders handhaben, als die großen Kliniken."
Zunehmend Sorgen vor der Zukunft
Derzeit beschäftigt die Velberter Hebamme Debbie Casmades noch etwas anderes. "Was ich im Vergleich zum ersten Lockdown massiv verspüre, ist, dass die Menschen sich zunehmend Sorgen machen, um das was kommt", sagt Hebamme Debbie Cosmades, "niemand weiß wie es weitergeht, ob man den Arbeitsplatz behält, viele gehen in die Insolvenz. Teilweise haben sie richtige Zukunftsängste und fragen sich, in was für eine Welt ihre Kinder geboren werden."
Weniger Anmeldungen für den Spätsommer
Daher wundert es die erfahrene Geburtshelferin auch überhaupt nicht, dass momentan viele Hebammen noch Kapazitäten für die Monate August und September hätten. "Das sind die Kinder, die jetzt im zweiten Lockdown gezeugt wurden. Normalerweise wären wir jetzt schon ausgebucht, weil immer mehr Frauen bereits in der sechsten Woche nach einer Hebamme suchen. Diesmal ist das anders."
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