Velbert-Neviges. Bei Bauer Wiemer fallen die Abnehmer aus der Gastronomie in diesem Jahr vorerst weg. Auch das hofeigene Restaurant darf nicht geöffnet werden

Vom Ausfall seiner Saisonarbeiter ist der Spargelhof Gut Kuhlendahl zwar nicht betroffen, dennoch hat der Saisonbetrieb große Probleme. Es fallen viele Abnehmer weg.

Erstmalig hatte der Landwirt 2001 Spargel ausgepflanzt. Erst ein Jahr später konnte Wiemer die erste Ernte einholen, und auch erst im dritten Jahr war die volle Ernte da. Normalerweise werden in jedem Jahr neue Pflanzen gesetzt, doch in diesem Jahr nicht.

Hofgastronomie kann nicht starten

Überhaupt wird der Spargelbauer weniger ernten: „Wir werden nicht so viel wie sonst ernten, weil die Gastronomen, Stand jetzt, als Abnehmer komplett ausfallen.“ Selbst wenn deren Geschäft wieder anlaufen sollte, werde es schleppend anlaufen, prognostiziert der Landwirt. Er selbst und seine Frau Judith sind an dieser Stelle besonders betroffen: Die Hofgastronomie „Spargelrestaurant Gut Kuhlendahl“ wäre in diesen Tagen in die Saison gestartet. „Das ist für die Hofgastronomie eine Katastrophe!“ Die Saison startet in der Regel am Mittwoch vor Gründonnerstag und endet am „Johannistag“, am 24. Juni.

Probleme mit den automatisierten Anträgen

Hier sind der Landwirt und seine Frau als Gastronomin gleich doppelt betroffen. Als Saisonbetrieb seien sie immer stärker betroffen. So nun auch bei den Anträgen für die Soforthilfe. Zwar fällt offensichtlich der komplette Gastronomiebetrieb weg und bei der Ernte wird es starke Einbrüche geben, aber für die automatisierten und vereinfachten Anträge auf ist kein Häkchen für diese Einkunftsarten vorgesehen: Umsatz am 31. Dezember gab es nicht und ein Einbruch der Umsätze zum Stichpunkt gab es ebenfalls nicht.

Noch keine Zeit nachzudenken

Wiemer nimmt es schon fast gelassen: „Wir sind ein sehr spezialisierter Betrieb. Das trifft mich immer wieder.“ Da sie gerade dennoch in die Saison starten, hatte der Landwirt noch gar keine Zeit, sich mit der Soforthilfe oder anderen Fördermitteln zu beschäftigen. Und es kann ja immer noch sein, dass die Gastronomie wieder öffnen darf. Allerdings hat der 46-Jährige da wenig Hoffnung: „Falls sich Lockerungen ergeben, würden wir auch öffnen, allerdings sehen wir das kritisch.“

Der Spargelverkaufsstand auf dem Hof hat geöffnet. In der Warteschlange wird ausreichend Abstand gehalten.
Der Spargelverkaufsstand auf dem Hof hat geöffnet. In der Warteschlange wird ausreichend Abstand gehalten. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Erntekräfte aus Polen sind da

Nicht betroffen ist der Hof aber vom Mangel an Erntekräften, weil viele seiner Saisonarbeiter aus Polen schon längst da waren, als das Einreiseverbot Ende März verhängt wurde – allerdings sind Polen von dem Verbot zurzeit auch nicht betroffen. Es gilt aber ein Einreiseverbot für Staatsangehörige von Drittstaaten und EU-Staaten, die das Schengener-Abkommen nicht vollständig umgesetzt haben, zum Beispiel Rumänien, Bulgarien.

Außerdem gilt die Grenzschließung für Staatsangehörige von Staaten, für die vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt worden sind: Österreich, Frankreich, Schweiz, Luxemburg und Dänemark. Das Einreiseverbot gilt nicht für Staatsangehörige der übrigen Staaten, die das Schengen-Abkommen vollständig umgesetzt haben, hierzu zählt Polen.

Schengener Abkommen

Die Schengener Abkommen sind internationale Übereinkommen, insbesondere zur Abschaffung der stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten. Dies sind im Kern die Mitglieder der Europäischen Union, jedoch ohne Irland. Durch Zusatzabkommen mit der Europäischen Union wurde der Anwendungsbereich auf Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz ausgedehnt.

Das unkontrollierte Passieren der Binnengrenzen als Prinzip der Schengener Abkommen wurde im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa ab 2015 zeitweise von mehreren europäischen Ländern außer Kraft gesetzt, nachdem einzelne Mitgliedstaaten die Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union gefährdet sahen. Im März 2020 wurden wegen der COVID-19-Pandemie zahlreiche Grenzen zwischen Mitgliedstaaten geschlossen. Quelle: Wikipedia

Nur wenn die Polen Ende Juni zurückfahren, müssen sie wahrscheinlich in ihrem Heimatland in die Quarantäne, sofern es dann noch akut sei. „Aber wir reden explizit über Polen“, betont Wiemer. Für Rumänien oder Bulgaren bestehe das Einreiseverbot. Doch er und ein weiterer Velberter Kollege, dessen Saison gerade beginnt, beschäftigen ausschließlich Polen.

Helfer wohnen in Saisonunterkünften

Aus Polen kamen früher mehr Arbeiter, seitdem Polen EU-Mitglied ist habe sich diese Zahl stark reduziert, blickt Wiemer zurück. Ein Großteil der deutschen Erntehelfer komme jetzt eben nicht mehr dorther. Zehn Helfer sind bereits da, erst wenn in drei bis vier Wochen die späten Spargelanlagen geerntet werden, kommen noch weitere Helfer nach. Für die Helfer gibt es Saisonunterkünfte.

Spargelhof-Mitarbeiter Daniel befüllt die Spargelschälmaschine auf dem Hof in Neviges.
Spargelhof-Mitarbeiter Daniel befüllt die Spargelschälmaschine auf dem Hof in Neviges. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ein wenig umstellen müssen sie sich bei der Übernachtung, damit die Arbeiter weniger in Kontakt kommen. Aber das ließ sich schnell einrichten. Spargelbauer Peter Wiemer arbeitet mit den polnischen Arbeitskräften, seit dem er den Betrieb aufgenommen hat: „Die polnischen Saisonarbeiter kommen jedes Jahr.“