Neviges. Sie müssen ihre Restaurants schließen, doch die Gäste bleiben ihnen treu. In Velbert bieten einige Gastronomen mit Erfolg einen Lieferservice an.

Alexandros Papaioannou weiß im Moment kaum, wo ihm der Kopf steht: „Das hier ist ein bisschen wie Seepferdchen. Man darf nicht untergehen.“ Vor zwei Jahren hat er von seinen Eltern das damalige „Corfu“ im Siepen übernommen, und mit seinem Lokal „Kitsa’s – genannt nach dem Spitznamen seiner Mutter – richtig gut Fuß gefasst in der Gastro-Szene. „Es fing so toll an. Und im dritten Jahr steht man plötzlich vor dem Aus, wie ein böser Traum.“ Wie alle Restaurants landesweit musste auch das „Kitsa’s“ in der Goethestraße im Kampf gegen eine weitere Verbreitung des Coronavirus schließen. Ein Freund gab Alex, wie er im Siepen nur genannt wird, den Tipp, seine Spezialitäten frei Haus zu liefern. Der junge Gastronom war erst unsicher – doch das Ergebnis jetzt macht ihn sprachlos.

Gerührt über die Unterstützung

Keimfreie Übergabe der Köstlichkeiten: Paul Eichhorn, Mitarbeiter im Haus Stemberg, stellt einen Styroporkarton auf den Tisch.
Keimfreie Übergabe der Köstlichkeiten: Paul Eichhorn, Mitarbeiter im Haus Stemberg, stellt einen Styroporkarton auf den Tisch. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Ich habe ja gar keine Erfahrung damit, habe es einfach Freitag mal auf Facebook gepostet. Der Start war so toll, das hätte ich mir nicht träumen lassen.“ Eine Bestellung jagte die andere, die ganze Familie setzt sich seitdem ins Auto und sorgt dafür, dass Bifteki, Pizza und Aufläufe möglichst heiß auf dem Esstisch der Gäste daheim landen. „Ich biete unsere Bestseller an, das ganze Sortiment geht nicht, das kann ich leider nicht stemmen.“ Umso glücklicher ist Alex Papaioannou, dass ihn neben Stammgästen auch viele neue unterstützen. „Was die Nevigeser hier machen, das ist ganz großen Kino. Wirklich toll.“

Stressiger als ein volles Restaurant

Damit meint er nicht nur seine treuen Gäste, die jetzt weiter bei ihm bestellen. Schweren Herzens musste sich der Gastronom von einer Angestellten trennen. „Sie ist aber nicht arbeitslos, sondern kam hier beim Edeka Thiel unter. Das hat auch jemand vermittelt, die Leute hier halten toll zusammen.“ Er selbst und seine gesamte Familie legen sich mächtig ins Zeug, damit das „Kitsa’s“ überlebt. „Ich habe schon den Ruhetag gestrichen, das kann ich mir nicht mehr erlauben. Ab jetzt zählt jeder Groschen.“ An den Lieferservice muss er sich erst noch ein wenig gewöhnen: „Das ist noch mehr Stress, als wenn das Restaurant pickepacke voll ist.“ Was auch daran liegt, dass er nicht nur kocht, sondern auch selbst fährt.

Menus abholen beim Sternekoch

„Kleine Schweiz“ liefert auch frei Haus

Beim Restaurant Kitsa’s kann täglich von 11 bis 15 und von 17 bis 20 Uhr bestellt werden unter 02053 7402. Das Haus Stemberg nimmt unter 02053 5649 von 11 bis 18 Uhr Bestellungen an. Die „Take away“-Speisekarte wechselt und kann eingesehen werden auf www.haus-stemberg.de.

Bei den Berger Stübchen kann bestellt werden unter 0173 3402114. Das Restaurant Kleine Schweiz hat montags und dienstags geschlossen, bietet aber ebenfalls einen Lieferdienst an unter 02053 6225.

Das muss Sternekoch Sascha Stemberg nun nicht, wenn er seinen marinierten Kalbstafelspitz oder die geschmorten Ochsenbäckchen mit Bärlauchrisotto von Topf und Pfanne in die Transportgefäße aus Styropor füllt. Aber bis über beide Ohren zu tun hat der Spitzengastronom auch, der sich sehr schnell auf die neue Situation einstellte und seit über einer Woche seinen „Take away-Service“ anbietet. Auch an diesem Vormittag geht es hoch her in der Küche, steht das Telefon bei Vater Walter Stemberg kaum still. „Sehr viele Stammgäste bestellen bei uns, unser Fahrdienst liefert bis nach Düsseldorf und Essen.“

Strenge Hygiene-Vorschriften

Wer mag, kann sich seine Köstlichkeiten auch im Restaurant an der Kuhlendahler Straße abholen, hier gelten strenge Vorschriften: Der Gast desinfiziert sich am Eingang die Hände, bleibt hier stehen, die Speisen werden dort auf einen Tisch gestellt. So bleibt ein großer Abstand gewahrt. Für Walter Stemberg ist der Lieferdienst nicht nur Service für den Gast: „Wir müssen etwas machen. So eine Situation hatten wir alle noch nie. Wir haben zehn Mitarbeiter und neun Auszubildende. Wegen der Auszubildenden können wir keine Kurzarbeit anmelden und wir wollen, wenn es irgend geht, Entlassungen vermeiden.“ Daher sein Appell im Namen aller Kollegen: „Unterstützen Sie uns Gastronomen in dieser schweren Zeit.“

Antonio Monticciolo von den Berger Stübchen hofft, dass ihm seine Gäste treu bleiben.
Antonio Monticciolo von den Berger Stübchen hofft, dass ihm seine Gäste treu bleiben. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Auch Antonio Monticciolo, der das Restaurant „Berger Stübchen Monticciolo“ im letzten Jahr übernommen hat , liefert seine Pizzen und Salate frei Haus. „Ich habe das noch nie gemacht, es ist eine große Umstellung. Natürlich gehen die Umsätze zurück, ist ja klar“, sagt der Inhaber. „Ich hoffe sehr, dass uns die Kunden erhalten bleiben.“