Langenberg. Ein Reisebüro-Chef aus Velbert-Langenberg hat einen Brandbrief an die Bundesregierung geschickt. seine Branche sei derzeit doppelt gestraft.
Andreas Hack braucht Geld, und zwar dringend. Der Langenberger ist Inhaber der Firma ITR Reisen – und seine gesamte Branche leidet besonders unter der aktuellen Corona-Krise: „Wir werden doppelt gestraft“, klagt Hack. „Wir können gerade keine Umsätze generieren und gleichzeitig fordern einige Reiseveranstalter Provisionen zurück."
Gerade Letzteres ärgert Andreas Hack besonders. „Das sind Reisen, die sind teilweise schon im Oktober gebucht worden.“ Er und sein Team hätten also dafür gearbeitet, nun würde das Geld zurückverlangt. „Die Reisen kommen nicht zustande, es liegt höhere Gewalt vor“, sagt Hack. Für ihn steht dadurch jedoch die Existenz auf dem Spiel. „Es wird Zeit, dass hier die Regeln geändert werden.“
Brandbrief an Landes- und Bundesregierung
Deswegen hat sich Andreas Hack wie so viele Kollegen aus der Branche in einem Brandbrief an die Bundesregierung gewandt. „Wir haben das Wirtschafts-, das Außen- und das Justizministerium angeschrieben, außerdem den NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet.“ Resonanz? „bislang keine.“
„Wir stehen für die nächsten Monate mittellos da“, heißt es in dem Brief. „So wie es aktuell aussieht, muss ich meine fünf Mitarbeiterinnen entlassen – nach teilweise 20-jähriger Zusammenarbeit.“ Um das zu verhindern, ist Andreas Hack viel unterwegs, vor allem zu Banken. Auch wenn er da wenig optimistisch ist.
Kunden müssen aus dem Ausland zurück geholt werden
„Einen Termin bekommen Sie erst gar nicht“, sagt er und versucht, auf gut Glück persönlich vorzusprechen. „Dazu kommt die Aussage, dass das verbleibende Kreditrisiko in Höhe von 20 Prozent zu viel für meine Bank ist. Und selbst wenn ich einen Kredit bekäme, kommt der wahrscheinlich zu spät.“
Zusätzlich ist Hack noch damit beschäftigt, seine Kunden aus dem Ausland zurückzuholen. „18 bis 20 Stunden arbeiten wir derzeit“, sagt er, „und das seit einer Woche.“ Gerade erst hat er einen Kunden aus Kenia ausfliegen lassen können, zwei andere Kunden kommen über London aus Brasilien zurück. „Ich mache das ja auch alles gerne“, sagt Hack. Nur die Sorge um die Zukunft, die sei sehr groß.
Hoffnung auf Entgegenkommen der Stadtverwaltung
Immerhin, so berichtet der Unternehmer, „haben wir einen Vermieter, der uns ein wenig entgegenkommt.“ Vielleicht ließe sich ja auch mit der Stadt Velbert verhandeln, ob irgendwelche Erleichterungen möglich wären – „etwa bei der Zahlung der Gewerbesteuer“, hofft Hack.
Denn Rücklagen habe er in der Vergangenheit kaum bilden können: „Wir saßen schon nächtelang im Büro um Gäste nach dem 11. September 2001 zu betreuen. Den ersten Angriff auf den Irak sahen wir bei N-TV am Flughafen – zusammen mit 220 Gästen. Der Island-Vulkan hat mir, mit Anfang 40, graue Haare verschafft. Air Berlin und Germania Pleiten, Thomas Cook Insolvenz, Flüchtlinge in Urlauberhotels“, zählt Andreas Hack verschiedene Gründe dafür auf.
Mit dem Brief will die Branche die Aufmerksamkeit auf ihre Notsituation lenken. Können denn die Langenberger ganz konkret etwas tun, um ihn zu unterstützen? „Langfristig ja“, sagt Andreas Hack und appelliert: „Wer demnächst seinen Urlaub buchen will – macht das bitte lokal und nicht im Internet. Damit wäre mir und meinen Kollegen aus der gesamten Branche schon sehr geholfen."
Branche erwartet hohe Umsatzeinbußen
Anbieter sagen reisen ab
Nach Auskunft des Magazins „Touristik Aktuell“ haben zahlreiche Veranstalter ihre Reisen mit Anreise bis einschließlich 30. April abgesagt. Dazu gehören unter anderem Alltours, DER Touristik, die FTI Group, Schauinsland-Reisen oder die TUI.
Für Betreiber von Reisebüros gibt es Online einen kostenlosen Leitfaden, wie mit der aktuellen Krise umgegangen werden sollte. Der Plan soll den Inhabern ein Instrument an die Hand geben, um schnell und effizient Hilfe zu beantragen (www.oneworld-consulting.de).
Laut einer Hochrechnung von Statista muss sich die deutsche Reisebranche im Jahr 2020 auf Umsatzeinbußen von rund zehn Prozent einstellen. Laut Online-Portal reisereporter.de werde allein für Italien ein Umsatzminus von 24 Prozent erwartet. Eine Umfrage des Deutschen Reiseverbandes zeichnet ebenfalls ein düsteres Bild: Rund 90 Prozent der Reisebüros müssen Einbußen von mindestens zehn Prozent beim Umsatz hinnehmen. Etwa die Hälfte der Befragten meldet sogar Einbußen von mindestens 50 Prozent.
Daher ruft die Reisebranche dazu auf, Urlaube nicht zu stornieren, sondern lieber umzubuchen. Und, so wie es sich auch Andreas Hack von den Langenbergern wünschen würde, bittet die Branche darum, loyal zu sein – und die nächste Reise im lokalen Reisebüro zu buchen.