Velbert. Dörte Frisch hat die „Flüchtlingshilfe in Velbert“ gegründet. Obwohl weniger Geflüchtete kommen, ebbt ihre Arbeit nicht ab. Das hat Gründe.

Die Flüchtlingswelle ebbt ab und mit ihr die öffentliche Aufmerksamkeit. Die Schicksale der Geflüchteten rücken immer mehr in den Hintergrund. Doch Dörte Frisch setzt sich für diese Menschen ein. Im Rahmen des Vereins „Flüchtlingshilfe in Velbert und dem Projekt Deutsch Lernen“ gibt sie juristische Rückendeckung.

Ein kleiner schwarzhaariger Junge öffnet die Tür in der ersten Etage des Flüchtlingsheims. In der Hand hält er einen Papierflieger. Die Räume der Flüchtlingsberatung wirken wie eine gewöhnliche Zwei-Zimmer-Wohnung. Es gibt einen Warteraum, in dem mehrere blaue Stühle, um zusammengeschobene Tische stehen. Eine junge Frau wiegt ihren Säugling in der Babyschale und der Vater gibt seinem Sohn Tipps, wie er den Flieger windschnittiger falten kann.

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„Frau Frisch wird Dir helfen“

Narwin Haaleh steht mit zwei Freunden in der anderen Ecke des Raums und unterhält sich auf Farsi. Der 25-Jährige kommt aus dem Iran und lebt seit drei Jahren in Deutschland. Mitten im Gespräch bricht er in unkontrolliertes, lautes Lachen aus. „Ich habe heute einen Brief bekommen, in dem mir mein Aufenthalt gekündigt wird“, er legt sich die Worte zurecht und führt fort „ich kann einfach nicht weinen, also lache ich“. Sein Freund Milad legt seine Hand auf Narwins Schulter: „Frau Frisch wird dir helfen, so wie sie mir geholfen hat.“

Anfragen nach rechtlicher Beratung

Dörte Frisch unterstützt Flüchtlinge bei juristischen Anliegen. In das Berufsfeld fand sie 2010, als sie Migrantinnen und Migranten ehrenamtlich Deutschunterricht gab. Da sie nicht Lehrerin, sondern Juristin ist, wendeten sich ihre Schülerinnen und Schüler immer häufiger mit rechtlichen Angelegenheiten an sie. Dörte Frisch hilft kostenlos. „Mein Gefühl hat mir gesagt, ich kann sie jetzt nicht im Stich lassen“, erzählt sie im Rückblick. Mit dem Beginn der Flüchtlingswelle stiegen auch die Anfragen nach rechtlicher Beratung. Frisch gründet infolgedessen den Verein Flüchtlingshilfe mit dem Projekt „Deutsch lernen“ in Velbert.

Kostenlose Beratung

Die Flüchtlingshilfe Velbert besteht seit 2011. Der Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, Flüchtlingen/Asylsuchenden das Ankommen in der Region zu erleichtern. Dafür bietet er eine kostenlose Beratung zu Aufenthalts-, Verfahrens- und Ausländerrecht, Perspektivberatung, Sprachförderung, sozialen und persönlichen Problemen, Berufsausbildung, Arbeitsplatzsuche und Dokumentenanerkennung an. Diese Beratung findet in Velbert, Langenfeld und Ratingen statt.

Des Weiteren bietet der Verein kostenfreie Deutschkurse verschiedener Niveaus an: Alphabetisierungskurse zum Erlernen der Schrift, Anfänger- und Fortgeschrittenenkurse sowie ein Internet-Lerncafé, welches zusätzlich zu den Deutschkursen besucht werden kann.

Zunächst ist sie ehrenamtlicher Teil des Vorstandes, 2014 macht sie dann die Flüchtlingsberatung zu ihrem Beruf. Dörte Frisch ist seitdem Angestellte in dem von ihr, gegründeten Verein. „Das Fremde an den Menschen, die zu uns kommen, fällt mir schon gar nicht mehr auf“, erzählt Dörte Frisch. Viele der Flüchtlinge, die sie berät, helfen später im Verein. Sie nehmen wie die anderen Vereinsmitglieder bei organisatorischen Treffen teil und stimmen über die Jahresziele ab. https://www.waz.de/staedte/velbert/article227940649.ece

Die beste Freundin kennengelernt

Ihre beste Freundin lernte Frisch in einem Beratungsgespräch kennen. Die Albanerin hilft heute bei der Übersetzung. Bei der Initiative „Flüchtlinge helfen Flüchtlingen“ wird dieser interkulturellen Hilfsbereitschaft eine Plattform gegeben. Migrantinnen und Migranten begleiten in dem Rahmen Behördengänge und Arztbesuche. Während die Juristin von dem Konzept erzählt, wird sie regelmäßig von der Klingel unterbrochen.

Die Integrationsarbeit ist noch lange nicht getan. Ganz wichtig sind Deutschkenntnisse. Bei der Flüchtlingshilfe und hier bei der VHS gibt es Deutschkurse.
Die Integrationsarbeit ist noch lange nicht getan. Ganz wichtig sind Deutschkenntnisse. Bei der Flüchtlingshilfe und hier bei der VHS gibt es Deutschkurse. © FUNKE Foto Services | Tamara Ramos

Integrationsarbeit ist nötig

„Obwohl der Höhepunkt der Flüchtlingswelle vorüber ist, ist die Integrationsarbeit noch lange nicht getan“, erklärt Frisch. Die Hilfesuchenden warten im Nebenzimmer, in dem eine Schultafel an der Wand hängt. Der Raum wird auch für Vereinsversammlungen genutzt. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein großes Regal, gefüllt mit Büchern, die in breiten Fächern unordentlich übereinander geschoben sind. Ali Laeq sitzt auf einem der Stühle hinten in der Ecke des Raums. Vor ihm liegen mehrere zusammen getackerte Papiere, über die er sich beugt. Der 26-Jährige erzählt mit leuchtenden Augen, dass er gute Chancen für eine verlängerte Aufenthaltsgenehmigung hat. „Ich habe auch fast nichts Böses getan“, sagt der Afghane und führt fort „nur einmal, da bin ich schwarzgefahren und wurde erwischt.“ In der gleichen Woche hat er die 60 Euro Bußgeld bezahlt.

Gespräche über Traumata

Einfluss auf das Asylverfahren, könnte das Schwarzfahren trotzdem haben. Bei Dörte Frisch sucht er nach Hilfe, um das unverständliche Behördendeutsch zu verstehen. Nicht nur Frisch arbeitet bei der Flüchtlingshilfe. Die Ärztin Malika Isoeva berät Geflüchtete, die häufig medizinische Unterstützung brauchen. Sie kommt aus Tadschikistan. „Malika baut durch ihre Sprachkenntnisse leichter Vertrauen zu den Geflüchteten auf“, erzählt Frisch über ihre Kollegin. „Sie hilft dabei über Traumata zu sprechen und die Geschichte aufzuarbeiten.“

Erstmals wird ein Mann in der Beratung arbeiten

Viele geflüchtete Frauen wenden sich vertrauensvoller an Beraterinnen. „Demnächst wird zum ersten Mal ein Mann bei uns in der Beratung arbeiten“, kündigt Dörte Frisch an. Der Jurist mit marokkanischen Wurzeln wird den Verein durch seine kulturelle Nähe zu den Geflüchteten unterstützen. „Der größte Erfolg ist es Menschen zu helfen und zu sehen, dass sie sich integrieren und die Gesellschaft bereichern“, findet Frisch. Dieser Antrieb motiviert die Juristin für die Rechte der Geflüchteten zu kämpfen. Gesetzesverschärfungen erschweren ihre Arbeit. Umso größer die Freude, wenn sich diese Menschen integrieren. Sie betont aber „auch wenn wir die Tür öffnen, den Weg müssen die Geflüchteten selbst gehen und das ist oft ein Kampf“.