Velbert-Langenberg. An Privatschulen wie Villa Wewersbusch wird die Geduld der Zehntklässler auf eine harte Probe gestellt. Schule protestiert gegen späte Prüfungen.

Wenn die Schüler und Schülerinnen der zehnten Klassen kurz vor den Sommerferien – wenn auch auf ungewohnte Weise und in kleinem Rahmen – ihren Abschluss feiern, dann wird Anja Winterscheidts Tochter Alia (16) das wohl mit gemischten Gefühlen verfolgen. Auch sie geht in eine zehnte Klasse, allerdings nicht an einer staatlichen Schule, sondern in der Privatschule Villa Wewersbusch. „Und die Regelungen für Abschlussprüfungen an Ergänzungsschulen, wie die Villa Wewersbusch eine ist, unterscheiden sich deutlich von denen der staatlichen Schulen“, erklärt die Heiligenhauserin Anja Winterscheidt.

„Schüler haben es im Vergleich viel schwerer“

Die Abschlussprüfungen werden grundsätzlich und immer nicht in der Schule, sondern auswärts unter Aufsicht staatlicher Lehrkräfte abgelegt, zu den vier schriftlichen kommen sechs mündliche Prüfungen, die alle an einem Tag abgelegt werden. „Und diese Prüfungen sollen jetzt in die letzte Sommerferienwoche und die ersten Wochen des kommenden Schuljahrs verlegt werden, statt im laufenden Schuljahr stattzufinden. Mit Nachprüfungen kann sich der Zeitraum bis Ende September ziehen“, fasst Winterscheidt zusammen, was sie als „nicht gleichberechtigt“ empfindet. „Für die staatlichen Schulen wurde eine Lösung gefunden, die privaten Schulen wurden erst hintenangestellt und jetzt macht diese zeitliche Verzögerung es den Schülern im Vergleich viel schwerer.“

30 Zehntklässler in Langenberg betroffen

30 Zehntklässler sind an der Villa Wewersbusch betroffen, immerhin 2000 in ganz NRW.Drei Monate verzögern sich die Abschlussprüfungen also. „Für die Kinder ist das nicht gut“, so Winterscheidt, die sich an alle Landtagsabgeordneten und den WDR gewandt hat, um möglicherweise doch noch einmal ein Umdenken zu erreichen.„Meine Tochter beginnt nach den Ferien ihre Ausbildung im Berufskolleg Neandertal, muss aber gleichzeitig zu Prüfungen antreten. Zum einen wird sie so wiederholt aus der neuen Gruppe gerissen, zum anderen diese im schlimmsten Fall wieder verlassen, wenn sie nicht besteht.“ Auch eine Lernpause in den Ferien sei aufgrund der Entscheidungen des Landes nicht möglich.

Für Abiturienten

Für die Abiturienten der Villa Wewersbusch ergeben sich zum Glück keine zeitlichen Verzögerungen, ihre Prüfungen konnten wie geplant stattfinden.

Gemeinsam mit dem VdP (Verband deutscher Privatschulverbände) hat die Langenebrger Schule eine Petition beim Landtag eingereicht, um das Thema Abschlussprüugen noch einmal diskutieren zu können.

Unterricht auf Tablet

Die Lage ist ja auch psychisch schwierig für die Schüler. Wir waren eigentlich fertig mit dem Untericht, alle auf diesen Zeitraum eingestimmt“, sagt auch Michael Löser, Schulleiter der Villa Wewersbusch. „Der Unterricht war trotz Corona kein Problem, wir sind komplett auf Unterricht übers Tablet umgestiegen und haben den normalen Stundenplan fortgeführt.“

Schulleiter Michael Löser  kennt einige Fälle in denen die Auswirkungen der späten Prüfungen besonders schwerwiegend sind.
Schulleiter Michael Löser kennt einige Fälle in denen die Auswirkungen der späten Prüfungen besonders schwerwiegend sind. © Frei | Villa Wewersbusch

Übungsaufgaben in den Ferien

Alleingelassen werden die Schüler der zehnten Klasse natürlich trotzdem nicht, sollte es bei dem geplanten Ablauf der Prüfungen bleiben. „In den Sommerferien werden die Schüler über das Internet mit Übungs- und Wiederholungsaufgaben versorgt und bleiben in Kontakt mit den Lehrern. Und kurz bevor die Prüfungen stattfinden bieten wir dann nochmal Crashkurse an“, versichert der Mathe- und Sportlehrer, der selbst im Zehner-Jahrgang unterrichtet. Trotzdem kann Löser die Sorgen der Eltern und Schüler selbstverständlich nachvollziehen und kennt einige Fälle, in denen die Prüfungsentscheidungen besonders schwerwiegend sind.

Schüler wollten ins Auslandsjahr

„Eine Familie wollte in den Sommerferien nach Berlin umziehen, zwei andere Schüler zu diesem Zeitpunkt schon ihr Auslandsjahr beginnen – das ist ein Riesenaufwand, der jetzt von ihnen verlangt wird.“ Dazu käme, so Löser, dass Deutschlektüren oder Geschichtslektionen doch über so einen langen Zeitraum leicht wieder aus dem Gedächtnis gerieten. Die Schule gibt ihr Bestes, um trotzdem für die Schüler dazusein - und Anja Winterscheidt hofft, dass Alia möglichst bald ebenfalls über ihren Abschluss jubeln kann.