Langenberg. Frieda Braun stellte im Alldie Kunsthaus ihr Programm „Rolle vorwärts“ vor. Und verriet auch, warum Prinz Charles nicht mehr knusprig aussieht.

Mitte 50 und äußerlich in den 1970er stehengeblieben: Frieda Braun. Kaum auf der Bühne im Alldie Kunsthaus und die ersten Worte gesprochen, lacht das Publikum bereits herzhaft über ihre Einzigartigkeit, Pointen zu setzen. Im ausverkauften Verkaufsraum besticht die ordentlich gekleidete Dame mit Aussprache, Wortspielen und Schlichtheit. Ihre Themen: Krankheit, Alter, Beziehung und Bildung. Ein Beispiel: Es gibt eine Krankheit, die nach dem norwegischen Jungen benannt ist, Björn Aut. „Du bist auf dem Weg nach oben, dann macht das Gehirn eine Vollbremsung“, erklärt sie. Viel Arbeit kann dazu führen, aber noch zu viel mehr. Wer lange arbeite, sammle Fachwissen, erklärt sie anschließend, das müssen im Körper gespeichert werden. „Zum Glück nicht im Scharnier, sondern in Lappen.“

Charles und seine Prinzenrolle

Das habe jedoch zur Folge, dass es im Kopf eine Unwucht gebe. Daraus schlussfolgert sie: „Weil das Lisbeth aus Großbritannien schon so lange arbeitet, benötigt sie einen seitlich sitzenden Hut, um die Schlagseite auszugleichen“. Ein kurzer Kalauer zum Königshaus: „Der Charles steckt zu lange in der Prinzenrolle drin, da bist du am Ende auch nicht mehr knusprig“. Darum beneide er das deutsche Schützenwesen. Hier müsse man nur den Vogel abschießen und werde schon König. „Das ist allerdings einfacher als die eigene Mutter abzuschießen“.

Kopfkino vor Winterberger Kulisse

Immer unterwegs für das Kopfkino ihres Publikums: Frieda Braun nahm zuweilen die gesamte Bühne in Beschlag.
Immer unterwegs für das Kopfkino ihres Publikums: Frieda Braun nahm zuweilen die gesamte Bühne in Beschlag. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Karin Berkenkopf, wie Frieda Braun mit bürgerlichem Namen heißt, hat eine Figur geschaffen, die einer erfrischende Mischung aus „Lady Schnatterly“, alias Giesela Schlüter und „Else Stratmann“ alias Elke Heidenreich gleichkommt. Analytisch brillant reduziert sie auf das Wesentliche und führt ihre Beispiele bisweilen humorvoll ad absurdum. Sie greift nicht an, sondern produziert Kopfkino mit Winterberger Kulisse. Als engagiertes Mitglied einer elfköpfigen Splittergruppe steht sie für die Weiterbildung ein. Zur extremen Belustigung des Publikums erzählt sie von Bernd und Carola, einem ehemaligen Paar. Und beantwortet dabei die Frage: Wieviel Bildung verträgt eine Partnerschaft? Diese Frage müsse man heute stellen. Früher nicht, die Frauen seien damals so dumm gewesen, hätten gar nicht gemerkt, dass der Mann dümmer gewesen sei.

Bernd wurde ausgewildert

Geboren im Sauerland

Hinter Frieda Braun verbirgt sich die ehemalige Werbetexterin Karin Berkenkopf. Bei der Ausarbeitung von Mimik und Gestik wird sie unterstützt von ihrem Lebensgefährten, dem belgischen Kabarettisten und Bewegungskünstler Joseph Collard.

Karin Berkenkopf wurde 1963 in Winterberg geboren und lebte einige Jahre in Bonn und Düsseldorf. Ihrer Heimatstadt und den Menschen dort ist sie bis heute verbunden.

Nun, was passiert mit dem Paar? Bernd und Carola sind jahrelang „lädiert gewesen“. Bernd stagniert. Mit anderen Worten: „Er sitzt im Sessel und schaut TV, also ‚bildungsFern‘ sehen“. Hingegen bildet sich seine Frau weiter, genau genommen „bildet sie sich fort“. Allerdings hat sie das Haus behalten und Bernd „ausgewildert“. Wie die Frau lapidar anmerkt: „Er fällt draußen gar nicht auf.“ Die feinen Anspielungen und Beschreibungen, gefüllt mit ironisch verdrehten Adjektiven, erzeugen typische Charaktere, die jeder Zuschauer kennt. Berkenkopf verzichtet jedoch auf die Nutzung der klassischen und stereotypen Klassifizierungsverben. Fantasievoll kreiert sie aus dem Zusammenspiel anderer Begriffe denselben Typen, der sich langsam beim Zuschauer im Kopf zusammensetzt. Das Kopfkino beginnt.

Eine wohltuende humorvolle Leichtigkeit

Komplimente sind eine großartige Sache. Sie füllen einen mit Stolz und machen selbstbewusst. Und im Alter? Braun beschreibt, wie sie im Nachthemd vor dem Spiegel steht und zu sagen versucht: „Ich bin schön“. Es klappt nicht, daher testet sie es ohne. Ups, Braun empfiehlt eine Wolldecke vor den Körper zu halten und „nervenschonend mit dem Bein“ anzufangen. Spurrillen, Einschnitte und blutunterlaufene Striemen: „Es glaubt dir keiner, dass du dir das selber angetan hast.“ Dazu kommt am Morgen die „Ziselierung vom Reißverschluss des Kopfkissens auf der Wange“. Das überwiegend ältere Publikum kann nachvollziehen, wovon Braun redet. Die Zusammenfassung: „Früher sagte man, die Nacht hat Eindruck hinterlassen. Heute, die Nacht mit Bravour bestanden“. Der gesamte Auftritt wirkt wie ein zehnminütiges Treffen, dauert aber 90 Minuten plus Zugabe. Frieda Braun erzeugt mit der Beschreibung ihrer Figuren eine humorvolle Leichtigkeit, die einfach guttut, immer wieder überrascht und bei den Zuschauern einen Film im Kopf abspulen lässt. Letztes Beispiel: Frieda Braun dankt dem Filialleiter, der Technik und den Leuten im Lager. Die Zuschauer mit ehrlichem und herzlichem Applaus.