Velbert. In den letzten drei Jahren haben vier Fleischereien geschlossen. Den Unternehmen fiel es schwer geeignetes Fachpersonal oder Nachfolger zu finden
Metzgereien sind Mangelware im Velberter Stadtgebiet: Nur noch in zwei Fachbetrieben können sich die Bürger mit frischem Fleisch und Wurstwaren eindecken.
Im Jahr 2017 gab es in Velbert noch sechs Metzgereien bzw. Fleischereien. Jeder Stadtteil war mit einem Fachbetrieb gesegnet. Dies hat in den letzten zweieinhalb Jahren stark geändert. Nachdem die Metzgerei Bottmer in Langenberg 2017 ihre Pforten schloss, ist dieses Handwerk in diesem Stadtteil ausgestorben. Bei Zwickel und Pille gibt es am Wochenende allerdings abgepackte Fleischwaren. Auch die Metzgerei Schmidt schloss im Jahr 2017 ihr Geschäft in Neviges für immer. Allerdings haben die Bürger in Neviges mit der Naturfleischerei Janutta noch einen Fachbetrieb vor Ort und können ihre Einkäufe auf kurzem Wege erledigen.
Aus nach mehr als hundert Jahren
Im März des letzten Jahres beendete die Metzgerei Lorenz nach mehr als 100 Jahren ihre Arbeit in der Friedrichstraße in Velbert-Mitte und am 31. Dezember 2018 öffnete die Metzgerei Kampmann in Tönisheide zum letzten mal nach 120 Jahren ihre Pforten. Auch dieser Stadtteil ist seitdem ohne einen Fleischereifachbetrieb.
Übrig geblieben sind im gesamten Stadtgebiet mit der schon genannten Metzgerei Janutta und der Metzgerei Schürmann in Velbert-Mitte noch zwei Betriebe, die dieses Handwerk ausüben.
Dabei spiegelt Velbert einen bundesweiten Trend wieder. Im gesamten Bundesgebiet schließen pro Jahr mehr Metzgereien als das neue eröffnen. In der Regel sind es keine wirtschaftlichen Gründe, die die Unternehmen zur Schließung zwingen. Vor allen Dingen in der Vorweihnachtszeit brummt das Geschäft, und der Euro klingelt in den Kassen.
Kaum Fachpersonal / Azubis und wenig Unternehmensnachfolger
Damian Sowa, Inhaber der Fleischerei Schürmann, arbeitete vor Weihnachten 70 Stunden in der Woche und freute sich auf die Betriebsferien nach den Feiertagen. Auch seine Frau Renata war in der Adventszeit quasi rund um die Uhr in dem Geschäft in der Friedrichstraße 261 im Einsatz. Dass Metzgereien aufgeben, liegt häufig daran, dass kaum Fachpersonal zu finden ist und zu wenig Lehrlinge in die Ausbildung gehen.https://www.waz.de/staedte/velbert/article227940649.ece
Der Beruf des Metzgers und der Fleischereifachverkäuferin ist für viele Jugendliche uninteressant, da er als anstrengend und gering bezahlt gilt. Darüber hinaus muss man schon sehr früh am Morgen die Arbeit beginnen. Weil es wenig Fachpersonal und Azubis gibt, stehen auch wenig potenzielle Unternehmensnachfolger bereit.
Milliardenumsatz in Metzgereien
Der Umsatz der bundesdeutschen Metzgereien lag zuletzt bei fast 16,9 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Umsatz von ca. 1,49 Millionen Euro pro Unternehmen.
Die Deutschen essen im Durchschnitt 60 kg Fleisch pro Kopf und Jahr. Dabei ist der Verbrauch leicht rückläufig. 1991 verspeisten die Deutschen im Schnitt noch 63,9 Kilo Fleisch.
Mitarbeiter übernahm erfolgreich den Betrieb
Dieser Mangel wurde auch den Metzgereien Schmidt und Kampmann in den letzten Jahren zum Verhängnis. Bei der Fleischerei Schürmann fand man im Jahr 2005 eine interne Lösung. Der frühere Mitarbeiter Damian Sowa übernahm das Unternehmen von der Familie Schürmann und führt es seit nun mehr als 14 Jahre erfolgreich. Ihm ist der Spagat zwischen Tradition und Moderne gelungen. Auf der einen Seite wird die Wurst nach altbewährten Rezepten hergestellt. Auf der anderen Seite stellt die Metzgerei auch individuelle Würste für spezielle Anlässe her. Darüber hinaus gehört ein Partyservice zum Unternehmen, und man kann im Geschäft frühstücken und zu Mittag essen.
Tradition und Zeitgeist unter einen Hut bringen
Bei der Naturfleischerei Janutta übernahm 2008 ebenfalls ein langjähriger Mitarbeiter der Metzgerei das Unternehmen: Miroslav Tomic. Seit 1992 setzt der Betrieb auf Nachhaltigkeit und war damals Vorreiter in der Region. Diesen Nachhaltigkeitsgedanken setzt die Fleischerei konsequent um. Neben Biofleisch bietet das Unternehmen mittlerweile auch Biokäse und Bioweine an. Bei der Herstellung der Wurst werden Gewürze in Bioqualität genutzt. Auch bei der Fleischerei Janutta gelingt es, Tradition und Zeitgeist unter einen Hut zu bringen.