Velbert. Bundesjustizministern Christine Lambrecht war zu Gast bei „Kerstin Griese trifft“ im BiLo. Erstmals konnte wieder Publikum mit dabei sein
Monatelang konnte Kerstin Griese wegen der Coronapandemie nur ohne Publikum lediglich vor der Videokamera mit ihren Gästen talken. Jetzt waren im BiLo zumindest 20 Zuhörer live dabei, als sich die Bundestagsabgeordnete mit einem politischen Schwergewicht traf: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht war in Velbert.
Abwägen zwischen Freiheit und Sicherheit
Seit ziemlich genau einem Jahr ist die SPD-Ministerin in ihrem Regierungsamt und hatte seit März mit Beginn der Coronakrise fundamentale Entscheidungen zu treffen. „Es ging darum, zwischen Freiheit und Sicherheit abzuwägen“, erklärte Lambrecht den Zuhörern im Saal und am Live-Video. Der Schutz des Lebens sei auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes das höchste Gut, das es zu schützen gelte. Daher sei es vertretbar gewesen, die Freiheitsrechte einzuschränken.
Monate im Krisenmodus
Die Ministerin und Griese, die auch Staatssekretärin im Arbeitsministerium ist, schilderten, wie sie die drei Monate im Krisenmodus erlebt haben. „Fast täglich mussten neue Gesetze und Verordnungen erarbeitet werden, da wurde auch die Wochenenden durchgearbeitet“, berichtete die Ministerin. Zugleich betonte sie, dass bei aller Eile das Parlament immer beteiligt wurde und die parlamentarische Demokratie funktionierte.
Kindesmissbrauch ist ein Verbrechen, kein Vergehen
Nach dem Einblick in die Arbeit während der Pandemie befragte Griese die Ministerin zu ihren weiteren Arbeitsschwerpunkten: Kampf gegen den Rechtsextremismus und gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie. „Ich kämpfe dafür, dass das Strafrecht geändert wird und Kindesmissbrauch immer als Verbrechen und nicht als Vergehen geahndet wird“, sagte die Ministerin. Dann könne ein Verfahren nämlich nicht mehr wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Sie monierte zudem, dass sich bei schwerem Kindesmissbrauch – „da wird Gewalt angewendet“ - nur 0,5 Prozent der Urteile im oberen Strafrahmen bewegten.
Kinderpornografie anders einstufen
Die Justizministerin will auch darauf hinarbeiten, dass Kinderpornografie künftig als Verbrechen eingestuft wird. „Man muss sich klarmachen, für diese Bilder ist immer ein Kind missbraucht worden und hat gelitten“, erklärte Lambrecht. Und auch Jugendliche, die auf dem Schulhof solche Bilder zeigten, müssten dafür ordentlich bestraft werden. Aus dem Publikum kam der Einwurf, dass aber auch die finanziellen Mittel für die Präventionsarbeit aufgestockt werden müssten.
Gegen Hasskommentar im Internet
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist der Kampf gegen den Rechtsextremismus, der für die Ministerin mit dem Vorgehen gegen Hasskommentare im Internet beginnt. „Denn aus Worten werden Taten, die Spirale schraubt sich hoch“, sagte Lambrecht auch mit Blick auf die Taten von Hanau und Halle in jüngster Vergangenheit. 80 Prozent der Bedrohungen gegen Politiker kämen von rechts. „Und teilweise haben sie sogar Erfolg. So haben sich Bürgermeister nach massiven Drohungen gegen sich selbst und ihren Familien aus dem Amt zurückgezogen“, berichtete Lambrecht. „Wenn wir das weiter zulassen, haben wir ein Problem“. Nun soll nun auch künftig die üble Nachrede und Verleumdung von Kommunalpolitikern strafrechtlich verfolgt werden und nicht, wie bisher, nur die von Bundes- und Landespolitikern. Künftig sollen Provider im Internet dazu verpflichtet werden, Posts mit antisemitischen, volksverhetzenden und Menschen verachtenden Inhalten zu melden.
Eine gute Stunde talkten Kerstin Griese und die Ministerin, die anschließend in Velbert blieb. Die nächste Runde von „Kerstin Griese trifft“ ist auch schon terminiert. Am 6. Juli spricht die SPD-Staatssekretärin mit ihrem Chef, Arbeitsminister Hubertus Heil. Dann aber wieder nur digital, mit Videoübertragung.