Langenberg. Der russische Pianist Stanislav Korchagin begeisterte das Publikum in der Vereinigten Gesellschaft in Velbert-Langenberg.
Mehrmals im Jahr gönnt sich die „Vereinigte Gesellschaft“ Langenberg einen musikalischen Nachmittag mit schon preisgekrönten jungen Pianistinnen und Pianisten im schönsten Saal der Stadt, „ihrem“ Saal, wobei auch alle Bürger der Stadt geladen sind.
So auch am letzten Sonntag, als einem russischen Pianisten die Bühne überlassen wurde: Stanislav Korchagin, der sich besonders in Moskau und Petersburg einen Namen gemacht hatte. Bemerkenswert, dass er mit einer Sonate von Haydn begann, bemerkenswert schon deswegen, weil Sonaten von Haydn – eine große Anzahl – selten im Konzertsaal zu hören sind. Eigentlich hätte man Grazie und Gefälligkeit von dieser Musik erwartet. Korchagin nahm aber Haydn – im wahrsten Sinn des Wortes – fest bei der Hand und stellte den Komponisten als entschiedenen, aller Tändelei fernen Klassiker dar.
Bearbeitungen von Schubert-Liedern
Korchagins Entschlossenheit zur großen Wirkung steigerte sich in zwei Bearbeitungen von Schubert-Liedern von Franz Liszt, um sich dann im „La Valse“ von Maurice Ravel zum Exzess zu steigern. Die Wirkung blieb nicht aus und zeigte sich im Jubel der Zuhörer. Geradezu zelebriert wurden von Korchagin nach der Pause in Liszt‘s Klaviersonate b-moll Kraft, Heftigkeit, Energie, Wildheit, Eigensinn – manch ein Zuhörer mag noch mehr in dieser Richtung gespürt haben – so dass man den Eindruck bekam, noch nie einen solchen aufwühlenden Klavierabend gehört zu haben.
Korchagin tritt zurückhaltend auf
Und das bei einem Interpreten, der so in sich gekehrt auftrat, dass er noch nicht mal mehr als eine Sekunde einen Blick zum Publikum wagte – ob nun bei freundlichem oder frenetischem Beifall. Da machte sich in der Musik das ganze Ungestüm einer russischen Seele Raum. Nun wäre es nicht Franz Liszt, wenn nicht manche Stellen in seiner Klaviersonate auch zum romantischen Verweilen gezwungen hätten, auf die sich Korchagin auch durchaus mit Empfindung eingelassen hatte. So gab es dann doch für die Zuhörer die Möglichkeit, ihr seelisches Gleichgewicht wieder zu gewinnen. So auch in den versöhnlichen Zugaben mit Stücken von Rachmaninoff und Tschaikowsky.
Die Vereinigte Gesellschaft
Am 20. Dezember 1798 setzten sich elf Herren aus Bergisch- und Märkisch-Langenberg zusammen und begannen damit, eine Satzung für die gerade aus der Taufe gehobene Vereinigte Gesellschaft zu verfassen. Etwas mehr als zwei Wochen darauf, am 5. Januar 1799, hatten sie dann ihre „Gesezze“ ausgearbeitet und damit einstimmig die erste Satzung der VG als eine Herrengesellschaft beschlossen.
Die Gründungsmitglieder waren neben Kaufleuten und Fabrikanten ein Arzt, ein Apotheker, ein Rechtsanwalt und ein Wirt. Ihre Gesellschaft stellte mit ihrer eigenen demokratisch ausgerichteten Konstitution eine bürgerliche Gegenbewegung zum vorherrschenden politischen Absolutismus dar. Mehr dazu auf www.vg-langenberg.de.
Man hätte Korchagin einen großen Konzertraum gewünscht, da der intime Rahmen in der „VG“ doch akustisch überfordert war. Der Saal soll in diesem Jahr in der Höhe erweitert und damit in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden, wobei auch die Akustik sich verbessern würde. Man kann sich darauf freuen.
Künstler erarbeitet sich Renommee
Der Pianist Stanislav Korchagin ist Jahrgang 1993. Mit 18 Jahren begann er ein Studium bei Tatiana Zelikman am Moscow State Frédéric Chopin College of Music. Im Anschluss wechselte er zur Russischen Gnessin Akademie der Musik. Ebenfalls mit 18 Jahren – 2011 – gewann er den regionalen Prokofiev-Klavierwettbewerb in Moskau und zwei Jahre später einen Preis beim Virtuoso Festival für Romantische Musik in Moskau.
Korchagin gibt regelmäßig internationale Solokonzerte und spielte bereits mit dem Orchester des Mariinsky Theaters und der Jaroslawler Staatsphilharmonie. In den letzen Jahren erhält er regelmäßige Anfragen internationaler Klavierfestivals.