Neviges. Die Firma Kreideweiss in Velbert stellt zum Schutz vor einer Corona-Ansteckung Schutzscheiben her. Es gibt auch Modelle speziell für das Gesicht.
Die Stadtverwaltung Gelsenkirchen war besonders flott. „Die ersten Schutzscheiben haben wir dort ins Rathaus geliefert, für die Ratssitzungen. Ja, Gelsenkirchen waren die ersten, ein Bekannter von mir arbeitet dort und hatte mich angerufen“, erzählt Anne Rozsa-Kreideweiss. Die 39-Jährige führt mit viel Herzblut und Engagement in dritter Generation das 1909 gegründete Familienunternehmen Kreideweiss GmbH, das alle möglichen Artikel aus Acrylglas herstellt und damit diverse Branchen beliefert. Seit dem 18. März steht in dem Büro an der Ringstraße 15 das Telefon kaum still: Supermärkte, Apotheken, Arztpraxen, Büchereien, alle möglichen Unternehmen und eben auch Stadtverwaltungen – sie alle wollen gläserne Trennwände zum Schutz gegen eine Ansteckung mit dem Corona-Virus.
Die Kunden kommen aus dem näheren Umkreis und aus ganz NRW.
Begehrte Schalen für Seifenspender
Viele positive Rückmeldungen
Die Firma Kreideweiss GmbH beschäftigt 27 Mitarbeiter. 1971 zog das Unternehmen von Wuppertal an die Ringstraße nach Neviges.
Für die Belieferung mit Schutzscheiben gebe es seitens der Kunden sehr positive Resonanz, berichtet Geschäftsführerin Anne Rozsa-Kreideweiss. So bedankten sich viele, dass sie sich jetzt bei ihrer Arbeit sicherer fühlten.
„Ja, das ging alles wahnsinnig schnell. Seit dem Lockdown gehen all diese Sachen wie geschnitten Brot“, sagt die Kreideweiss-Geschäftsführerin und zählt die „Hitliste“ auf. Neben maßangefertigten Tresen- und Kassenvorrichtungen aus Acrylglas gehören auch spezielle Kunststoff-Abtropf-Schalen für Seifenspender zu den begehrtesten Artikeln. Die entsprechenden Rohlinge werden in der Tiefziehmaschine erst aufgeheizt und dann in Form gebracht. Knapp bis unter die Decke stapeln sich in der Halle die Paletten mit den angelieferten Acrylscheiben, Standardmaß drei mal zwei Meter, die später individuell zugeschnitten werden. Das Material kommt mittlerweile auch aus England und Spanien – der deutsche Stammlieferant kann erst wieder im Juni Aufträge erfüllen. Was gerade anläuft: Die Produktion von gebogenen Schutz-Visieren für das Gesicht: „Zum Beispiel für Ärzte, überhaupt für den medizinischen Bereich.“
Viele Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten hier
Von heute auf morgen musste sich Anne Rozsa-Kreideweiss am 18. März auf eine ganz neue Situation einstellen: Einerseits brummte der Laden, andererseits musste zum Schutz der Mitarbeiter der ganze Betrieb auch räumlich entzerrt werden. „Wir arbeiten seitdem in zwei Schichten“, erzählt die 39-Jährige, die froh ist, sich in dieser Situation auf ein Team verlassen zu können, das dem Familienunternehmen zum Teil seit Jahrzehnten die Treue hält. Wie zum Beispiel Anja Schroeder, seit 31 Jahren bei Kreideweiss beschäftigt. „Unsere Allzweckwaffe“, sagt die Chefin liebevoll und Anja Schroeder lacht. Im Moment fertigt sie gerade an der Fräsmaschine viereckige Behälter für den Ladenbau, in den gläsernen Würfel könnten zum Beispiel Socken kommen.
Auch das Kerngeschäft läuft weiter
Im hinteren Teil der 2000 Quadratmeter großen Halle formt Markus Rohr – auch er arbeitet hier seit 30 Jahren – Teile für eine Lampe. Auch in der Corona-Krise muss das Kerngeschäft schließlich weitergehen: Das Unternehmen an der Ringstraße beliefert unter anderem die Beleuchtungsindustrie, den Maschinenbau und fertigt verschiedene Artikel, die für den Messebau benötigt werden.
Die Juristin erfüllte Vaters Wunsch
Geht man mit Anne Rozsa-Kreideweiss durch die Produktionshalle, kann man sich kaum vorstellen, dass sie ursprünglich nicht gerade darauf brannte, hier das Steuer zu übernehmen. „Mein Vater wollte das immer schon. Und dass ich nicht Betriebswirtschaft studiert habe, sondern Jura, das hat er nur akzeptiert, weil das in der Firma ja nicht schaden könnte.“ Nach dem erfolgreichen Studium in Münster und anschließendem zweijährigen Referendariat sei Vater Karl-Peter Kreideweiss dann doch etwas ungeduldig geworden. „Er sagte dann: So, jetzt hopp oder topp.“ Die Volljuristin entschied sich für „topp“ und hat es nicht bereut. „Seit 2012 mach ich das alleine, und ja, es macht Spaß.“ Ihr ganz großes Glück ist jedoch Töchterchen Mia-Greta, eineinhalb Jahre alt. Zusammen mit Ehemann Krisztian lebt Anne Rozsa-Kreideweiss in Düsseldorf, die Familie sucht jetzt jedoch ein neues Domizil in Neviges oder der näheren Umgebung. Und wenn sie mal ein bisschen Zeit für sich abknapsen kann? „Dann laufe ich sehr gern, spiele ab und zu Tennis.“ Vater Kreideweiss jedenfalls ist froh, das Familienunternehmen in so guten Händen zu wissen.