Velbert. Seit Jahresbeginn müssen alle Einzelhändler den Kunden einen Kassenzettel mitgeben. Das ärgert die Ladenbesitzer und nervt die Kunden ebenso.

Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland die Bonpflicht, jeder Ladeninhaber ist verpflichtet, seinen Kunden einen Bon auszuhändigen – und sei die Summe des getätigten Einkaufs auch noch so klein. Diese Erfahrung machen nun auch die Velberter Geschäftsleute und sind sich vor allem in einem Punkt einig: Kaum jemand möchte den kleinen Zettel überhaupt haben.

„Eigentlich nimmt fast niemand einen Bon mit“, erzählt Nadira Kursti, die in der Bäckerei Bär arbeitet. „Wir müssen jeden fragen, aber geändert hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts – die allerwenigsten legen Wert darauf, den Bon zu bekommen.“ In der Tat, von den Kunden, die zu diesem Zeitpunkt bedient werden, steckt lediglich ein älterer Herr das Papierchen in sein Portemonnaie.

Unmengen an Thermopapier werden benötigt

Noch deutlicher ist die Bilanz im Lotto-Geschäft und Kiosk von Hans-Joachim Rösgen. „Keiner will sie haben. Seit heute morgen habe ich nicht einen einzigen Bon an den Mann oder die Frau bringen können“, erzählt der Ladeninhaber. Rösgen ärgert sich darüber, dass er die Unmengen an Thermopapier, die durch die vielen Bons anfallen, sammeln und separat entsorgen muss. „Die dürfen nicht in den normalen Müll, ich werfe sie in einen Extra-Eimer und alle 14 Tage fahre ich die gesammelten Bons zur Müllkippe.“

Was auf dem Beleg stehen muss

Ein Beleg muss den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Unternehmers enthalten, außerdem das Datum der Belegausstellung, Menge und Art der gelieferten Gegenstände und die Transaktionsnummer.

Eine Befreiung von der Bonpflicht ist möglich, kommt aber nur dann in Betracht, wenn eine sachliche oder persönliche Härte für den einzelnen Steuerpflichtigen besteht, die nachgewiesen werden muss.

Ladeninhaber möchte auf Bio-Papier umsteigen

Davon kann er bereits jetzt erzählen, weil in seinem Geschäft schon vor zwei Wochen mit der Bonausgabe angefangen wurde. „Sobald wie möglich möchte ich auf Bio-Papier umsteigen, aber mein Lieferant hat das noch nicht auf Lager. Das ist dann zumindest etwas umweltfreundlicher“.

Selbst für ein Schokocroissant oder ein einzelnes Brötchen muss die Bäckerei einen Bon ausdrucken.
Selbst für ein Schokocroissant oder ein einzelnes Brötchen muss die Bäckerei einen Bon ausdrucken. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Was Rösgens Kunden von dieser Neuerung halten ist ebenfalls eindeutig: „Einerseits heißt es, wir sollen auf die Umwelt achten, andererseits wird dann so ein Mist eingeführt, der nicht ordentlich durchdacht wurde. Wer betrügen will, tut das sowieso“ merkt eine Kundin an, der nächste Käufer geht sogar noch einen Schritt weiter: „Das ist der allergrößte Schwachsinn, den man sich ausdenken konnte. Rausgeschmissenes Geld, höhere Umweltbelastung – wenn ich einen Bon haben möchte, frage ich danach.“

Friseur stellt Beleg aus

Auch im Friseursalon „Paciello“ verlässt gerade ein Kunde den Laden – ohne den zusätzlichen Bon, der aus dem Gerät von Inhaber Roberto Paciello gekommen ist. „Bisher waren es bei Kartenzahlung immer zwei“, erklärt Paciello, „ein Beleg für mich und einer für den Kunden. Auf Wunsch konnte ich dann noch einen zusätzlichen Bon für den Kunden ausdrucken“ Was eine Option war, ist nun aber Pflicht. https://www.waz.de/staedte/velbert/article227940649.ece

In Italien müssen Kunden den Bon wirklich mitnehmen

„Natürlich bin ich dafür, dass jeder ordnungsgemäß seine Steuern zahlt. Aber dieses umweltschädliche Vorgehen ist einfach nicht zeitgemäß.“ Ob der Kunde nun mit oder ohne Bon seinen Laden verlässt, ist Paciello völlig gleichgültig. Ganz andere Erfahrungen hat er aber im Dezember in Italien gemacht: „Auf Sardinien ist mir ein Barbesitzer mit meinem Bon hinterhergelaufen, den ich versehentlich liegengelassen hatte. Dort muss man den Bon mitnehmen und in einem bestimmten Umkreis um das Geschäft, in dem man gekauft hat, vorzeigen können, wenn Mitarbeiter der Steuerbehörde nachfragen. Sonst können Verkäufer und Käufer mit Strafzahlungen belegt werden.“

Ganz so weit ist es in Deutschland noch nicht, dieses Wissen ist aber noch nicht überall angekommen: „Bei mir haben sich tatsächlich Kunden beklagt, denen man in anderen Geschäften gesagt hat, sie müssten den Bon mitnehmen“, so Hans-Joachim Rösgen.