Velbert-Neviges. Vor 55 Jahren schuf der Bildhauer Gerd Adelmann eine Gedenktafel in der Kirche St. Antonius. Zum ersten Mal schaute er sie sich jetzt wieder an.
Für das Material kann er sich noch immer begeistern. „Anröchter Dolomit, einfach fantastisch.“ Und auch das Motiv und die Art der Darstellung, „ja, das würde ich wieder so machen. Gefällt mir.“ 1965 schuf der Bildhauer Gerd Adelmann (80) im Foyer der katholischen Kirche St. Antonius in Tönisheide eine Gedenktafel zu Ehren der Opfer beider Weltkriege. Auf einer Ausflugstour mit drei guten Freunden aus ganz Deutschland hat er sein Werk jetzt wiedergesehen. „Ich war wohl noch mal hier, ein paar Monate, nachdem es fertig war. Aber dann nicht mehr.“ Schließlich liegt Tönisheide auch nicht gerade vor der Haustür, wenn man in der Nähe von Stuttgart wohnt. Genau gesagt in Weissach im Tal.
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Modernen Kreuzweg geschaffen
Der Bildhauer Gerd Adelmann (80), geboren in Mülheim/Ruhr, hat unter anderem 1976 einen modernen Kreuzweg für die Pfarrkirche St. Judas Thaddäus in Duisburg-Buchholz geschaffen.
Bereits 1968 erhielt er den Förderpreis zum Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft der Stadt Mülheim/Ruhr.
Vier Mal im Jahr unternimmt Gerd Adelmann mit seinen drei Freunden – alles Theologen – eine ganz besondere Tagestour: „Wir besichtigen immer etwas kulturell Schönes. Jeder ist einmal dran, die Tour zu organisieren. Und dieses Mal traf es mich“, erzählt Jürgen Keimer aus Köln. „Ich hab mir gedacht, zum 100. Geburtstag des Architekten Böhm, da fahren wir nach Neviges, schauen uns den Dom an.“ Den Plan fand auch Bildhauer Gerd Adelmann prima. „Wenn wir schon in Neviges sind, hab ich vorgeschlagen, dann können wir ja mal eben rüber nach Tönisheide. Ich wusste ja, das ist nicht weit.“ Was er nicht wusste: Als Überraschung hatte ein weiterer Freund aus Süddeutschland, der jetzt aber nicht mitfuhr, auch die WAZ informiert. „Ich hatte mich schon ein bisschen gewundert. Es hieß am Dom nur immer: Wir müssen um 12.30 Uhr in Tönisheide sein.“
Eine Auftragsarbeit der Pfarrei
Der Künstler Gerd Adelmann, geboren in Mülheim an der Ruhr, kann sich noch gut an seinen ersten Auftrag erinnern. „Damals war ich noch Student an der Folkwang Schule, bei Professor Wamper. Die Pfarrei hier hatte bei ihm wegen einer Gedenktafel angefragt.“ Sein Professor muss wohl geahnt haben, so Adelmann, „dass ich bei der Arbeit ganz gut aufgehoben war. Daher durfte ich die machen.“ Als gelernter Bauzeichner seien für ihn auch eher filigrane Arbeiten, wie etwa eine Schrift oder auch Zahlen, nie ein Problem gewesen. „Je fisseliger etwas ist, umso ruhiger werde ich.“ Die kurze Bauzeichner-Lehre, die er nach sechs Monaten hinwarf, um zunächst in Köln Bildhauerei zu studieren, sei so gesehen auch nicht umsonst gewesen.
Christus mit der Dornenkrone
Drei Figuren sind auf der Gedenktafel zu sehen, daneben stehen die Daten der beiden Weltkriege: 1914-1818 und 1939-1945, umrahmt von zwölf Kreuzen. Für jedes Kriegsjahr steht ein Kreuz. „Bei dem Motiv hatte ich freie Wahl“, erzählt Adelmann und zeigt auf sein Werk: Ganz oben Christus mit der Dornenkrone, in der Mitte ein Engel, unten Menschen. „Unten, da steigen die Toten aus den offenen Gräbern. Sie sind nicht umsonst gestorben“, erläutert der Bildhauer. Wie lange er an der Gedenktafel gesessen hat, wisse er nicht mehr, wohl aber: „Die Basisarbeiten hab ich in der Folkwangschule gemacht, die Übergänge dann hier vor Ort.“ Dabei streicht er sachte über die Zahlen. „Doch, ist gut geworden.“
Die Clique schaut auf die Uhr, mahnt langsam zum Aufbruch, gemeinsam hat man noch ein volles Programm: Der Kölner Jürgen Keimer, Ludger Diekamp aus Steinfurt und das Ehepaar Irene und Edgar Utsch aus Gelsenkirchen wollen sich noch Gottfried Böhms Rathaus in Bensberg sowie den Altenberger Dom ansehen. Gerd Adelmann seufzt, verlässt als Letzter die Kirche St. Antonius. „Am liebsten würde ich ja hier bleiben. Könnte ja sein, dass es zum letzten Mal ist.“