Wuppertal/Velbert. Die Angeklagten sollen einem Drogenhändler-Netz in Birth angehört haben. Kriminalpolizei hatte versäumt eine Wohnung zu durchsuchen.

In einem Fall um pannenträchtige Drogenermittlungen in Velbert verhandelt das Landgericht Wuppertal einen weiteren Prozess: Ab dem morgigen Dienstag (13. Oktober) müssen sich vier Angeklagte verantworten, die einem Heroin-Händlernetzwerk im Stadtteil Birth angehört haben sollen. Es geht um eine Vielzahl von Drogenverstößen und mögliche, hohe Strafe für Einfuhr der gefährlichen Betäubungsmittel aus den Niederlanden.

Kette von Fehlleistungen

Einzigartig wird das Verfahren durch eine Kette von Fehlleistungen der Kriminalpolizei. Das Netzwerk geriet bereits im Juni 2018 in den Blick der Ermittler, nachdem eine Streife am Panorama-Radweg einen Drogen-Straßenhändler aufgegriffen hatte: Der Mann hatte Heroin in Hundekot-Beuteln dabei und gab sofort alles zu: Er benannte seinen Lieferanten, gab die Adresse an und bestätigte noch anhand von Fotos der Fassade, um welches Gebäude es ging. Dennoch durchsuchte fünf Monate lang niemand die verdächtige Wohnung. Erst im Strafprozess gegen den Straßenhändler fiel das Versäumnis auf. Darauf kündigte ein Ermittler im Zeugenstand anscheinend unbedacht öffentlich an, er werde die Durchsuchung in der folgenden Woche nachholen.

800 Gramm Heroin gefunden

Die Beamten fanden trotz dieser Umstände – der Vorankündigung im Prozess – noch 800 Gramm Heroin in den Räumen, dazu Streckmittel und zugehörige Utensilien - wie etwa Hundekot-Beutel. Der heute 35 Jahre alte Lieferant lebte in den Räumen mit einer Verwandten zusammen und wurde festgenommen. Der Mann landete durch eine weitere Panne, diesmal der Justiz, vorübergehend im selben Untersuchungsgefängnis wie der Straßenverkäufer, der ihn verraten hatte. Nach Auseinandersetzungen wurden die Männer getrennt untergebracht.

Angst vor Racheakten

Der 35-Jährige ist seit Mai 2019 verurteilt, nachdem er die ihm vorgeworfenen Taten gestanden hat. Zu seinen Drogenquellen und möglichen Komplizen schwieg er im Prozess; sein Anwalt verwies auf Angst vor Racheakten. Die Staatsanwaltschaft allerdings ist nun überzeugt, nach nochmals weiteren Ermittlungen nachweisen zu können, dass der Mann über Jahre mit seinem Vater handelte – einem inzwischen 67 Jahre alten Velberter.

Bereits verurteilt

Einer der vier Angeklagten im neuen Verfahren, der 35 Jahre alte Mann, wurde im Mai 2019 als Heroinhändler zu vier Jahren und zehn Monaten Gefängnis und zusätzlich zu Unterbringung in einer Drogen-Entziehungsklinik verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Ein Teil der Vorwürfe, über die das Landgericht nun unabhängig verhandeln muss, waren in dem früheren Prozess bereits Thema. Dafür kann der 35-Jährige nicht erneut bestraft werden. Jede Tat darf nur einmal verfolgt werden. Falls das Gericht zusätzliche Straftaten des 35-Jährigen feststellt, wird es ihn dafür verurteilen.

Auch Sohn ins kriminelle Geschäft verwickelt

Dieser Mann soll sogar noch bis April 2020 unbehelligt weiter Heroin-Geschäfte gemacht haben – in Abwesenheit des inhaftierten Sohnes eben mit einem von dessen Freunden: einem 55 Jahre alten Mann, ebenfalls aus Velbert. Der habe schon früher als Kurier gedient. Bei mindestens einer Fahrt habe er ein ganzes Kilogramm transportiert. Weiter beteiligt soll eine 58 Jahre alte Bekannte des Vaters. Alle vier – Vater, Sohn, mutmaßlicher Kurierfahrer und die weitere Bekannte – stehen im neuen Prozess vor dem Gericht. Das Landgericht hat die Anklage zugelassen und muss sie nun unabhängigprüfen. Verhandlungsbeginn am Dienstag, 13. Oktober 2020, 10 Uhr, im Gerichtszentrum Wuppertal am Eiland, Saal J16EG. Weitere Berichte aus Velbert lesen Sie hier.