Velbert. Sarah Langensiepen wurde als Beste Azubi geehrt. Das macht ihre Eltern stolz – könnte aber auch ein Traditions-Café in Schwierigkeiten bringen
Ein grauer Dienstagmittag, draußen fällt der Regen bindfadenartig zu Boden. Drinnen sitzt Sarah Langensiepen auf einem knarzenden Polsterstuhl und nippt an ihrem Kaffee. An den Wänden hängen alte Gemälde in schweren goldenen Rahmen, die Decke ist mit eindrucksvollem Stuck verziert. Langensiepen schaut hoch, grinst. „Das ist ein Familienunternehmen, seit 80 Jahren gehört es uns“, sagt sie. Das Velberter Café Langensiepen ist eine Institution in der Schloss-Stadt. Stets weitergegeben, von Generation an Generation. Doch damit könnte bald Schluss sein.
Ausbildung mit Abschlussnote eins
Denn Sarah Langensiepen, 23, hat andere Pläne. Die Velberterin wurde gerade zur besten Auszubildenden in NRW gekürt. In Düsseldorf gab es deshalb aus den Händen von Bernd Zimmer, Vorsitzender des Verbandes Freier Berufe, und Hendrik Wüst, NRW-Verkehrsminister, eine Auszeichnung. Warum gerade der Verkehrsminister? „Das weiß ich auch nicht so genau“, sagt Langensiepen und lacht. Die junge Velberterin lacht generell viel, sie hat Grund dazu. Mit der Abschlussnote eins hat sie ihre Ausbildung zur medizinischen Fachassistentin beim Velberter Augenarzt Dr. Oliver Hebel bestanden, dazu noch um ein halbes Jahr verkürzt. Sie könnte sich schon jetzt auf den Lorbeeren ausruhen, ein ruhiges Leben als Arzthelferin führen. Aber das passt wohl nicht zu ihr.
Vor kurzem ein Studium aufgenommen
Seit Kurzem studiert sie Physiotherapie in Bochum. „Ich habe schon während der Ausbildung gemerkt, dass es mir einfach gut gefällt, mit dem Körper zu arbeiten.“ Da betritt ihr Vater den Raum. „Ich bin sehr stolz auf sie, aber auch ein bisschen traurig, dass sie nicht in die Konditorei einsteigen will“, sagt er. „Aber ich habe ein paar Probleme mit der Ferse, da muss sie mir auf jeden Fall bald helfen“, schiebt er nach und grinst seine Tochter an. Die gute Laune scheint in der Familie zu liegen. „Ferse haben wir bisher in der Uni nicht behandelt“, entgegnet Sarah grinsend. „Aber das kommt bestimmt noch.“
Betriebswirtschaftsstudium abgebrochen
Wer die junge Frau heute so reden hört, würde niemals auf die Idee kommen, dass ihre berufliche Ausbildung nicht immer so schnurstracks lief. „Direkt nach dem Abitur habe ich angefangen, Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Das war gar nichts für mich.“ Nach einem Semester war Schluss. Zu viel Theorie, zu viel Langeweile. „Ich habe angefangen zu studieren, weil ich dachte, dass man mit Abi eben studieren muss.“ Das sieht sie heute anders. „Ich denke, es kann auch eine gute Idee sein, mit dem Abitur eine Ausbildung zu machen.“
„Ich mochte besonders den Patientenkontakt“
Grundsätzlich versteht Langensiepen nicht, wieso alle medizinischen Berufe abgesehen von dem des Arztes so einen schlechten Ruf hätten. „Das sind schöne Berufe. Ich mochte besonders den Patientenkontakt. Das hat mir viel Spaß gemacht.“ Auch noch im Studium zieht sie übrigens Vorteile aus ihrer Ausbildung. „Das ganze medizinische Wissen – da merke ich schon einen Unterschied im Vergleich zu denen, die gerade erst Abitur gemacht haben.“
Wenn Langensiepen nicht in der Uni ist, verbringt sie die meiste Zeit auf dem Fußballplatz oder im Fitnessstudio. Für die SSVG Velbert ist sie in der Niederrheinliga am Ball, immerhin der vierthöchsten deutschen Spielklasse. „Ich mag es einfach, mich damit zu beschäftigen, wie man dem Körper Gutes tun kann.“