Velbert. Gewalt gegen Frauen ist keine Frage des Alters, der Religion oder der Schicht. Allein im Kreis wurden 2018 insgesamt 757 Fälle registriert.

Egal ob in Velbert, Heiligenhaus oder einer der anderen kreiszugehörigen Städte – der gestrige Besuch beim Bäcker brachte vielen Kunden einen ungewohnten und wichtigen Informationsgewinn. Mit der Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“, die von den Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Mettmann organisiert wird, sollen niederschwellig Frauen erreicht werden, die Gewalt erfahren und Hilfe brauchen – Notruf- und Beratungsnummern finden sich auf den Tüten. Am 25. November war der internationale Tage gegen Gewalt an Frauen.

Obwohl sie unter der Gewalt leiden, trauen sich viele Frauen nicht, darüber zu sprechen.
Obwohl sie unter der Gewalt leiden, trauen sich viele Frauen nicht, darüber zu sprechen. © dpa | Maurizio Gambarini

Zahl der Anzeigen steigt von Jahr zu Jahr

„Die Anzahl der Anzeigen von häuslicher Gewalt steigt von Jahr zu Jahr, sowohl deutschlandweit als auch bei uns“, berichtet Eva-Maria Düring, Leiterin des Bereichs Frauen und Familie beim SKFM Mettmann. „Im Jahr 2018 wurden im Kreis Mettmann 757 Fälle gemeldet. Das Frauenhaus im Kreis, in dem acht Frauen und ihre Kinder untergebracht werden können, ist in der Regel voll besetzt.“

Eine hohe Normalität

Als positiv wertet Eva-Maria Düring jedoch, dass die steigende Zahl der gemeldeten Fälle wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass mehr Frauen und Mädchen sich trauen, tatsächlich an die Öffentlichkeit zu gehen und die Täter anzuzeigen – auch das Umfeld von Gewaltopfern ist sensibilisierter und reagiert auf Anzeichen von Gewalt. „Die Dunkelziffer bei häuslicher und sexualisierter Gewalt ist trotzdem sehr hoch, Gewalt gegen Frauen hat immer noch eine ganz hohe Normalität und ist bei den Betroffenen ein sehr schambesetztes Thema. Und sie erwischt ausnahmslos alle Altersstufen, Religionen und Bildungsgrade“, so Düring.

Um auch denjenigen zu helfen, die nicht nach Mettmann zum SKFM zur Beratung kommen können, sei es aufgrund des weiten Wegs, sei es weil die persönlichen Umstände das nicht zulassen, bieten die Mitarbeiterinnen den Hilfesuchenden zusätzlich eine wohnortnahe Beratung an – „das heißt, das wir auch zu den Betroffenen kommen, wenn sie Unterstützung suchen.“

Jede dritte Frau betroffen

Jede dritte Frau wird Opfer von Gewalt, sei es sexualisierte, häusliche oder psychische. Jede vierte Frau erlebt einmal in ihrem Leben häusliche Gewalt.

Die Nummer des bundesweiten Hilfe-Telefons bei Gewalt gegen Frauen lautet 08000-116016. Hier können sich auch Freunde oder Nachbarn melden, die helfen wollen.

Die Hemmschwelle ist hoch

Doch häufig fällt es Frauen schwer, in solch extremen Situationen wie der eines schlagenden Ehemanns oder auch Übergriffen am Arbeitsplatz schnell Vertrauen zu Unbekannten aufzubauen, die Hemmschwelle und Scham ist hoch. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Velbert, Sabine Reucher, wünscht sich deshalb zusätzlich eine allgemeine Frauenberatung vor Ort, „zum Beispiel ein regelmäßiges Angebot wie gemeinsam zu kochen. Wer erst über allgemeine Themen spricht, dem fällt es hinterher leichter, auch Schwieriges, Privates anzusprechen. Wer nur einen kurzen Weg zurücklegen muss und auf Menschen trifft, die bereits bekannt sind, öffnet sich eher. Deswegen sollte es für Frauen eine niedrigschwellige Möglichkeit ohne Fokus auf Gewaltberatung geben, ins Gespräch zu kommen.“

Aktion „One Billion Rising“ auch in Velbert

Erstmals nimmt 2020 Velbert auch an der Aktion „One Billion Rising“ teil, bei der weltweit Menschen mit einem Tanz das Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen fordern. Öffentliche Proben für alle, die mitmachen und sich für dieses Thema einsetzen wollen, gibt es unter anderem am 3. Februar 2020 um 14 Uhr in der SGN, Nordstraße 29 und am 4. Februar 2020 um 17 Uhr in der Villa B, Höferstraße 37. Die Aktion selbst findet dann am 14. Februar um 17 Uhr auf dem Platz Am Offers, Ecke Friedrichstraße statt.