Velbert. Wegen der strengen Abstandsregeln können die Sänger und Sängerinnen praktisch nicht proben. Aber sie versuchen untereinander Kontakt zu halten.
„Wir haben im Moment das falscheste Hobby, das man in Coronazeiten haben kann“. Hartmut Brandenburg, Sprecher des Velberter Männerchores, und seine mehr als 70 Mitsänger haben keine Chance sich in großer Runde zu treffen und zu proben. Und so wie ihnen geht es wohl den meisten Chören in Velbert.
Die Chöre in NRW dürfen zwar wieder proben, theoretisch. Aber die Regeln sind streng. Pro Sänger müssen zehn Quadratmeter Raum da sein, die Sänger müssen mit zwei Meter Abstand nebeneinanderstehen und zum Vor- und/oder Hintermann müssen es vier Meter Abstand sein. So groß sind aber die meisten Proberäume nicht. „Wo sollen wir unsere mehr als 70 Sänger zur Probe unterbringen“, sagt Hartmut Brandenburg. „Die Vorgaben können wir auch nicht einhalten“, sagt auch Horst-Günther Ostholt von der Männer-Chorgemeinschaft Velbert.
Hygieneregeln des Chorverbands NRW
Beim Betreten des Probenraums muss die Möglichkeit zur Hand-Desinfektion gegeben sein. Noten sind mitzubringen und wieder mitzunehmen, ohne dass andere Mitsänger mit ihnen in Kontakt kommen. Tragen von Mund-Nase-Schutz ist empfohlen. Regelmäßiges Stoßlüften der Räume in Intervallen ist angeraten.
Auf das Schütteln von Händen und Begrüßungsumarmungen muss verzichtet werden. Die Sitzordnung der Probenarbeit ist verbindlich festzulegen, die Platz- und Sitzordnung schriftlich festzuhalten.
Normales Proben geht nicht
Normales Proben geht also gerade nicht, liegt das Chorleben nun völlig lahm? „Wir haben für den 1. November ein großes Konzert mit Solisten in der Apostelkirche geplant. Dafür haben wir auch schon vor Corona geprobt und das tun wird weiter“, berichtet Ostholt. Der Chorleiter hat ein Lied aufgenommen und per Whatsapp an die Sänger geschickt und auch die Noten wurden weitergeleitet. Nun werden die verschiedenen Stimmen eingeübt. „Ich singe dann allein zuhause vor mich hin“, erzählt Ostholt.
Keine Videoprobe
Eine Videochorprobe gibt es bei der Chorgemeinschaft nicht. Nicht alle Sänger haben einen Rechner zuhause und: „Das macht auch wenig Sinn, denn der Chorleiter kann den Einzelnen ja nicht korrigieren“, sagt Ostholt. Außerdem sei es schwierig, alle Stimmen übereinander zu bekommen.
Ob die für Oktober geplante Fahrt zu einem befreundeten Chor in die Rhön stattfinden kann, steht derzeit noch in den Sternen. „Wir haben alles gebucht, Bus und Hotel, auch unsere Frauen wollten mitkommen, aber ob es klappt, weiß niemand“, sagt Ostholt.
Seit 60 Jahren im Chor
Überhaupt das gesellschaftliche Miteinander. „Manche Sänger sind schon seit 60 oder gar 70 Jahren beim Chor, denen fehlt einfach was, wenn sie nicht einmal pro Woche zur Probe kommen können“, sagt Brandenburg vom Männerchor. Die Vorsichtsmaßnahmen hält er dennoch für gerechtfertigt: „Schließlich gehören unsere Sänger mit einem Altersdurchschnitt von etwas 73 Jahren zur gefährdeten Gruppe“.
Dieses Jahr ad acta gelegt
Über Telefon versucht man Kontakt zu halten. „Ich für mich habe abgehakt, dass es in diesem Jahr noch normale Proben und ein normales geselliges Leben geben kann“, sagt Brandenburg.
Jubiläumskonzert abgesagt
Hart getroffen hat es auch den gemischten Chor Recanto. Der hatte für September sein nachgeholtes Jubiläumskonzert zu 10. Geburtstag geplant. „Das haben wir abgesagt“, sagt Verena Birkner, die erste Vorsitzende des Chors, dessen Mitglieder sich zum großen Teil schon vom Velberter Jugendchor kennen. Die 22 Sänger hoffen nur, dass zumindest das Adventskonzert stattfinden kann. Obwohl der Chor kleiner ist, ist auch hier Proben nicht möglich. Denn ihr Proberaum, die Aula der Realschule ist momentan für Schulfremde tabu. „Wir können nur hoffen, dass es irgendwann wieder geht“, sagt Verena Birkner.
Alle Chöre drücken die Daumen, dass trotz der langen Pause alle Sänger ihrer Sangesgemeinschaft treu bleiben und sich nicht ein neues Hobby suchen.