Langenberg. An der Stadtgrenze zwischen Hattingen und Langenberg gibt es einen neuen Demeter-Hof. Die Betreiber setzen auf Gemüse und Schnittblumen.
Drückende Hitze liegt über dem Felderbachtal. Die Sonne knallt vom blauen Himmel. Auf dem Wünnerhof herrscht Stille. Die Schafe haben sich in den Schatten zurückgezogen und auch die Menschen suchen Abkühlung. Johanna Ziegenbalg und Imrick Wolfart sitzen auf der Terrasse, trinken einen Kaffee.
Die beiden haben vor eineinhalb Jahren den Hof übernommen, blickt Wolfart zurück. „Die Besitzerfamilie hat die Gebäude restauriert und renoviert und dann Betriebsleiter gesucht.“ Über einen Bekannten haben die beiden davon erfahren, sich gemeldet, „und nun sind wir hier“, sagt der 30-Jährige lachend.
Schwerpunkt liegt auf regionalem Gemüse
Dass alles neu ist, ist gut zu sehen: Die Gebäude sind von außen mit hellem Holz verkleidet, dem das Wetter noch nicht viel angehabt hat. Rings um das Wohnhaus und die Betriebsgebäude wachsen bunte Wildblumen, es summt und brummt, eine Katze schleicht vorbei.
„Wir wollen den Schwerpunkt auf Gemüse legen“, sagt Betriebsleiter Wolfart. Der gebürtige Hesse hat sein Handwerk in einer vierjährigen Ausbildung beim Demeter-Verband gelernt. Aber er ist auch familiär geprägt: Bevor er in die Ausbildung ging, hat seine Familie einen Hof in Mecklenburg betrieben.
Das Gewächshaus ist neu
Gegenüber des Wohnhauses steht ein Gewächshaus. „Das ist neu“, sagt Imrick Wolfart, dafür musste das Gelände ein wenig begradigt werden. Hier wachsen Paprika und Chili, Melonen und Tomaten. Und Gurken. „Aber die sind uns leider während einer Kältephase kaputt gegangen.“
Nicht ganz so tragisch sei das, sagt Johanna Ziegenbalg. „Wir setzen hier ganz bewusst auf kleine Strukturen“, sagt die 32-Jährige, „denn je kleiner die Strukturen sind, desto weniger anfällig sind sie für Störungen.“
Tiere gehören zum Hofkreislauf
Hätten die beiden beispielsweise nur auf Gurken gesetzt, wäre die Kältephase eine Katastrophe gewesen. So aber wächst noch genug anderes Gemüse, das die beiden verkaufen können. „Manche Sorten haben auch von der Kälte profitiert. So ist das eben.“
Zum Hofkreislauf gehören aber auch Tiere – eigene und vom Nachbarhof. Neben den schon erwähnten Schafen leben auf dem Wünnerhof noch 225 Hühner und drei Ziegen, schiedlich friedlich gemeinsam in einem abgezäunten Bereich auf der Wiese hinter dem Gewächshaus.
Ziegen schützen die Hühner vor dem Habicht
Ein mobiler Stall bietet Raum zum Eierlegen, für Futter, Wasser und dient zur Entspannung. Nur wenige Hühner laufen bei dem Wetter frei auf der Wiese herum, es ist einfach zu warm. Ein paar haben sich an der Tränke versammelt, doch die meisten hocken im Schatten unter einem Bauwagen.
Der wiederum dient als Stall für die drei Ziegen. Die Huftiere schützen das Geflügel vor dem Habicht, erläutert Imrick Wolfart. Wie das? „Durch die Ziegen ändern die Hühner ihr Bewegungsmuster“, erläutert der Landwirt. „Und das irritiert offenbar den Habicht.“
Rinder liefern den Dünger
Und es funktioniert: Seit die Ziegen zwischen den Hühnern leben, ist keines der Geflügeltiere mehr vom Habicht geholt worden. Die Eier sammeln Imrick Wolfart und Johanna Ziegenbalg regelmäßig ein, die gibt es dann im Hofladen zu kaufen.
Eine Rolle spielen aber auch die Rinder vom Nachbarhof, dem Marienhof. „Wir brauchen den Mist der Kühe als Dünger“, sagen die beiden Betriebsleiter. „Und die Herde ist exakt so groß, dass wir genau die Menge bekommen, die wir brauchen.“
Biodiversität fördern
Es gebe keinen Überschuss, und eigentlich müssten sie auch nichts hinzukaufen. „Außer Kalk“, sagt Imrick Wolfart. „Aber keinen organischen Dünger.“ Im Winter dann darf die Nachzucht des Marienhofs in den Stall auf dem Wünnerhof. „Dadurch schließt sich der Hofkreislauf.“
Daneben wollen Johanna Ziegenbalg und Imrick Wolfart auf ihrem Hof die Biodiversität fördern. „Blumenwiese statt englischem Rasen zum Beispiel“, sagen die beiden. Zudem erfolgt die Bodenabdeckung auf den Beeten mit Mulch: „Das hält Feuchtigkeit und Nährstoffe im Boden.“
Auf diese Art und Weise werde der Boden richtig aufgebaut, denn „der Boden soll die Pflanze von sich aus ernähren können.“ So schaffe man Lebensmittel und nicht bloß Nahrungsmittel, sagt Imrick Wolfart.
Schnittblumenwiese ist jederzeit geöffnet
Während es für den Hofladen und auch das Hofcafé feste Öffnungszeiten gibt, gelten die für die Schnittblumenwiese nicht. Hier darf jeder – „eigentlich rund um die Uhr“, sagt Johanna Ziegenbalg – eine der bereitliegenden Scheren nehmen und sich bedienen. Natürlich gegen einen frei gewählten Obolus in die Kasse, die am Eingang zur Wiese steht.
„Das mit den Blumen haben wir während unserer Zeit in Schweden kennen gelernt“, berichtet Johanna Ziegenbalg. Sechs Jahre haben die beiden dort auf einem Hof verbracht. „Und das passt einfach perfekt.“ Ja, ergänzt Imrick Wolfart, „Blumen bringen eine andere Stimmung, ein anderes Flair.
Und dann müssen die beiden zurück ans Werk. Denn die Gemüsekisten für die Kunden füllen sich nicht von alleine.
Zwei Angestellte und Freiwillige
Neben Johanna Ziegenbalg und Imrick Wolfart gehören noch zwei festangestellte Gesellen zum Team auf dem Wünnerhof.
Außerdem ist es dort möglich, dort zu „wwoofen“: WWOOF steht für World-Wide Opportunities on Organic Famrms, also weltweite Chancen auf Biohöfen.
Im Rahmen dieses Programms können junge Menschen Höfe auf der ganzen Welt besuchen: Sie arbeiten dort gegen Kost und Logis und können die Freizeit nutzen, um das Gastland kennenzulernen.
Mindestens vier Wochen sollte der Aufenthalt auf dem Wünnerhof dauern, „damit die sich hier auch vernünftig einarbeiten können“, sagen die beiden Betriebsleiter.