Velbert. Der Kapp-Putsch vor 100 Jahren führte auch in Velbert und Heiligenhaus zu Kämpfen zwischen rechtsgerichteten Freikorps und bewaffneten Arbeitern.
Nicht mal zwei Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs feuerten auf deutschem Boden erneut gegnerische Truppen aufeinander – nur dass diesmal nicht Soldaten fremder Nationen gegeneinander kämpften, sondern bewaffnete Gruppen mit unterschiedlichen politischen Ansichten.
Der Kapp-Putsch, auch Kapp-Lüttwitz-Putsch, hielt im März 1920 für rund 100 Stunden die junge Weimarer Republik in Atem. Hauptakteure waren dabei der preußische Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp im politischen Bereich mit seiner „Nationalen Vereinigung“ und der General Walther von Lüttwitz mit Teilen der Reichswehr und Angehörigen von Freikorps – wie etwa der berüchtigten Brigade Ehrhardt, deren bayrische Nachfolger der,,Organisation Consul“ 1921 den Finanzminister Matthias Erzberger (Zentrum) und 1922 den Außenminister Walther Rathenau (Deutsche Demokratische Partei) ermordeten.
Größter Streik in der Geschichte des Deutschen Reiches
Maßgeblich mit beteiligt an diesem Putsch war auch Hauptmann Waldemar Pabst, der 1919 den Befehl zur Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg (KPD) gegeben hatte.
Noch im Laufe des 13. März erschien in allen größeren Städten ein von den sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern und vom Parteivorsitzenden der SPD Otto Wels unterzeichneter Aufruf zum Generalstreik. Etwa zwölf Millionen Beschäftigte legten ab dem 15. März die Arbeit nieder, um den Putschisten ihren geringen Rückhalt in der Bevölkerung zu demonstrieren. Es war die größte Streikbewegung in der Geschichte des Deutschen Reiches.
Die durch den Putschversuch ausgelösten Kämpfe machten auch um Velbert und Niederberg keinen Bogen. Die Kapp-Lüttwitz Truppen besetzten Teile des Ruhrgebietes, stießen bis Heiligenhaus vor und errichteten einen Vorposten bei der Ziegelei Germania am Dalbecksbaum. Von dort schossen die Putschtruppen mit MGs und Geschützen bis in den Herminghauspark.
Fünf Tote bei Kämpfen in Velbert
In „Velbert – Geschichte dreier Städte“ ist dazu zu lesen: „Eine Feldwache (bewaffneter Velberter Arbeiter) ... griff den Reichswehrposten an“ … und es ... „beteiligten sich Bewaffnete aus Velbert selbst, sowie aus der Flandersbach und Tönisheide an den Kämpfen.“
Nach dem Gefecht am Dalbecksbaum zogen sich die Putschtruppen nach Heiligenhaus zurück. Ob es dort zu Racheakten an der Bevölkerung kam, ist nicht belegt – aber nicht ausgeschlossen, wie die Gräueltaten von Freikorps gegen aufrührerische Arbeiter im Ruhrgebiet im Anschluss an den Kapp-Putsch beweisen.(vgl.: R. Köster, „Ewig kann’s nicht Winter sein...“, Seite 8).
Velberter schließen sich Roter Ruhrarmee an
Bei den Kämpfen an der Ziegelei Germania starben drei Söldner und zwei bewaffnete Velberter. Darüber berichtete die Velberter Zeitung am 22. März 1920: ,,Unter überaus zahlreicher Beteiligung wurde der im Kampf am Baum gefallene Herr Thönges zur letzten Ruh getragen.“ Und am 24. März 1920: ,,Der Revolutionskämpfer Karl Schulte verstarb an einer am 16. 3. 1920 erlittenen Verletzung und wurde am 23. 3. 20 unter Anteilnahme hunderter Bürger durch die Straßen Velberts zu Grabe getragen.“
Danach kämpften etwa 250 Velberter zum Teil … „unter Führung des Velberter Metallarbeiters August Meinert (KPD)“ (vgl. G. Judick in: „Aus 100 Jahren Geschichte der lG Metall Velbert“, S. 54) auf Seiten der „Roten Ruhrarmee“.
Arbeiteraufstand im Ruhrgebiet
Die Ausgangslage
Die Putschisten wollten eine Militärdiktatur und die demokratischen und sozialen Rechte der Weimarer Verfassung abschaffen. Vordergründig ging es ihnen zunächst darum, die Reduzierung der Reichswehr und Auflösung der Freikorps zu verhindern. Darin wurden sie von den Mitgliedern der DNVP und vielen Anhängern der DVP unterstützt.
Dagegen stellten sich entschieden die Gewerkschaften und die Arbeiterparteien SPD, USPD und KPD und riefen zum Generalstreik auf, der auch in Velbert befolgt wurde. Dieser Generalstreik vom März 1920 war der größte in der Geschichte des Deutschen Reiches – und erfolgreich.
In der Folge des Generalstreiks kam es im März 1920 aber auch zu zahlreichen revolutionären Aufstandsbewegungen gegen die Weimarer Republik aus dem anderen politischen Lager: Besonders heftig tobte der Aufstand im Ruhrgebiet, wo der rechtsradikale Umsturzversuch in Berlin als Signal für einen flächendeckenden Arbeiteraufstand wirkte, der auch nach Ende des Lüttwitz-Kapp-Putsches anhielt. Die von Anhängern der KPD und der USPD getragene, etwa 50.000 Bewaffnete zählende „Rote Ruhrarmee“ beherrschte nach heftigen Kämpfen mit Reichswehreinheiten und mit der Sicherheitspolizei das rheinisch-westfälische Industrierevier.
Aufstand wird grausam niedergeschlagen
Die Ausgangslage
Die Putschisten wollten eine Militärdiktatur und die demokratischen und sozialen Rechte der Weimarer Verfassung abschaffen. Vordergründig ging es ihnen zunächst darum, die Reduzierung der Reichswehr und Auflösung der Freikorps zu verhindern. Darin wurden sie von den Mitgliedern der DNVP und vielen Anhängern der DVP unterstützt.
Dagegen stellten sich entschieden die Gewerkschaften und die Arbeiterparteien SPD, USPD und KPD und riefen zum Generalstreik auf, der auch in Velbert befolgt wurde. Dieser Generalstreik vom März 1920 war der größte in der Geschichte des Deutschen Reiches – und erfolgreich.
Nach erfolglosen Einigungsversuchen der Reichsregierung unter Hermann Müller mit den Aufständischen begann am 3. April 1920 der Einmarsch von Regierungstruppen in das Ruhrgebiet. Unterstützung erhielten sie in ihrem „Kampf gegen den Bolschewismus“ von Freikorps wie der maßgeblich am Kapp-Lüttwitz-Putsch beteiligten Marinebrigade von Hermann Ehrhardt. Die wenige Tage dauernde Niederschlagung des Aufstands im Ruhrgebiet war begleitet von einem Höchstmaß an Grausamkeit auf beiden Seiten, dem etwa 1000 Aufständische und mehr als 200 Reichswehrsoldaten zum Opfer fielen.
Velberter zum Schein erschossen
Die berüchtigten Freikorps gingen dabei auch in Velbert mit brutaler Gewalt vor – auch gegen unbeteiligte Zivilisten. So schreibt der inzwischen verstorbene Lokalhistoriker Günter Judick in „Aus 100 Jahren Geschichte der lG Metall Velbert“: ,,Nach Beendigung der Kämpfe mussten einige der aktivsten Arbeiter Velbert verlassen.“ Darunter war auch Hubert Göbels (KPD), der am Dalbecksbaum leicht verwundet wurde. Göbels berichtete, dass er später als „roter Ruhrarmist“ vom Militär gefangen und „zum Schein erschossen“ worden war – aber eben noch mit dem Leben davon gekommen sei. Danach sei er aber mit seinem Bruder Fritz längere Zeit auf der Flucht gewesen (Quelle: unveröffentlichter Erinnerungsbericht von H. Göbels, aus dem Archiv von Rainer Köster).
Mit Material von Rainer Köster und dem Deutschen Historischen Museum Berlin